Halstenbeker Traditionsunternehmen muss Insolvenz anmelden. Barbara und Gabriele Schmidt Heins fürchten um den Nachlass ihres Vaters

Halstenbek. Vor 111 Jahren machte sich der 21-jährige Rudolf Schmidt selbstständig. Auf einem halben Hektar Land am Ellerbeker Weg in Rellingen nahm das seinen Anfang, was Jahrzehnte später zu einem großen und international tätigen Unternehmen erwachsen sollte. Die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt ist in der Branche ein Begriff. Noch. Denn die Zukunft des Unternehmens ist ungewiss. In der vergangenen Woche musste die heute in Halstenbek ansässige Baumschule wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht Pinneberg Insolvenz anmelden. Es ist wohl auch das Ende eines langen Streits, der sich hinter den Kulissen zwischen den Pächtern und der ehemaligen Inhaberfamilie abspielte.

„Ich bin entsetzt und verärgert, dass es so kam“, sagt Barbara Schmidt Heins. Sie ist die Enkelin des Gründers. Ihr Vater Günther leitete den Betrieb zusammen mit seinem Bruder Otto von 1938 bis 1979. Erst hörte der Bruder auf, dann zog sich der Vater langsam zurück, übergab den Betrieb in die Hände der langjährigen Mitarbeiter Kurt Schwardt und Eckart Zölffel. Sie pachteten das weitläufige Gelände und leiteten es erfolgreich weiter, bis sie sich aus Altersgründen zurückzogen. Wieder wurden langjährige Mitarbeiter Pächter und Chefs der Euro-Baumschule. Hans-Werner Münster und Kay Hackmack haben seit 2005 die Leitung inne.

Mit einer ihrer Verpächterinnen sitzen sie Tür an Tür. Denn Barbara Schmidt Heins, die wie ihre Schwester beruflich gesehen mehr nach ihrer künstlerisch begabten Mutter Hildi kommt, lebt in einem Einfamilienhaus auf dem Baumschulgelände Am Bahndamm. Von ihrem Atelier aus hat die Künstlerin tagtäglich das Familienerbe im Blick. Doch was Schmidt Heins sieht, gefällt ihr nicht. Das Verhältnis zwischen Pächtern und Verpächtern wird mit den Jahren schwieriger – vor allem nachdem der Vater Günther Schmidt 2009 stirbt. Ständig wäre es zu Auseinandersetzungen gekommen, wie die Halstenbekerin sagt. Ende 2014 lief der Pachtvertrag für das 25 Hektar große Areal aus. Aus den Umsiedlungsplänen der Pächter und dem Neubau an der Ecke Lübzer Straße/Heideweg wurde nichts, dafür kam die Insolvenz. Für eine Stellungnahme waren Münster und Hackmack nicht zu erreichen.

Barbara Schmidt Heins lebt eher zurückgezogen, sie meidet das Scheinwerferlicht und möchte auch nicht die Streitigkeiten in der Öffentlichkeit austragen. Nur ein wenig erklärt sie, was sich hinter den Kulissen abspielte. Seit etwa fünf Jahren kommunizieren die Geschäftspartner fast nur noch über Anwälte miteinander. Es ging um Rufschädigung, ausstehende Pacht- und Mietzahlungen, um Vertragsbrüche. Schmidt Heins berichtet, wie ihr in einem Anwaltsschreiben unter anderem verboten wurde, das Baumschulgelände zu betreten, auf dem sie lebt. Zudem wäre von ihr verlangt worden, plötzlich Miete für das Haus zu zahlen, das auf ihrem eigenen Grundstück steht – und zwar rückwirkend seit dem Tod ihres Vaters. „Das war Schikane“, sagt sie. Deshalb ist die Insolvenz auch ein wenig wie eine Befreiung. „Für uns war das eine unheimlich belastende Situation“, sagt Barbara Schmidt Heins über sich und ihre Familie. „Für uns fängt der Albtraum nicht an, sondern er hört auf.“ Barbara Schmidt Heins und ihre Schwester Gabriele sind nicht nur Grundstückseigentümer, sondern in diesem Fall auch Gläubiger. Deshalb warten sie auf den Besuch des Insolvenzverwalters, um zu klären, wie es jetzt weitergeht. Als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht die Rechtsanwälte Heiko Fialski für die OHG und Jan Ockelmann für die Pflanzenhandelsgesellschaft. Beide arbeiten für die Hamburger Kanzlei Johlke, Niethammer und Partner. Wie Fialski auf Abendblatt-Anfrage erklärte, wird der Betrieb zunächst aufrecht erhalten. Dank einer Insolvenzgeldvorfinanzierung sind die Löhne der 55 Mitarbeiter bis Februar gesichert. Ziel sei es, die noch vorhandenen Baumbestände zu regulären Marktpreisen abzuverkaufen und damit die Forderungen zu bedienen.

Wie es weitergehen soll mit der Euro-Baumschule? „Irgendetwas, das bleibt, wollen wir hinterlassen“, da sind sich Barbara Schmidt Heins und ihr Lebensgefährte Karsten Gerd Raschke einig. Ob das in Form von neuen Pächtern oder einer anderen Nutzung des Areals möglich ist, werde die Zukunft zeigen. Doch eins wollen die Nachkommen von Rudolf Schmidt nicht: Das Baumschulareal mit dem teilweise auch sehr alten Baumbestand für Gewerbeflächen, wie es sich die CDU wünscht, hergeben. Das haben sie schon Investor Greve mitgeteilt, der erfolglos bei ihnen anklopft hatte.