Neue Trocknungsanlage soll Abhilfe schaffen. Derzeit fahren doppelt so viel Lkw wie eigentlich nötig durch Hetlingen

Hetlingen. Der Abwasserzweckverband (Azv) Südholstein hat ein Problem mit seinem Klärschlamm. Das Hetlinger Klärwerk hat zurzeit keine Möglichkeit, die Reste des Klärprozesses effektiv zu trocknen. Durch das zusätzliche Wasser fällt deutlich mehr Klärschlamm an als früher, als der Schlamm auch noch getrocknet wurde. Nun plant der Azv eine neue Anlage zur Trocknung.

Seit 2013 ist die alte Trocknungsanlage des Abwasserzweckverbands außer Betrieb. Grund für die Entscheidung, die seit 1997 laufende Anlage abzuschalten, war ein Defekt. „Eine Reparatur hätte sich nicht gelohnt, deshalb wurde die Klärschlammtrocknung abgeschaltet“, sagt Azv-Sprecherin Miriam Fehsenfeld. Zurzeit könne der anfallende Klärschlamm deshalb nur über Zentrifugen entwässert werden. Das Resultat ist, dass sich der Wasseranteil im Schlamm nur um 30 Prozent reduziert. Mit einer modernen Anlage wären es bis zu 70 Prozent.

„Das zusätzliche Wasser erhöht die Masse des Schlamms deutlich und führt dazu, dass pro Tag etwa doppelt so viele Lkw wie vorher den Schlamm abtransportieren müssen“, sagt Fehsenfeld. Waren bis 2013 durchschnittlich nur vier Lastwagen pro Tag durch Hetlingen gefahren, sind es mittlerweile sieben bis acht Transporter. „Das ist eine zusätzliche Belastung für Hetlinger Bürger und soll wieder anders werden“, so Fehsenfeld.

Deshalb soll eine neue Trocknungsanlage her. Damit könnte der Wasseranteil des Klärschlamms um bis zu 70 Prozent reduziert werden. Welches Verfahren dafür verwendet werden soll, steht allerdings noch nicht fest, ebenso wie die möglichen Kosten oder der Baubeginn für die Anlage. Klar ist nur, dass die Trocknung auf dem Werksgelände des Azv in Hetlingen entstehen soll.

50.000 Tonnen entwässerter Klärschlamm fallen im Hetlinger Klärwerk des Azv jährlich an. Dieser wird derzeit so gut es eben geht vor Ort entwässert und dann zu Verbrennungsanlagen in anderen Bundesländern transportiert. Dort wird der Schlamm anschließend weiter behandelt, bevor er verbrannt wird. „Klärschlamm muss zur weiteren Verwertung immer vorbehandelt werden“, sagt Fehsenfeld.

Zurzeit gibt es zwei Möglichkeiten, den Schlamm weiter zu verwerten. Entweder kommt der getrocknete Klärschlamm zur Energiegewinnung als Brennmaterial in Kraftwerken zum Einsatz oder wird in sogenannten Monoverbrennungsanlagen verbrannt, um aus der Asche das wertvolle Phosphor zurückzugewinnen. Das ist nur möglich, wenn ausschließlich Klärschlamm in den Anlagen verbrannt wird.

Die neue Trocknung auf dem Werksgelände des Abwasserverbandes in Hetlingen soll in jedem Fall mit Wärme aus Eigenproduktion versorgt werden. Dafür wird das firmeneigene Blockheizkraftwerk genutzt, welches das bei der Behandlung des Klärschlamms anfallende Faulgas in Wärme und Strom umwandelt. Da derzeit aber keine Trocknung betrieben wird, produziert das Klärwerk mehr Wärme, als es verbrauchen kann. Auch das soll sich mit der neuen Anlage ändern.

Doch mit der neuen Trocknungsanlage dürfte es noch nicht getan sein. Die Bundesregierung plant, bis 2025 aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung, also dem Ausbringen des Schlamms als Dünger auf Feldern und Äckern auszusteigen. Dann soll – bis auf wenige Ausnahmen – nur noch eine Verbrennung des Klärschlamms gestattet werden. Voraussichtlich werden damit gesetzliche Verpflichtungen für die Abwasserentsorgungsbetriebe einhergehen, was die Rückgewinnung der im Schlamm enthaltenen Nährstoffe angeht, insbesondere von Phosphor, so die Vermutung beim Azv.

Zwar wird der Klärschlamm des Azv aufgrund der großen Menge nicht landwirtschaftlich genutzt, dennoch bemüht sich der Abwasserzweckverband gemeinsam mit den Entsorgungsbetrieben Lübeck und der Stadtentwässerung Kiel um eine langfristige Lösung – ein Schulterschluss der Abwasserbetriebe als Daseinsvorsorge. Denn in Schleswig-Holstein gibt es keine Monoverbrennungsanlage.

Allerdings gibt es noch kein wirtschaftlich nutzbares technisches Verfahren für die Phosphor-Rückgewinnung. Experten gehen aber davon aus, dass das Element am effizientesten aus der Asche des Klärschlamms gewonnen werden kann – sofern dieser in einer Monoverbrennungsanlage verwertet und nicht gemeinsam mit anderen Substanzen verbrannt wird. Denn bei der Mitverbrennung geht der enthaltene Phosphor verloren.

Auch eine Nutzung des Heizwertes von Klärschlamm fließt in die Überlegungen für die gemeinsame Monoverbrennungsanlage ein. „Der Klärschlamm hat einen gewissen Energiegehalt. Wäre die Anlage an ein Fernwärmenetz angeschlossen, könnten wir als kommunale Betreiber auch einen Beitrag zur nachhaltigen Wärmeversorgung der Region leisten“, sagt Julia Weilbeer, Geschäftsbereichsleiterin Produktion beim Azv Südholstein. Bis zu sieben Megawatt könnte eine gemeinsame Anlage nach ersten Schätzungen zur Verfügung stellen.