Pinneberger Altenheim steht seit 2012 leer, obwohl händeringend nach Unterkünften für Asylbewerber gesucht wird

Pinneberg. Der Putz bröckelt. Die Fenster sind verschmiert. Im Inneren liegt zentimetertief der Staub. Seit März 2012 steht das ehemalige DRK-Altenheim am Rehmen, das zeitweise bis zu 116 Bewohner beherbergte, leer. Stadt und Rotes Kreuz streiten um das Grundstück. Eine juristische Auseinandersetzung scheint unausweichlich.

Trotz tiefer Gräben überrascht das DRK jetzt mit einem Vorstoß. Geschäftsführer Reinhold Kinle bietet der Stadt das leer stehende Gebäude zur Miete an – als Unterkunft für Flüchtlinge. Die Stadt prüft das Angebot. Eine Entscheidung fällt voraussichtlich noch im März.

Kinle räumt in seinem Schreiben ein, dass „die Positionen der Stadt sowie des DRK festgefahren“ seien. Ein Gerichtsprozess könne sich über Jahre hinziehen. Deshalb jetzt der Vorstoß. „Wir haben uns von unserem Grundsatz leiten lassen, dass zu unseren Aufgaben die Hilfe für Opfer von bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen und anderen Notsituationen gehören“, so Kinle. Die Flüchtlingsbetreuung sei Kernaufgabe des Roten Kreuzes. Es sei denkbar, dass ehrenamtliche Mitarbeiter des DRK sich bei der Betreuung von Asylbewerbern engagieren – und etwa beim Erlernen der deutschen Sprache helfen. Die Vermittlung von Sachspenden könne das Angebot abrunden. Kinle wies am Donnerstag darauf hin, dass das Gebäude am Rehmen bis vor Kurzem noch beheizt worden sei. „Das Stromnetz funktioniert, sogar die Alarmanlage ist noch scharf geschaltet.“

Rathaussprecher Marc Trampe bestätigte gestern, dass mit dem Schreiben Kinles erstmals ein konkretes Angebot des Roten Kreuzes für eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft vorliegt. „Wir bereiten das Thema für die Politik auf.“ Eine Vorentscheidung könne am 19. März während einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen fallen. Gehe es um die Unterbringung von Flüchtlingen, dürfe es grundsätzlich „keine Denkverbote“ geben. Klar sei jedoch auch, dass Sammelunterkünfte nicht das Ziel der Stadt seien. Aktuell sei die Anzahl von 40 Bewohnern an einem Standort für ihn Obergrenze, so Trampe.

Fakt ist, dass Pinneberg händeringend nach Unterkünften für die rasant steigende Anzahl an Asylbewerbern sucht. Zu den aktuell 186 Flüchtlingen kämen 2015 voraussichtlich 130 hinzu, so Trampe, der in einem Konzept kürzlich mehrere neue Standorte für Unterkünfte und die Anmietung von Wohncontainern vorgeschlagen hat. Derzeit bringt Pinneberg ein Drittel der Einwanderer in Hotels unter. Das kostet im Schnitt 750 Euro Euro pro Person und Monat. Ein Zuschussgeschäft. Von Land und Kreis kann die Stadt pro Asylbewerber monatlich nur mit bis zu 400 Euro rechnen.

Im November 1964 hatte die Stadt Pinneberg dem Roten Kreuz das Grundstück am Rehmen überlassen. Das DRK sagte seinerzeit zu, die am Fahlt gelegene Fläche ausschließlich für die Alten- und Seniorenarbeit zu nutzen. Nach der Aufgabe der sanierungsbedürftigen Einrichtung im Jahr 2012 war das Rote Kreuz mit einem Vorschlag zur Alternativnutzung auf den Plan getreten. Danach hätten am Rehmen Seniorenwohnungen entstehen können – doch die Politik lehnte ab. Offenkundig gibt es Bestrebungen, das Areal nach vor Gericht erstrittener Rückgabe an die Stadt für hochwertige Wohnbebauung aufzubereiten.

2014 war der Streit eskaliert. Mit einem Gutachten hatte das Rote Kreuz den Wert des Areals samt Gebäudebestand ermitteln lassen – und darauf fußend 1,2 Millionen Euro als Entschädigung in Rede gestellt. Ein von der Stadt beauftragter Anwalt hatte die DRK-Expertise jedoch als „unter mehreren Gesichtspunkten rechtlich unzutreffend“ bezeichnet. Er räumte der Stadt „gute Erfolgsaussichten für eine Klage auf unentgeltliche Rückübertragung des Grundstücks“ ein. Diese Klage wird jetzt vorbereitet.

DRK fordert 1,2 Millionen Euro für das Grundstück – die Stadt will klagen

In Reihen der Politiker sorgt der DRK-Vorschlag für wenig Begeisterung. Für CDU-Fraktionschef Andreas Meyer ist klar, dass der Zoff um das Areal zunächst gelöst werden muss: „Wir fordern das Grundstück zurück.“ Ein Mietmodell sei kein Thema. „Nett gemeint, aber für mich zum jetzigen Zeitpunkt kein gangbarer Weg mehr“, sagt auch Uwe Lange von den Bürgernahen. SPD-Sprecher Herbert Hoffmann bezweifelt ohnehin, dass der bauliche Zustand die Unterbringung von Flüchtlingen noch zulässt. Kinle hat dazu eine klare Meinung: „Das Haus ist nutzbar.“