Verdächtiger André M. sitzt in U-Haft. Prozess muss innerhalb der Sechs-Monats-Frist beginnen. Anklage jetzt erhoben

Rellingen. Eine Serie von Brandstiftungen versetzte Rellingen im Sommer 2014 in Angst und Schrecken. Nun hat die Staatsanwaltschaft Itzehoe Anklage gegen den mutmaßlichen Feuerteufel André M. erhoben: Der mehrfach vorbestrafte 26-Jährige, der 2007 als „Apfelfest-Bomber“ Schlagzeilen machte, soll sich in Kürze wegen Brandstiftung vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Itzehoe verantworten.

André M. wurde am Abend des 8.September festgenommen – direkt vor seinem Wohnhaus im Bereich An der Rellau. Dort zündete er unter den wachsamen Augen von Zivilpolizisten, die wegen ihm auf der Lauer lagen, ein Fahrzeug an. Nachdem der Verdächtige im Haus verschwunden war, löschten die Beamten sofort das Feuer. Wenig später schaute André M. aus dem Fenster und vermutete, die Flammen seien von selbst erloschen. Er verließ wiederum das Haus und zündete den Wagen, der direkt neben einem anderen Fahrzeug stand, erneut an. Wenig später erfolgte die Festnahme.

Diese Taten kamen jetzt zur Anklage. „Wir werfen dem Angeklagten vor, am Abend des 8. September in drei Fällen brennbares Material an den Reifen von Fahrzeugen deponiert und dieses in Brand gesetzt zu haben“, bestätigt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Das Verhalten des 26-Jährigen sei dazu geeignet gewesen, die Autos zu zerstören. Die Anklage laute auf Brandstiftung. Laut Paragraf 306 des Strafgesetzbuchs liegt der Strafrahmen zwischen einem Jahr und zehn Jahren Haft. Handelt es sich um einen minderschweren Fall, liegt die zu erwartende Strafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Hier ist von einem minderschweren Fall auszugehen, da kein nennenswerter Schaden entstanden ist.

Dies war bei anderen Brandstiftungen, die sich seit Juni 2014 im Rellinger Ortskern ereigneten, anders. Am Abend des 30. Juni stand im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses ein Kinderwagen in Flammen, nachdem bereits in der Nacht zuvor ein Altpapiercontainer vor dem Haus angezündet worden war.

Am Morgen des 1. Juli brannte erneut eine Flasche mit einer brennbaren Flüssigkeit im Treppenhaus des Gebäudes an der Straße An der Rellau. Auch ein Pkw-Brand am Morgen des 2. Juli am Falkengrund passt in das Schema. In der Nacht zum 28. Juli gingen das Jugendmobil der Gemeinde, das hinter dem Rathaus parkte, sowie kurze Zeit später ein Ford Fiesta in einem Carport an der Schmiedestraße in Flammen auf. Nur eine Nacht darauf traf es zwei Autos an der Straße Gaselhorn. In der Nacht zum 4. August brannten weitere vier Fahrzeuge im Bereich An der Rellau. In den Folgetagen meldete sich der mutmaßliche Brandstifter mit massiven Drohungen auf Facebook zu Wort. Dort hatte sich auch André M. kurz zuvor einen Account angelegt.

Nach seiner Festnahme brach die Brandstiftungs-Serie abrupt ab. „Mir ist eine unglaubliche Last von den Schultern gefallen“, sagte damals Bürgermeisterin Anja Radtke. Weil André M. gegenüber den Ermittlern kein Geständnis ablegte und sich die Beweislage als schwierig erwies, konnten die Ermittler dem Rellinger die anderen Fälle nicht nachweisen. Daher erfolgte die Anklage zunächst nur in drei Fällen, in denen die Beweislage eindeutig war.

Nach Abendblatt-Informationen hat die Staatsanwaltschaft Ende dieser Woche eine zweite Anklage nachgeschoben, in der ihm weitere Taten vorgeworfen werden. Diese soll dem Verteidiger des Angeklagten noch nicht vorliegen. Das Landgericht hat nach Angaben von Sprecherin Julia Gärtner noch nicht über die Zulassung der beiden Anklagen entschieden, sodass auch noch keine Prozesstermine festgelegt wurden.

Sollte das bis zum 9. März so bleiben, droht in Kürze ein Haftprüfungstermin. Der Haftbefehl gegen André M. datiert vom 9. September. Der Gesetzgeber hat den Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat grundsätzlich auf sechs Monate begrenzt. Ausnahmen sind nur in beschränktem Umfang gestattet, etwa wenn sich die Ermittlungen als besonders schwierig oder umfangreich gestalten oder es andere wichtige Gründe gibt, die die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Sollte das Gericht diese Gründe nicht für gegeben halten, wäre der Verdächtige sofort freizulassen.

Mit einem Leben hinter Gittern kennt sich André M. aus. Er war am 2.Juli 2008 wegen mehr als 100 Straftaten – unter anderem wegen Brandstiftungen, Sachbeschädigungen und Reifenstechereien – zu einer dreieinhalbjährigen Jugendstrafe und der Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik verurteilt worden. Im Hauptanklagepunkt, einem angeblich geplanten Bombenanschlag auf das Rellinger Apfelfest, sprach ihn das Landgericht Itzehoe frei.

Nach dem Urteil saß der Rellinger mehr als fünf Jahre lang in der Psychiatrie. Am 7. Oktober 2013 verfügte das Landgericht Lübeck seine Freilassung, weil eine weitere Unterbringung unverhältnismäßig sei. Daraufhin kam André M. am 1. Dezember 2013 frei.

Während seiner jetzigen Untersuchungshaft ist der 26-Jährige erneut psychiatrisch begutachtet worden. Es soll eine verminderte Schuldfähigkeit nicht auszuschließen sein. Unter Umständen käme auch eine erneute Unterbringung des Angeklagten in der Psychiatrie in Frage.