Bürgerbegehren soll geplante Notunterkunft verhindern. Initiatoren wehren sich gegen Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit

Wedel. Es ist schwierig nachzuvollziehen, wofür sich Arne Lüders, Norbert Offergeld und Lutz Steinmüller so vehement einsetzen. Denn das, was den Wedelern als wichtig erscheint, bietet derzeit keinen mitreißenden Anblick. Die Anwohner stehen an diesem Wintertag vor blattlosen Büschen zwischen großen Eichen an der Ecke Rudolf-Breitscheid-Straße/Feldstraße. Die Fläche wirkt trist und ungepflegt. Doch die Anwohner beteuern, dass das Wäldchen im Frühjahr erblühe und sich in eine kleine grüne Oase mitten in dem Wedeler Stadtviertel verwandele, für die es sich zu kämpfen lohne.

Denn die drei, die von weiteren Nachbarn unterstützt werden, wollen ein Bürgerbegehren anschieben. Es wäre für Wedel nach dem Streit um die alte Stadtbücherei und das geplante neue Kraftwerk das dritte in drei Jahren. Die Anfragen bei Stadt und Kieler Innenministerium sind gestellt, die nötigen Informationen da, die Texte abgesegnet.

In dieser Woche wollen die Wedeler mit der Unterschriftensammlung beginnen. Rund 1900 Unterstützer brauchen sie, damit ihr Anliegen Erfolg hat. Diese müssten in den kommenden sechs Monaten die Frage „Soll die Grünanlage Ecke Feldstraße/Rudolf-Breitscheid-Straße im Herzen von Wedel als eine der letzten öffentlichen Grünflächen im zentralen Stadtgebiet von Wedel ohne Bebauung für die Nutzung durch die Bürger und Anwohner erhalten bleiben?“ mit Ja beantworten.

Die Kommunalpolitiker bevorzugen das Areal als Standort für ein dringend benötigtes Flüchtlingsheim. Allerdings muss geprüft werden, inwieweit das 1800 Quadratmeter große Grundstück im Besitz der Stadt dafür wirklich geeignet ist. Das hat mit einer Bunkeranlage zu tun, die sich hier befindet. Dabei dürfen vor allem die Kosten, die bislang mit rund 800.000 Euro angesetzt sind, nicht aus dem Ruder laufen. Wenn trotz des Bunkers eine Bebauung möglich ist, soll dort noch in diesem Jahr eine Notunterkunft für 40Flüchtlinge entstehen.

„Wir gehören nicht zu denen, die etwas gegen Flüchtlinge haben“, betont Steinmüller. Der 61 Jahre alte Arzt zog 1979 nach Wedel. Sein Haus grenzt an das umstrittene Grundstück. Sein Mitstreiter Arne Lüders ist in Wedel geboren. Der Malermeister, der bereit wäre, einen finanziellen und einen Sachbeitrag für eine andere Unterkunft für Menschen in Not zu leisten, sagt: „Es ist uns egal, ob dort ein Kindergarten oder ein Asylantenheim hinkommt, wir sind gegen jegliche Bebauung an dieser Stelle.“ Die ihnen bereits vorgeworfene Ausländerfeindlichkeit ist ein wunder Punkt, dem sie entgegentreten wollen. „Mir kann man nun wirklich keine Fremdenfeindlichkeit unterstellen“, sagt Offergeld. Er sei mit einer Peruanerin verheiratet. Die Familie des 79-Jährigen flüchtete selbst vor dem Krieg und wurde in Wedel aufgenommen.

Jetzt gibt es wieder einen Flüchtlingsstrom. Pro Woche nimmt Wedel laut Verwaltung etwa drei Asylbewerber auf. Das wissen auch die Anwohner. Aus ihrer Sicht gebe es kostengünstigere Möglichkeiten, die Flüchtlinge unterzubringen. So schlägt Lüders vor, dass die Stadt Wohnungen am Tinsdaler Weg anmietet. Die Wohnungen in der Nähe zum Kraftwerk gehören dem Unternehmen Vattenfall und waren einst für Mitarbeiter vorgesehen, laut Malermeister Lüders stehen sie heute leer und wären günstig zu haben. Eine zweite Idee der Männer: Die Stadt könnte das ehemalige Schwesternwohnheim am Wedeler Krankenhaus, in das die Rettungswache ziehen soll, mieten und bewohnbar machen.

Offergeld ärgert besonders, dass einmal mehr in Wedel Grünflächen aufgegeben werden sollen und das zu Ungunsten derer, die dort seit langem leben. Ihn erinnert die Fläche an die Geschichte des Stadtteils, die nicht immer friedlich war. Während des Zweiten Weltkriegs planten die Nationalsozialisten hier den Bau eines U-Boot-Hafens. Grundstückseigentümer wurden dafür quasi zwangsenteignet. Aus den Hafenplänen wurde nichts, die dafür gebauten Baracken verwandelten sich in Wohnraum – bis auf den schmalen Streifen an der Rudolf-Breitscheid-Straße samt alter Bunkeranlage.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sind sich einig, dass es in ihrem Viertel viel zu wenig solcher grünen Oasen gebe. „Schulau-Ost ist eine der am dichtesten bebauten Ecken in Wedel. Das ist eine der letzten kleinen Inseln, die es hier noch gibt“, meint Steinmüller. Er schätzt die Eichen, die für den Bau der Notunterkunft gefällt werden müssten, auf älter als 200 Jahre. Dass einige Politiker und Rathausmitarbeiter die Fläche als „besseres Hundeklo" bezeichnen, davon lassen sich die Anwohner nicht beirren. Sie möchten die Fläche erhalten und verschönern. Einen Namensvorschlag haben sie schon: „Caudry Friedenspark“.