Jugendliche gründen Initiative, um auf Problem aufmerksam zu machen. Schulsozialarbeiter sehen Verlagerung ins Internet

Pinneberg. „Mobbing ist ein zunehmendes Problem“, sagt Julia Henne. Die Pinnebergerin ist Gründerin der Initiative „Ich bin gegen Mobbing“ und macht sich zusammen mit Denise Hinz, Mona Sander und Christoph Schlicht gegen Ausgrenzung und Wegschauen stark. Sie sind Schüler und Auszubildende und wollen „Umstehenden die Augen öffnen“, so Hinz. Es sei zwar so, dass das Problem an Schulen bekannt sei und dagegen angegangen werde – es schlage sich aber oftmals nicht wirklich im Verhalten der Schüler nieder.

Henne meint, die Wirkung von Mobbing sei vielen Menschen nicht hinreichend bekannt: weder Tätern noch Zuschauern. Die Idee, die Initiative zu gründen, kam Henne, die selbst schon Mobbing-Opfer war, durch ein Video im Internet. Darin gibt ein 19-jähriger Facebook-Nutzer namens Benjamin ein Statement gegen Mobbing ab. Es wurde millionenfach angesehen. Die Initiative trifft sich wöchentlich im Geschwister-Scholl-Haus in Pinneberg. Die Initiatoren haben auch eine Facebook-Seite gegründet, welche schon mehr als 800 User mit „gefällt mir“ markiert haben. Des Weiteren bespielen sie einen Kanal auf der Online-Videoplattform Youtube und planen Aktionen wie einen Flashmob.

Ein großes Problem sei vor allem das Cyber-Mobbing, meinen die Aktivisten. Das sei schlimmer geworden, da sich Jugendliche mit ihren Smartphones dauerhaft im Internet aufhielten und die Hemmschwelle für Beleidigungen dort niedriger sei als im echten Leben. Das habe damit zu tun, dass sich im Internet viele anonym fühlten.

90 Prozent der Schüler ab der fünften Klasse besitzen ein Smartphone, sagen die Schulsozialarbeiter Kadir Saim Cetinkaya und Jochen Hinrichsen der Grund- und Gemeinschaftsschule Pinneberg. Heute werde vor allem über die Kurznachrichten-Dienst WhatsApp gemobbt. „In vielen Klassen werden Gruppenunterhaltungen begonnen, um sich über die Schule zu unterhalten. Häufig werden aber auch Beleidigungen ausgetauscht und die Unterhaltungen werden zum Mobbing von einzelnen“, so Hinrichsen. Opfer würden im Extremfall 24 Stunden am Tag gemobbt. Auch sei die Stärke des Mobbings über Textnachrichten anders: Eine Beleidigung höre sich häufig weniger schlimm an, als sie sich lese, und aus Spaß werde gerade im Internet schnell Ernst.

Die Sozialarbeiter fügen jedoch hinzu, dass sie gute Möglichkeiten hätten, gegen Mobbing vorzugehen. Machten sie Tätern deutlich, was diese anrichten, seien sie oft einsichtig. Insgesamt sei Mobbing aber ein Begriff, der auch in unangebrachten Fällen benutzt werde. Dabei gibt es eine klare Definition: Eine Person, die in einer Gruppe über längere Zeit ausgegrenzt und beleidigt wird, wird gemobbt. „Wenn ein Schüler in seiner Klasse eine Woche lang geärgert wird, dann ist das nicht schön, aber kein Mobbing“, sagt Cetinkaya. Er sieht keine allgemeine Zunahme, sondern eher den Wandel zum Cyber-Mobbing, der sehr bedenklich sei.

Julia Henne und ihre Mitstreiter wollen sich dafür einsetzen, dass dieser Entwicklung etwas entgegengesetzt und Opfern geholfen wird. Bei ihrer Arbeit haben sie auch schon Rückschläge erlitten – eine Aktion, bei der sich Facebook-User mit einem Schild mit der Aufschrift „Ich bin gegen Mobbing“ fotografieren sollten, fand wenig Resonanz. Davon lassen sich die vier allerdings nicht abschrecken.