Beim neuen Elbedüker werden jetzt Gasleitungen und Kabel eingezogen – dann wird die Röhre verschlossen

Zur Insel Lühesand heißt es auf Wikipedia: „Lühesand ist eine 124 Hektar große langgestreckte Binneninsel in der Elbe südöstlich von Stade in Niedersachsen. Die nur mit dem Schiff zu erreichende Insel beherbergt einen Campingplatz.“ An diesem Montagmorgen ist Lühesand ausnahmsweise zu Fuß erreichbar – durch den neuen Elbedüker für Gasleitungen und Glasfaserkabel zwischen Hetlingen und der Elbinsel. Für ein kurzes Zeitfenster ist der Tunnel begehbar, danach wird er verschlossen.

„Eine persönliche Schutzausrüstung ist Pflicht für die Tunnelbegehung“, sagt Oberbauleiter Daniel Bley. Schutzhelm, Sicherheitsschuhe, Schutzbrille und -anzug werden angelegt, dann geht es zum Tunneleingang, der vier Meter unter der Erde liegt. Über ein Baugerüst gelangen Arbeiter und Besucher zur 1524 Meter langen Röhre, darunter Hetlingens Bürgermeisterin Monika Riekhof, Gemeinderatsmitglied Holger Martinsteg, die Landtagsabgeordnete Barbara Ostmeier aus Hetlingen sowie Vertreter der Telekom und des Unternehmens Tennet.

Ein letzter Blick zum Himmel, dann stapft die Gruppe hinab unter die Elbe. Der Tunnel fällt stetig ab, etwa fünf bis sechs Prozent ist das Gefälle am Hetlinger Ende. „Auf der anderen Seite steigt die Röhre mit etwa neun Prozent an“, sagt Daniel Bley, der die Gruppe leitet. Ducken muss sich niemand, der Tunnel hat einen Innendurchmesser von 2,40 Meter, außen sind es drei Meter. Beim Durchgehen fällt auf, dass die Röhre aus vielen Einzelteilen besteht. 389 Rohre sind hier verbaut, jedes mit vier Metern Länge und 25 Tonnen Gewicht.

Erstaunlich warm ist es hier unter der Elbe, fast 20 Grad Celsius. „Der Tunnel ist normalerweise verschlossen. So entsteht ein Luftstau, und die Röhre wird durch die Menschen und Geräte darin aufgeheizt“, erklärt Bley. Wenn niemand etwas sagt, sind nur die Schritte und das Rascheln der Anzüge zu hören, es riecht metallisch. Der Tunnel verliert nun etwas an Steigung, dann fällt er noch einmal ab, bevor er steil nach oben führt. Der tiefste Punkt des Tunnels liegt bei etwa 40 Metern unter dem Wasserspiegel, beziehungsweise 16 Metern unter der Elbsohle. „Die tiefste Stelle ist allerdings näher an Lühesand als an Hetlingen“, sagt Bley.

Der Boden des Tunnels steigt nun steiler an. In der Mitte der Rohre ist eine Schicht aufgebracht, die verhindert, dass die Schuhe wegrutschen. Am Ende des Tunnels ist bereits das Tageslicht zu sehen. Als die Gruppe auf Lühesand aus der Röhre tritt, steht die Sonne am Himmel. Der Strommast an der Hetlinger Schanze ist gut zu erkennen, schließlich liegt die Marschgemeinde nur etwa 1500 Meter entfernt.

Die Arbeiten am Elbedüker seien anspruchsvoll gewesen. „Hier gab es auf 1500 Metern Tunnellänge so gut wie jede Form von Boden. Nichts beeinflusst den Vortrieb so sehr wie die geologischen Gegebenheiten“, sagt der Oberbauleiter. 40 bis 50 Arbeiter waren auf der Baustelle im Einsatz. Anfang Dezember, gut zwei Wochen früher als geplant, schaffte der Bohrer „Helene“ den Durchbruch zur Elbinsel Lühesand.

Im nächsten Schritt werden die Rohre und Leitungen in den Tunnel eingezogen und mit der alten Leitung von Lühesand nach Niedersachsen verbunden. Dann wird der neue Tunnel mit Füllmaterial verdämmt, und der Rückbau des alten Dükers beginnt.

Das Millionenprojekt wurde nötig, weil der alte Düker nicht tief genug lag. Große Containerschiffe hätten die 40 Jahre alte Versorgungsleitung bei einer Notankerung beschädigen können. Auch bei einer weiteren Elbvertiefung hätte es zu Komplikationen kommen können. Bei den Bohrarbeiten seien nur drei Störfälle aufgetreten, gerechnet habe das Unternehmen mit sechs, berichtet Bley. „Die ausführenden Firmen haben sehr gute Arbeit geleistet.“ Während der Bohrarbeiten kam erstmals das „Geoscan“-Verfahren zum Einsatz. Dabei konnten die Mitarbeiter in Echtzeit verfolgen, worauf „Helene“ beim Bohren stieß und das Tempo des Bohrers dementsprechend anpassen.

100 Jahre soll der Tunnel halten. „Wir haben da absolut keine Bedenken“, sagt Bley. Bürgermeisterin Riekhof und Gemeindevertreter Martinsteg sind froh, dass die Arbeiten bald beendet sind. „Auch wenn die Bauarbeiten die Gemeinde weniger beeinflusst haben als zunächst gedacht, sind wir froh, wenn es vorbei ist“, sagt Martinsteg.

Der Rückweg durch den Tunnel nach Hetlingen ist anstrengender, denn nun geht es lange Zeit bergauf. In der Schutzausrüstung ist es warm. Schließlich betritt die Gruppe wieder den Boden Schleswig-Holsteins. Die heilige Barbara, Schutzpatronin der Berg- und Tunnelbauer, die am Eingang des Tunnels wacht, hat ihren Dienst getan. Die Sonne scheint in Hetlingen allerdings immer noch nicht.