Jugendweihe ist für Kinder im Kreis eine Alternative zu Konfirmation und Kommunion

Elmshorn/Halstenbek. Die meisten Jugendlichen sind an diesem späten Nachmittag mit ihrer Mutter gekommen. Aber auch ein Vater und ein Elternpaar haben sich neben ihre Kinder im Teenie-Alter auf die Holzstühle hinter den Schultischen gesetzt. Einige wirken skeptisch und beschäftigen sich mit ihren Smartphones. Anlass für die Zusammenkunft in der Bismarckschule in Elmshorn ist nicht etwa ein Elternabend, sondern ein erstes Treffen für die Jugendweihe 2015.

Silke Pommerening, 53, hat die Info-Veranstaltung organisiert, der Einladung sind zehn Jugendliche gefolgt. Die anfängliche Befangenheit in dem Klassenraum weicht interessiertem Zuhören, als Pommerening beginnt, etwas über die Geschichte der Jugendweihe zu erzählen.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts fanden als Alternative zu den kirchlichen Feiern Konfirmation und Kommunion die ersten weltlichen Feiern statt, mit denen Familien den Eintritt ihrer Kinder ins Erwachsenenalter festlich begehen. Seit neun Jahren betreut Pommerening, Mutter dreier Söhne, Jugendliche aus dem Kreis Pinneberg bei der sechsmonatigen Vorbereitung auf dem Höhepunkt im Sommer. Dann wird die Jugendweihe-Feier begangen, in diesem Jahr in Elmshorn am 4. Juli. Seit 2014 wird Pommerening von Kirsten Heydorn bei den Treffen und der Organisation unterstützt.

Die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Jugendweihe für Elmshorn und Umgebung berichtet, dass die Jugendweihe in der ehemaligen DDR erst verboten wurde. Dann aber wurde die Teilnahme zur politischen Pflicht für alle Jugendlichen. Noch immer kursieren viele Vorurteile gegenüber der Jugendweihe, wie einige der Anwesenden an diesem Nachmittag bestätigen.

Nach 1990 haben sich die Arbeitsgemeinschaften und Verbände bemüht, den ideologischen Missbrauch der Jugendweihe während der SED-Herrschaft weit hinter sich zu lassen. Seitdem erfährt die weltliche Zeremonie als Alternative zur kirchlichen Feier ein zunehmendes Interesse.

In Elmshorn nehmen jedes Jahr zwischen acht und 18 Jugendliche teil. In diesem Jahr wird sich Leon Steier, 14, wohl als einziger Junge unter neun Mädchen behaupten müssen. Aber das stört ihn nicht. „Ich erwarte einfach, dass es gut wird und wir uns alle gut verstehen“, sagt er. Seine Eltern hätten ihn auf die Idee gebracht. Für ihn ist die mögliche Alternative, in der Kirche Konfirmation zu feiern, „ein No-Go“.

Pauline Franz ist durch ihre Mutter neugierig auf die Jugendweihe geworden. Die 14-Jährige will gemeinsam mit ihrer Klassenkameradin Melanie Lehmann, 13, an den elf Treffen teilnehmen, die jeden zweiten Mittwoch von 17 bis 19 Uhr stattfinden.

Ihre Mutter Diana Franz ist froh, dass sie nach ihrem Umzug von Quickborn nach Elmshorn diese Möglichkeit gefunden hat, ihrer Tochter eine weltliche Feier mit Gleichgesinnten zu bieten. „Es herrscht eine große Unwissenheit“, meint sie. Als ehemalige DDR-Bürgerin möchte sie gern diese Tradition fortsetzen, allerdings unter einer neuen Prämisse. „Sie sollen als junge Erwachsene lernen, wie ihre Rechte und Pflichten aussehen.“

Silke Pommerening richtet das Hauptaugenmerk auf die Arbeit vor Ort. „Nach der Kennenlernphase besuchen wir gemeinsam Institutionen in Elmshorn.“ So lernen die jungen Menschen die Schuldnerberatung kennen, die Beratungsstellen Wendepunkt und Die Brücke sowie das Sozialtherapeutische Zentrum. Ziel der Jugendweihe sei es heute, zur Persönlichkeitsbildung beizutragen und eine Hilfe zur Lebensorientierung zu bieten. „Spaß und Spiele kommen bei unseren Zusammenkünften natürlich nicht zu kurz“, so Pommerening.

Weitere Themen suchen sich die Jugendlichen selbst aus – aktive Mitarbeit wird auch bei der Gestaltung des feierlichen Festaktes gewünscht. So präsentieren sie zum Abschluss in der Aula der Bismarckschule vor Verwandten und Freunden eigene Vorträge zu selbst gewählten Themen.

In Halstenbek gibt es eine weitere Möglichkeit für junge, konfessionslose Menschen aus dem Kreis Pinneberg, sich auf dieses Ritual vorzubereiten. Dort kommen die Teilnehmer von November bis März einige Male zusammen, insgesamt für zehn bis zwölf Stunden. Sie werden von dem pensionierten Oberstudiendirektor Konny G. Neumann, 67, betreut. Er ist Vorsitzender der Jugendweihe Hamburg und Präsident des Bundesverbands. Der Verein hat sich dem humanistischen Gedankengut verschrieben. „Wir vermitteln Werte auf moderner wissenschaftlicher Basis“, erläutert Neumann, dessen Eltern schon in der Weimarer Republik Jugendweihe-Kurse organisiert haben.

Ansprechpartnerin für die Elmshorner Jugendweihe ist Silke Pommerening, Telefon 04126/18 57, E-Mail: jugendweihe-elmshorn@gmx.de . Teilnahmegebühr: 50 Euro. Ansprechpartner für die Treffen in Halstenbek ist Konny G. Neumann, Telefon 040/256621 oder E-Mail an jugendweihe-hamburg@t-online.de . Die Teilnahmegebühr beträgt 80 Euro.