Leere Teller: In Pinnebergs Brahms-Gymnasium gibt’s mittags nichts mehr zu essen. Oberstufe verweigert Unterricht

Pinneberg . Es ist ist Dienstagmittag. Hunderte hungrige Kinder und Jugendliche bevölkern die Cafeteria der Johannes-Brahms-Schule in Pinneberg. Croissants, belegte Brötchen und süßes Gebäck finden reißenden Absatz. Kein Wunder, denn ab 12 Uhr bleiben die Teller leer. Anderthalb Jahre, nachdem ein Förderverein sich bereit erklärte, die Schüler täglich bis 14.30 Uhr zu vorsorgen, ist Schluss. Grund: Verzögerungen beim Bau einer Mensa. Etwa 100 im Verein engagierte Eltern fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen, kritisieren die Informationspolitik der Verwaltung. Kein Essen trotz Ganztagsschule – die Oberstufe des Gymnasiums reagiert auf diese Nachricht mit einem Spontan-Streik. Um 13.10 Uhr verlassen 160 Schüler des 13.Jahrgangs geschlossen das Schulgelände. Direktorin Ortrud Bruhn: „Es ist nie gut, wenn Schüler streiken müssen. Zumal ihr Abitur naht.“

Bürgermeisterin Urte Steinberg ist vor Ort, als die Oberstufe ihren Ausstand verkündet. Sie ist gekommen, um das Haushaltschaos der vergangenen Wochen zu erklären. Zur Erinnerung: Wegen zu optimistisch prognostizierter Einnahmen, hatte die Rathauschefin am 22. Dezember einen Investitionsstopp verhängt. Gleichbedeutend mit einem Stillstand in Sachen Mensa. Zudem muss der Etat 2015 im März erneut verabschiedet werden. Doch am Dienstag hat Steinberg auch eine gute Nachricht im Gepäck. Der Ausgabenstopp ist mit Datum vom 2.Februar aufgehoben. „Die Ausschreibung kann somit unverzüglich fortgesetzt werden“, so die Verwaltungschefin.

Laut Steinberg stehen damit sofort 120.000 Euro für den Umbau der Cafeteria zu einer Mensa zur Verfügung. Geld, das bereits in den Etat 2014 eingestellt und in den vergangenen Wochen nur vorübergehend gesperrt worden war, nachdem das Loch von 2,2 Millionen Euro aufgetaucht war. Silkata Sahin-Adu, Chefin des Kommunalen Servicebetriebs, der sich um die Schulen kümmert, äußert sich zum neuen Zeitplan: „Der erste Bauabschnitt kann im April in Angriff genommen werden.“ Sie gehe davon aus, dass die Handwerker nach sechs Wochen durch sind. Ein zweiter Bauabschnitt werde später folgen.

Für 2015 plant die Stadt bislang 178.000 Euro ein, die die Politik während der Haushaltssitzung im März erneut abnicken müsste. Dann allerdings heißt es abwarten. Denn das Innenministerium in Kiel muss grünes Licht für anstehende Investitionen geben. Das wird Monate dauern. „Wir befürchten weitere Verzögerungen“, sagt Christoph Forsthoff. Er ist Vorsitzender des Elternvereins. Und stellt die Genehmigung des Haushalts ohne Auflagen offenbar in Frage. Das tut Forsthoff nicht ohne Grund: Pinneberg hatte sich 2012 wegen katastrophaler Haushaltslage unter den finanzpolitischen Rettungsschirm des Landes Schleswig-Holstein begeben. Jahr für Jahr gibt’s Millionen aus Kiel - im Gegenzug muss die mit mehr als 100Millionen Euro verschuldete Kreisstadt peinlich genau Rechenschaft über ihre Ausgaben ablegen.

Marion Beermann engagiert sich ebenfalls in der Cafeteria. Sie kauft Waren ein, steht auch hinterm Tresen, wenn die Gymnasiasten in den Pausen heranstürmen. „Der Stellenwert unseres Mittagstischs war extrem hoch“, sagt Beermann. Etwa 400 Schüler hätten täglich von dem Angebot profitiert. Der Förderverein der Cafeteria hatte sich als Übergangslösung angeboten, um die Zeit bis zur Fertigstellung einer Mensa zu überbrücken. Als die Planung ins Stocken geriet, habe man zunächst Nachfragen an die Stadtverwaltung gerichtet. „Auf Antwort mussten wir wochenlang warten“, so Beermann. Daher habe man die Reißleine gezogen. Forsthoff genervt: „Die Kommunikation hat überhaupt nicht funktioniert.“ In der Vergangenheit seien Versprechen gemacht worden, die dann nicht eingelöst wurden: „Und wer einmal lügt, dem glaubt man eben mehr.“

Schülersprecherin Marlene Müller springt den Eltern des Cafeteria-Vereins zur Seite: „Es kann einfach nicht sein, dass das Ehrenamt hier so ausgenutzt wird.“ Für die Jugendlichen aus der Oberstufe sei das Aus für den Cafeteriabetrieb nach 12 Uhr keine Katastrophe. „Aber für die Kleineren, die dürfen das Gelände nicht verlassen“, so Müller. „Da bleiben nur knurrende Mägen“, ergänzt Bruhn, die am Dienstag von Steinbergs Besuch überrascht wurde. Von der Aufhebung des Investitionsstopps sei sie als Schulleiterin offiziell bislang gar nicht in Kenntnis gesetzt worden.

Steinberg will alle Pinneberger Rektoren zeitnah schriftlich über den Sachverhalt informieren. Sie hofft zudem, den Schülern kurzfristig wieder einen Mittagstisch anbieten zu können. „Wir arbeiten an einer Lösung.“ Auch mit den frustrierten Eltern aus dem Mensa-Vereins will sie verhandeln. Der Mensa-Bau geht weiter – gibt es eine Rückkehr der Eltern an den Tresen nach 12 Uhr? „Ich weiß es nicht“, antwortet Beermann. Das müsse letztlich der Vereinsvorstand entscheiden.