Nach Gebührenchaos in Halstenbek weist Gerhard Flomm der Verwaltung zahlreiche handwerkliche Mängel nach

Halstenbek. Schwere Vorwürfe wegen der fehlerhaften Gebührenbescheide für die Straßenreinigung und den Winterdienst erhebt Gerhard Flomm gegen die Halstenbeker Gemeindeverwaltung und Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann. Nachdem die Verwaltungschefin am Mittwoch sämtliche Gebührenrechnungen für nichtig erklärt hatte, bemängelt Flomm, selbst zehn Jahre lang Bürgermeister der Baumschulgemeinde, das Vorgehen seiner Nach-Nachfolgerin.

„Für wie dumm hält Frau Hoß-Rickmann die Halstenbeker Bürger, wenn sie die fehlerhaften Bescheide mit einer Software-Panne zu erklären versucht?”, fragt der 77-jährige Ex-Verwaltungschef. Als Haus- und Wohnungseigentümer ist der Pensionär selbst mehrfach von dem Gebührenchaos betroffen. Am Beispiel seiner Eigentumswohnung in der Eigentümergemeinschaft Hauptstraße 32 - 34 rechnet er vor, dass die Gemeindeverwaltung bei einem Einzeleigentümer lediglich 70Euro für den Straßenreinigungsdienst hätte erheben dürfen.

Bei der fehlerhaften Umlegung auf 21 Eigentümer seien jedoch insgesamt 350 Euro fällig geworden, bemängelt Flomm. Ursache sei ein falscher Berechnungsschlüssel gewesen, der jedoch nicht mit einem Softwarefehler, sondern mit einer fehlerhaften Eingabe zu erklären sei. Über die für ihn zuständige Hausverwaltungsfirma sei dann die Gemeindeverwaltung erst auf die Panne hingewiesen worden.

Und der streitbare Halstenbeker hat noch weitere Fehler in der Abrechnung entdeckt. So seien die Gebühren für 2014 rückwirkend sowie für die anstehenden Abschlagszahlungen in 2015 und den Folgejahren in einem gemeinsamen Bescheid erhoben worden. „Das ist nach der kommunalen Gebührenordnung unzulässig”, moniert Flomm. Schon deshalb seien die Bescheide unwirksam gewesen. „Die Gemeinde hätte stattdessen zwei getrennte Gebührenrechnungen versenden müssen.“

Fehlerhaft ist nach Flomms Feststellung auch die Rechtsbehelfsbelehrung, in der unter anderem beim Steuermessbetrag auf das zuständige Finanzamt verwiesen wird. „Das Finanzamt ist jedoch für kommunale Gebührensatzungen überhaupt nicht zuständig“, sagt der Ex-Bürgermeister.

Misslungen ist nach Einschätzung Flomms außerdem die optische Gestaltung des Anhangs der Gebührensatzung für den Straßen- und den Winterdienst. „Darin ist kein einziger Straßenname aufgeführt.” Stattdessen gebe es lediglich einen Plan des Halstenbeker Straßennetzes mit blauen und braunen Einfärbungen. Welche Farbe wofür stehe, werde nicht erläutert. Zudem müsse jeder Bürger anhand der anonymen Darstellung rätseln, wo sich die Straße befinde, die ihn betreffe. Angesichts dieser „Fülle an handwerklichen Mängeln" bezweifelt Flomm, dass die verantwortliche Bürgermeisterin überhaupt wisse, was in ihrer Verwaltung getan werde.

Linda Hoß-Rickmann will indes keine Schulddebatte führen, obwohl die Hauptarbeit von einer privaten Firma erledigt wurde. „Wir als Verwaltung hätten das merken müssen, das ist nicht wegzudiskutieren.“ In der nächsten Woche würden alle Bürger einen Brief der Gemeinde erhalten, mit dem die Rücknahme der Bescheide und der Verzicht auf den Einzug der geforderten Summe angekündigt werde. Bis zum Abschluss der Neuberechnungen werde einige Zeit vergehen. Dennoch entstehe der Gemeinde außer den Portokosten kein Schaden, weil die Beträge auch zum späteren Zeitpunkt rückwirkend für 2014 und 2015 erhoben werden können.

Laut der Verwaltung sind etwa 7000 Bescheide verschickt worden. 60 Prozent davon seien fehlerhaft. Während die Berechnungen für Einzelhaus-Grundstücke korrekt waren, sei für Reihen-, Doppel- oder Mehrfamilienhäuser eine falsche Formel angewandt worden. Bereits im Januar 2011 hatte die Gemeindevertretung die grundsätzliche Einführung der Straßenreinigungsgebühren beschlossen.

Mit der Ausarbeitung wurde die Firma Gekom beauftragt, die dafür dem Vernehmen nach 100.000 Euro erhielt. Als Bemessungsgrundlage dient eine Meterzahl, die sich als Quadratwurzel aus der Grundstücksfläche ergibt. Dies soll sicherstellen, dass auch Grundstücke in sogenannter Hinterlandbebauung einbezogen werden. Die jährliche Gebühr pro Meter beträgt 2,48 Euro, die Gemeinde erwartet jährliche Einnahmen von 250.000 Euro.