Laut neuem Einzelhandelsgutachten fließen 57 Prozent der Kaufkraft in die umliegenden Orte ab

Rellingen. Rellingen ist als Wohnort attraktiv. Der Einzelhandel in der Gemeinde weist jedoch Defizite auf. Laut einem am Dienstag im Bauausschuss vorgestellten Einzelhandelsgutachten bleiben nur 43 Prozent der überdurchschnittlichen Kaufkraft, über die die Rellinger Bevölkerung verfügt, in der Gemeinde. Ein Wert, der laut Gutachter Andreas Brode vom Büro Bulwiengesa steigerungsfähig ist. Ein zusätzlicher Umsatz von 8,8 Millionen Euro könnte bei einem verbesserten Einzelhandelsangebot im Ort gehalten werden.

„Das Gutachten ist eine große Chance für uns, um unseren Ortskern auf Dauer attraktiv zu gestalten“, sagt Bürgermeisterin Anja Radtke. Die Politik hatte die 15.000 Euro teure Expertise Ende 2013 in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen des neuen Nahversorgungszentrums in Krupunder und der Geschäftszentren der umliegenden Kommunen auf den Rellinger Ortskern zu untersuchen. Die Gutachter erfassten den Bestand und untersuchten das Einkaufsverhalten der Rellinger Bürger durch stichpunktartige Umfragen.

Demnach verfügt Rellingen über 56Geschäfte mit insgesamt 28.400Quadratmetern Verkaufsfläche. 34 Läden und 4200 Quadratmeter Verkaufsfläche befinden sich im Ortskernbereich. Sie alle machen zusammengenommen einen Umsatz von 72,5 Millionen Euro. Der überwiegende Teil der Kunden im Ortskern sowie im Bereich des Nahversorgungszentrums Krupunder erledigt die Einkäufe mit dem Pkw. „Das Gutachten zeigt, dass wir in Rellingen mobil sein müssen. Der Pkw wird dann auch dazu genutzt, außerhalb der Gemeinde einzukaufen“, sagt Radtke.

Trotz der 14.000 Einwohner billigt die Landesplanung Rellingen keine zentralörtliche Funktion zu. Daher wird es auch in Zukunft bei einem kleinteiligen Einkaufsangebot in der Gemeinde bleiben. „Einen H&M werden wir nicht kriegen“, so Radtke. Das Gutachten zeige aber deutlich, welche Defizite im Einkaufsangebot geschlossen werden müssen. Bedarf gebe es etwa für Schuhe, Textilien, Elektro und Technik, Garten, Einrichtungsbedarf, Fahrräder, Schreibwaren, Hausrat- und Haushaltswaren sowie Schreibwaren und Bücher.

Benötigt würden keine großen Vollsortimenter, sondern kleinere Läden. Auch für Lebensmittelmärkte im Ortskern sieht der Gutachter Bedarf. Die Fläche des Penny-Marktes am Arkadenhof sei mit 350 Quadratmetern Verkaufsfläche viel zu klein, der Edeka-Markt an der Hauptstraße mit 1500 Quadratmetern verfüge aufgrund seiner Zweigeschossigkeit über Optimierungsbedarf. Leerstand im Ortskern gibt es kaum. Die größte ungenutzte Fläche ist das ehemalige Postgebäude.

„Wir müssen die Vorgaben in die künftige Bauleitplanung einbeziehen“, fordert die Bürgermeisterin. Außerdem könnten nun gezielt Anbieter, die der Gemeinde weiterhelfen, angesprochen werden. Radtke: „Ziel muss es auch sein, den Ortskern für jüngere Bürger attraktiver zu machen.“