Firma Rudolf Schmidt in Halstenbek meldet Insolvenz an. Ex-Inhaberfamilie und neue Betriebsleiter liegen im Streit

Halstenbek. Im 111. Jahr der Firmengeschichte droht einer der namhaftesten Baumschulen im Kreis Pinneberg das Aus: Vorige Woche meldete die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt mit Sitz in Halstenbek wegen Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht Pinneberg Insolvenz an. Betroffen sind 55 Mitarbeiter. Die Zukunft des 1904 in Rellingen gegründeten Unternehmens ist ungewiss. Nach einem Streit mit der früheren Inhaberfamilie ist der Pachtvertrag für ein Großteil der Flächen, die von der Baumschule bewirtschaftet werden, Ende 2014 ausgelaufen.

Am 1. September 1904 hatte sich der damals 21-Jährige Rudolf Schmidt mit einem halben Hektar Land am Ellerbeker Weg in Rellingen selbstständig gemacht. Im Laufe der Jahre vergrößerte sich das Unternehmen und die Mitarbeiterzahl zusehends. In den Glanzzeiten wurden mit mehr als 100 Arbeitskräften 150 Hektar Baumschulflächen bewirtschaftet. 1989 verpachtete die Inhaberfamilie mangels Nachfolge das Unternehmen an zwei langjährige Mitarbeiter. Zum 1. Juli 2005 erfolgte ein weiterer Pächterwechsel, seitdem lenkten die langjährigen Mitarbeiter Hans-Werner Münster und Kay Hackmack als Geschäftsführer die Geschicke des Unternehmens.

Ihr Verhältnis zur früheren Inhaberfamilie verschlechterte sich zusehends. 2011 gaben die beiden Erbinnen bekannt, große Teile des Betriebsgeländes als Park herrichten zu wollen. Um das Projekt inklusive eines Museums und Skulpturenparks finanzieren zu können, sollten fünf Hektar verkauft und bebaut werden. Die beiden Geschäftsführer wurden von den Plänen überrumpelt. Die Kommunalpolitiker reagierten ablehnend: Einstimmig versagten sie dem Projekt die Zustimmung.

Währenddessen trieben Münster und Hackmack die Abspaltung der Firma von ihrem Stammsitz an der Holstenstraße voran. Sie erwarben ein drei Hektar großes Gelände an der Ecke Lübzer Straße/Heideweg und kündigten an, dort eine 2200 Quadratmeter große Lagerhalle sowie Büroräume errichten zu wollen. Eine Bauvoranfrage wurde gestellt, das gemeindliche Einvernehmen erteilt. Doch bis auf mehrere Modifizierungen der Planungen passierte bis heute nichts. Die beiden Geschäftsführer wollten sich auf Abendblatt-Anfrage nicht äußern.

Insolvenz angemeldet haben sowohl die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt OHG, die als Betreibergesellschaft Pächterin der Baumschulflächen ist, als auch die Euro-Baumschule Rudolf Schmidt u. Partner Pflanzenhandelsgesellschaft mbH & Co. KG, die von der Betreibergesellschaft die Pflanzen abnimmt und vertreibt. Als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht die Rechtsanwälte Heiko Fialski für die OHG und Jan Ockelmann für die Pflanzenhandelsgesellschaft. Beide arbeiten für die Hamburger Kanzlei Johlke, Niethammer und Partner.

Wie Fialski auf Abendblatt-Anfrage bekannt gab, wird der Betrieb zunächst aufrecht erhalten. Dank einer Insolvenzgeldvorfinanzierung hätten die Mitarbeiter ihre Löhne für Dezember ausgezahlt bekommen, die Löhne seien noch bis Februar gesichert. Laut dem Insolvenzverwalter werde es angestrebt, „die vorhandenen Baumbestände zu regulären Marktpreisen abzuverkaufen“. In diesem Fall „bestehe die Möglichkeit, alle Forderungen bedienen zu können.“

Laut Bilanz des Insolvenzverwalters bewirtschafteten die beiden Gesellschaften zuletzt 120 Hektar hauptsächlich mit Allee- und Straßenbäumen sowie fünf Hektar Containerfläche mit Gehölzen vom Solitär bis zum Alleebaum. Kunden konnten in Halstenbek ein breites Sortiment an Pflanzen bestellen – etwa für öffentliche Grünanlagen, Straßenbegrünung sowie Garten- und Landschaftsbau. Die Abnehmer kamen sowohl aus dem In- als auch dem Ausland.

Laut Fialski gingen viele Lieferungen nach Russland. Der starke Verfall des Rubels sei einer der Gründe für die Insolvenz. Weitere Ursachen seien die allgemein schwierige Lage im Baumschulsektor sowie die Probleme unter den Gesellschaftern. Nach Angaben des Insolvenzverwalters arbeitete die Baumschule ausschließlich auf Pachtflächen, die sich im Besitz der früheren Eigentümerfamilie befinden. Ob es Pachtrückstände gibt, ließ er offen.

Unterdessen liebäugeln laut Abendblatt-Informationen erste Politiker mit den eventuell freiwerdenden Flächen. Große zusammenhängende Areale in den Bereichen Lübzer Straße/Heideweg/Luruper Weg würden sich für eine Gewerbeansiedlung eignen. Nachdem die politische Mehrheit einen Kompromiss mit dem Investor Greve über Gewerbeflächen angrenzend an die Wohnmeile platzen ließ, ist die Gemeinde händeringend auf der Suche nach Arealen für die Ansiedlung von Firmen. Ob die Erbinnen einen solchen Weg mitgehen und auch die Landesplanung in Kiel davon überzeugt werden könnte, erscheint zweifelhaft.