Halstenbek sagt, wann der Kehrwagen kommt. Bürger erhalten Bescheide – und die Datenschutzbehörde startet Prüfung

Halstenbek. Mit 500 Zetteln im Gepäck machte sich Julia Fricke am Mittwochnachmittag auf den Weg. Die Mission der 21-jährigen Auszubildenden der Halstenbeker Verwaltung: Die Autofahrer auf neue Halteverbotsregeln aufmerksam zu machen. Die Gemeinde macht Ernst mit der umstrittenen Straßenreinigungsgebührensatzung – und die Zettel, die viele Autofahrer hinter dem Scheibenwischer ihres Fahrzeuges vorfanden, sind ein Weg.

Der zweite Weg führt über die Post: An diesem Donnerstag erhalten die ersten Einwohner Halstenbeks Post von der Verwaltung. Im Briefkasten befindet sich der Aufhebungsbescheid. Er hebt die fehlerhaften Schreiben, die die Gemeinde Anfang Januar versandt hatte, wieder auf. Aufgrund eines Berechnungsfehlers erwies sich der Großteil der damals verschickten Gebührenbriefe als falsch, sodass die Bürgermeisterin alle für nichtig erklärte. „Das war der totale Murks, da gibt es nichts zu beschönigen“, sagte Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann am Mittwoch.

Mit dem Aufhebungsbescheid erhalten die Bürger auch einen Reinigungsplan. Die Gemeinde hat mit dem ausführenden Unternehmen vereinbart, dass die Reinigung in den Monaten Februar bis November immer mittwochs zwischen 7 und 16 Uhr stattfindet. „Wir können jetzt jedem Bürger genau sagen, an welchen Tagen des Jahres seine Straße gereinigt wird“, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin Susanne Dietrich. In dem Schreiben findet sich auch der Hinweis, dass die Anwohner an den Reinigungstagen ihre Fahrzeuge nicht auf der Straße abstellen sollen. „Wir verzichten darauf, in allen Straßen Halteverbotsschilder aufzustellen, damit es keinen Schilderwald in der Gemeinde gibt“, so Dietrich weiter.

Die Anwohner würden über den Reinigungsplan Kenntnis erhalten, an welchen Tagen der Kehrwagen zu ihnen kommt. Und um die auswärtigen Autofahrer zu informieren, die vielfach in Halstenbek parken und mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiterfahren, hat die Verwaltung ihre Auszubildende losgeschickt. Julia Frickes Weg führt sie auch in besonders enge Straßen, wo parkende Fahrzeuge den Einsatz des Kehrwagens unmöglich machen. Friedrichstraße, Feldstraße, Langkoppelweg: In diesen (und in vielen weiteren) Straßen hat die fleißige Auszubildende ihre Zettel hinter den Scheibenwischern der Autos hinterlassen. Dort wird den Autofahrern bei Verstößen ein Verwarnungsgeld beziehungsweise ein Abschleppen ihres Fahrzeuges angedroht.

Ein besonderes Augenmerk legt die Gemeinde auf die Straßen rund um die beiden Bahnhöfe, die besonders gern von den auswärtigen Parkern genutzt werden. „Wir haben zehn Straßen ausgewählt, in denen wir mit Halteverbotsschildern arbeiten werden“, sagt Dietrich. Zunächst würden mobile Schilder auf die Halteverbotszonen für die Reinigung hinweisen. Nach Inkrafttreten des Haushaltes will die Gemeinde auf festinstallierte Schilder zurückgreifen. Welche Straßen betroffen sind, will die Verwaltung noch nicht preisgeben.

Als Reaktion auf die zuerst versandten Bescheide, die Gebühren für 2014 und 2015 einforderten, gingen stapelweise Widersprüche bei der Verwaltung ein. Einer der häufigsten Einwände betraf parkende Fahrzeuge, die eine Reinigung der betreffenden Straße verhindert hätten.

Weil die Gemeinde für das vorige Jahr nicht zweifelsfrei beweisen kann, dass tatsächlich eine Reinigung in diesen Fällen erfolgt ist, könnten die Widersprüche Erfolg haben. Aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes aufgrund der Vielzahl an Widersprüchen hat Hoß-Rickmann den Kommunalpolitikern bereits vorgeschlagen, für das Jahr 2014 ganz auf die Gebühr zu verzichten. Darüber wird der Hauptausschuss am 23. März entscheiden. Etwa vier Wochen später will die Verwaltung die geänderten Gebührenbescheide den Bürgern zustellen.

Das entfällt, falls sich die CDU am 23. März mit ihrem Versuch durchsetzt, die Gebühr abzuschaffen. „Die Bürger könnten wie früher auch selbst reinigen“, sagt Helmuth Ahrens, CDU. Im Falle, dass die Leistung weiterhin von der Gemeinde erbracht werden solle, schlägt die Union eine Erhöhung der Grundsteuer vor. Ahrens: „Dann fällt das ganze Abrechnungstheater weg, und es ist Ruhe im Karton.“ Ahrens rechnet vor, dass die Gemeinde im Haushaltsentwurf 2015 Einnahmen von 220.000 Euro aus der Gebühr eingeplant habe. „Dem stehen Aufwendungen von 264.700 Euro gegenüber, sodass wir ein Minus von knapp 45.000 Euro machen.“ Das Honorar für die Firma Gecom, die die Satzung erarbeitet hat, sei in der Rechnung noch nicht berücksichtigt. Es soll 100.000 Euro betragen haben.

Dass die Gemeinde die Daten der Grundstückseigentümer an eine Privatfirma weitergab, hatte für Aufregung gesorgt. Mittlerweile hat sich mit Thilo Weichert sogar der oberste Datenschützer Schleswig-Holsteins in den Fall eingeschaltet. „Wir haben die Eingabe eines Bürgers erhalten und sind gesetzlich verpflichtet, ihr nachzugehen“, sagt Weichert. Die Datenschutzbehörde habe der Gemeinde eine Frist bis Ende Februar gesetzt, um alle Unterlagen vorzulegen. Mit einem Ergebnis sei nicht vor Mitte März zu rechnen.