Eine Glosse von Andreas Daebeler

Das Schloss klemmt. Knarz. Knack. Endlich öffnet sich die Haustür. Ich bin genervt. Doch schau an, da liegt er. Ein Umschlag, der im Laufe des Tages durch den Schlitz geschoben wurde. Post! Prima, denkt der Tag für Tag von Hunderten E-Mails gepeinigte und doch eigentlich dem von Hand erstellten Schriftstück zugeneigte Adressat. Endlich mal wieder ein Brief! Von einem lieben Menschen? Das Herz pocht. Schnell aufgehoben. Aber ach, schon bricht sich die Ernüchterung Bahn. Schaut irgendwie behördlich aus.

Trotzdem aufgerissen, das Teil. Keine Handschrift. Kein „Lieber Andreas“. Ein dickes „P“ lächelt mich an. Gefolgt von einem „inneberg“. Und einem offensiven „Persönlich. Ehrlich. Anders.“, seit kurzem Slogan der mit Image-Problemen gestraften Kreisstadt. Och, klingt doch gar nicht schlecht! Ein Dankesschreiben? Die Einladung zu einem Empfang womöglich? Doch weit gefehlt. Tiefschwarz gedruckt ein Aktenzeichen. Fetter als das dicke „P“.

Ach so, ne Mahnung. Dem klammen Pinneberg geht’s ums Geld. Um Kohle. Zaster. Wie auch immer. Ich klappe das sorgsam gefaltete Papier auf. „Verwarnung mit Verwarnungsgeld“, steht da zu lesen. Das dicke „P“ grinst fast schon schadenfroh. „Sie parkten im Halteverbot.“ Und darunter: „Zeuge: Frau 005, Pinneberg.“

Herrjemine! Haben die freundlichen Damen, die in dieser Stadt Zettel hinter die Windschutzscheiben kleben und das Minus im städtischen Etat schmälern etwa keine Namen? Kopfschüttelnd trotte ich ganz langsam zum Sofa. Für heute reicht’s. Ich will jetzt nur noch träumen. Von „Frau 005“. Wie mag sie sein? Sicher bezaubernd. Vielleicht sogar ganz „anders“? Womöglich total „ehrlich“. Schlagartig wird mir klar: Ich „persönlich“ werde es wohl nie herausfinden.