Schenefeld plant Gästehaus für Wissenschaftler am XFEL-Gelände. Bürgermeisterin kämpft für Besucherzentrum

Schenefeld. Kein Besucherzentrum, keine Kantine und kein Platz für auswärtige Gäste? Von wegen. Nachdem aus Kostengründen diese einst geplanten Gebäude und Einrichtungen auf dem Schenefelder Forschungsgelände der European XFEL gestrichen wurden, gibt es neue Hoffnung. Mit dem ortsansässigen Bauunternehmen Terrabaltic wurde ein Partner gefunden, der die benötigte Unterkunft für die erwarteten Wissenschaftler aus aller Welt in unmittelbarer Nähe schaffen will. Entstehen soll ein Gästehaus mit 50 Appartements, in denen die Forscher tage- oder wochenweise während ihrer Experimente wohnen können.

Auf einer Fläche an der Holzkoppel, die derzeit von Besuchern der Sportwelt Schenefeld als zusätzlicher Parkplatz genutzt wird und die direkt an das XFEL-Areal grenzt, sollen vier- beziehungsweise fünfgeschossigen Gebäudekomplexe samt einiger Stellplätze entstehen. Anschließen soll sich eine Kantine, die etwa 350 Personen versorgen soll. Laut Bernd Ebeling, Sprecher von European XFEL, ist ein Mittagsmenü sowie Speisen für Mitarbeiter und wissenschaftliche Gäste, die Abend- und Nachtschichten schieben, geplant.

„Die Kantine ist im wesentlichen für XFEL gedacht. Ob sie auch für andere geöffnet wird, ist noch nicht entschieden“, so Ebeling. Denkbar sei es, aber erst müsse ein Betreiber gefunden werden. Darum kümmere sich die European XFEL als Betreibergesellschaft der Forschungsanlage. „Wir freuen uns, dass sich damit eine Lösung abzeichnet“, so Ebeling. Besonders wichtig sei die Unterbringungsmöglichkeit für die wissenschaftlichen Gäste in unmittelbarer Nähe der Forschungsanlage.

Für die nun vorliegende Lösung zogen Stadtverwaltung, European XFEL und das örtliche Bauunternehmen an einem Strang. Bürgermeisterin Christiane Küchenhof hatte die Kontakte hergestellt und sich für das Projekt stark gemacht. Das Konzept für das Gästehaus samt Kantine steht an diesem Donnerstag, 12. Februar, im Stadtentwicklungsausschuss zur Diskussion.

Im Rathaus geht es von 19 Uhr an um die Schaffung des nötigen Planungsrechtes. Denn obwohl das Grundstück im Gewerbegebiet liegt und ein Hotelbau dort ohne Weiteres sofort möglich wäre, muss der Bebauungsplan für diese Lösung geändert werden. Grund: Ein Gästehaus mit Appartements, die jeweils mit Küchenzeilen ausgestattet sind, ist laut Verwaltung in einem reinen Gewerbegebiet nicht erlaubt.

Für die Baugenehmigung bedarf es einer Änderung, der die Politiker zustimmen müssen. Geben sie grünes Licht, verschlingt das anschließende Verfahren noch reichlich Zeit. Etwa ein Jahr könnte die Änderung des Bebauungsplans laut Verwaltung dauern. Erst dann könnten die Bagger rollen.

Dabei nimmt das internationale Forschungsprojekt ober- und unterirdisch deutlich Formen an. Am kommenden Mittwoch feiern geladene Gäste auf dem Gelände den nächsten Meilenstein. Um 14 Uhr beginnt das Richtfest für die Experimentierhalle, in der von 2017 an durch den Tunnel aus Hamburg-Bahrenfeld abgeschossene Röntgenblitze von internationalen Wissenschaftsteams analysiert werden.

In dem 3,4 Kilometer langen Lasertunnel arbeiten Ingenieure und Forscher derzeit an der Ausstattung. Rund 100 Beschleunigermodule müssen verbaut werden, durch sie werden die Elektronen auf Touren gebracht. Durch die hohe Zahl an Röntgenblitzen erreicht der Laser eine einzigartige Leuchtkraft.

Von XFEL versprechen sich die Forscher Einblicke in die Nanowelt, Aufschlüsse über die molekulare Zusammensetzung von Zellen und Vorgänge im Inneren von Planeten. Einen Vorgeschmack auf das, was da kommen kann, gibt eine aktuelle Entdeckung eines internationales Forscherteams, zu dem XFEL-Forscher gehören. Das hat mit dem weltstärksten Röntgenlaser erstmals lebende Bakterienzellen durchleuchtet. Die verwendete Technik eröffnet Forschern einen besseren Blick in die komplizierte Welt der Zelle.

In Schenefeld spielt sich dies alles unterirdisch oder auf dem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen XFEL-Areal ab. Um die bahnbrechende Forschung sichtbar und vor allem erklärbar zu machen, kämpft vor allem Schenefelds Bürgermeisterin um das einst geplante Besucherzentrum. Auch in diesem Punkt gibt es Fortschritte zu verzeichnen. Die mit Zuschüssen der Metropolregion geförderte 100.000 Euro teure Machbarkeitsstudie ist abgeschlossen und räumt dem Projekt gute Chancen ein.

„Die Ergebnisse werden in einer Broschüre zusammengefasst, die jetzt in Druck ist“, sagt Christiane Küchenhof. „Damit machen wir uns dann auf die Suche nach Geldgebern.“ Institutionen, Gesellschaften, Stiftungen: Die Bürgermeisterin hat bereits eine Liste, bei wem sie anklopfen will und wer zu dem mehr als fünf Millionen Euro teuren Zentrum beitragen könnte. Dort sollen unter anderem Schülerlabore zur Förderung der Naturwissenschaften eingerichtet werden. Eine interaktive Ausstellung könnte zudem die XFEL-Forschung erläutern.