Gemeinde St. Nikolai in Elmshorn stellt leere Räume für Rettungsübung zur Verfügung. Gebäude weicht Neubau eines kirchlichen Zentrums

Elmshorn. Qualm steigt aus dem Fenster des vierten Stockwerks des Gemeindehauses in Elmshorn. Die Feuerwehr hat die Drehleiter ausgefahren, während sich Gasmaskenträger in dem Gebäude durch die Rauchschwaden kämpfen. Endlich erreichen sie das Fenster und hieven einen Körper nach draußen. Der Kamerad auf der Drehleiter nimmt ihn entgegen – die Puppe konnte gerettet werden.

Am Donnerstagabend nutzen 50Kameraden der Elmshorner Wehr den Umstand, dass die Kirchengemeinde St. Nikolai aus den Räumen an der Kirchenstraße 1 bis 3 auszieht und das Gebäude in der kommenden Woche abgerissen wird, um den Ernstfall zu proben. „Wir sind Kirche und Stadt dankbar, dass sie diese Übung ermöglicht haben“, sagt Wehrführer Stefan Mohr. In drei Durchläufen übten die Retter Wohnungs- und Dachstuhlbrand bis in die späten Abendstunden. „Nicht, dass wir im vergangenen Jahr nicht genug Übung gehabt hätten“, sagt Mohr und spielt auf die Großeinsätze im Hochhaus in der Beethovenstraße an. „Aber wir nutzen die Gelegenheit.“ Seine Bilanz: Die Zusammenarbeit und das Absuchen der Räume klappte sehr gut, bei der Ausrichtung der Drehleiter musste nachgebessert werden. Alles in allem sei es ein lehrreicher Abend gewesen.

Währenddessen wurden im Gemeindesaal heiße Suppe und kühles Bier ausgeschenkt. Mitglieder der Gemeinde und Nachbarn hatten sich ein letztes Mal in dem alten Gebäude eingefunden, bevor am Montag die Abrissbagger anrollen. Sie sollen im Herzen der Stadt Platz für das neue kirchliche Zentrum schaffen. Am 16. Februar beginnt der Abbruch mit der Trennung der Räume von den Versorgungsleitungen. Die letzten Gegenstände wie Spiele, Lampen, Schränke, Geschirr oder Bilder wechselten bereits am Mittwoch den Besitzer. Mehr als 100 Besucher kamen auf der Suche nach Schnäppchen zum Flohmarkt im Gemeindesaal.

„Mit dem Bau des viergeschossigen Neubaus wird der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf die Bedeutung des Kirchenstandorts Elmshorn stärken und die kirchlichen Dienste an einem gemeinsamen Ort vernetzen“, sagt Propst Thomas Bergemann. Es gehe nicht darum, die Büros in anderen kirchlichen Gemeinden aufzugeben, sondern eine Doppelstruktur zu schaffen. Dann könnte sich jeder Bürger beispielsweise einen Kirchenschein in dieser zentralen Anlaufstelle abholen, was bisher nur am Wohnort möglich war.

Auf 4000 Quadratmetern entstehen in vier Stockwerken Büros für kirchliche Dienstleistungen, ein Treffpunkt, 23 Wohnungen für Menschen mit und ohne Behinderungen sowie Gewerbeflächen. Der Kirchenkreis investiert 7,4 Millionen Euro in den Neubau neben dem Haus der Diakonie und der historischen Kirche St. Nikolai. Das Jugend- und das Frauenwerk, die Ökumenische Arbeitsstelle, die Arbeitsstelle Strategisches Fundraising und die Kita-Fachberatung werden von 2016 an dort Büros beziehen. Platz ist auch für die Kirchengemeinde St. Nikolai, die Pfarrstelle Evangelische Bildungsarbeit und Spiritualität, den Kirchenkreis und den Kirchengemeindeverband Elmshorn.

Im Erdgeschoss entsteht an derselben Stelle der neue Gemeindesaal. Er soll nicht nur kirchlichen Zwecken, sondern allen Menschen offenstehen. Er kann durch das Öffnen der Trennwände mit dem Foyer verbunden und so vergrößert werden. Es wird ein Übergang zum Diakoniecafé am Markt geschaffen, das seine Fläche vergrößert und auch das Angebot erweitert, indem es zum Beispiel bei Veranstaltungen im Haus das Catering übernimmt. Außerdem soll es familienfreundlicher werden. Während der Bauarbeiten sollen die Beratungsstellen der Diakonie und auch das Café weitgehend geöffnet bleiben. „Wir gehen davon aus, dass es lediglich für drei Monate schließen muss“, sagt der Geschäftsführer des Diakonischen Werks Rantzau-Münsterdorf, Thorsten Sielk. Die Beratungsangebote der Diakonie sollen durch den Bau nicht eingeschränkt werden.

Auf der dritten und vierten Etage entstehen 18 Ein-Zimmer-, drei Zwei-Zimmer- und zwei Vier-Zimmer-Wohnungen. Zehn davon sind Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen vorbehalten, wovon wiederum fünf Wohnungen rollstuhlgerecht sind. Der Kirchenkreis kooperiert mit den Glücksstädter Werkstätten, die zur Gruppe Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie gehören. Sie koordinieren, vermieten und können neben anderen Anbietern auch Pflegeleistungen anbieten. Wer auf Hilfe angewiesen ist, kann auf Fachkräfte zurückgreifen, denen ein Büro im Haus zugedacht ist.

„Hinter den Bauzäunen verschwinden auch die Parkplätze an der Kirchenstraße bis auf die fünf Behindertenparkplätze“, sagt Projektleiter Sven Vierenklee. Läuft alles nach Plan, kann im Mai mit dem Tiefbau begonnen werden. Im Anschluss startet die Hochbauphase, die bis ins kommende Jahr andauern wird. Im Oktober könnte mit dem Innenausbau begonnen werden. Sollte es keine Verzögerungen geben, steht das Kirchenzentrum im Juni 2016.