Klage gegen neue Regelung: Eilverfahren abgelehnt. Betroffene bangen um ihre Existenz

Kreis Pinneberg. Das neue Jahr begann für Claudia Plötz mit einer schlechten Nachricht. Die Tagesmutter aus Moorrege hatte geahnt, dass die Chancen auf ein Urteil in einem beschleunigten Verfahren beim Verwaltungsgericht in Schleswig eher schlecht stünden. Trotzdem hatten sie und und ihre Anwältin versucht, eine einstweilige Anordnung auf Unwirksamkeit der Kindertagespflegesatzung zu erwirken. Doch der Versuch ist gescheitert. Vorerst bleibt die seit August im Kreis Pinneberg gültige Satzung in Kraft, die Plötz für rechtswidrig hält und gegen die die Tagesmutter ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht angestrengt hat. Zudem haben mehrere Eltern Klage gegen die Satzung erhoben.

„Es werden sehr strenge Kriterien an ein Eilverfahren angelegt. Wir haben trotzdem den Versuch gestartet, um eine schnelle Entscheidung herbeizuführen“, erklärt Anwältin Angela Heinssen, die die Moorreger Tagesmutter vor Gericht vertritt. Heinssen lässt sich durch den Rückschlag aber nicht beirren. Sie ist sich sicher, dass ihre Mandantin im Recht ist und auch Recht bekommen wird. Die wirft dem Kreis Pinneberg Lohndumping, Erpressung der Eltern, überhöhte Beiträge und eine Schlechterstellung der Tagesmütter im Vergleich zu den Kitas vor.

Die Kreisverwaltung weist das von sich, will sich aufgrund des laufenden Verfahrens zu den Vorwürfen im Detail aber nicht äußern. Zum abgelehnten Eilverfahren sagt Pressesprecher Oliver Carstens: „Wir sind sehr interessiert daran, dass die strittigen Punkte jetzt im Hauptsacheverfahren schnell geklärt werden.“ Inwieweit die Neuregelung im Kreis Pinneberg nun rechtswidrig ist oder nicht, wird das Oberverwaltungsgericht in Schleswig klären müssen. Allerdings nehmen sich die Richter dafür Zeit. Zeit, die die Betroffenen nicht hätten – meint Plötz. „Anders als das Gericht es beurteilt, geht es um drängende Existenzprobleme, und zwar von Eltern und Tagesmüttern“, sagt sie.

Denn die Eltern seien aufgrund einer neuen Richtlinie verunsichert. Diese verlangt von Eltern einen regelmäßigen Nachweis, dass es keinen freien Kita-Betreuungsplatz für ihr Kind gibt. Fehlt dieser, müssen sie allein für die Betreuungskosten aufkommen. Zudem gelten andere Kündigungsfristen. Eltern können ihr Kind jederzeit aus der Tagespflege nehmen, die Betreuungsverträge der Kindergärten sind dagegen nur zum Halbjahr kündbar.

Dabei ist laut Bundesgesetz die Betreuung in der Kita der in der Tagespflege gleichgestellt. In der Praxis aber kämpfen Tagesmütter in der Region laut Plötz um ihre Existenz. „Ich weiß von einer Kollegin, die dreimal im vergangenen Vierteljahr verkraften musste, dass Eltern ihre Kinder kurzfristig in der Kita angemeldet haben“, berichtet sie. Im Unterschied zu Kitas hätten Tagesmütter keine Warteliste. So bleibe der Platz frei, der Tagesmutter fehlten die Einnahmen, die bis zu 1000Euro im Monat ausmachen könnten.

Claudia Plötz und andere betroffene Tagesmütter behalten sich vor, Schadensersatz zu fordern. Um gemeinsam für ihre Rechte zu kämpfen, haben sie sich zur Interessengemeinschaft Kindertagespflege Pinneberg zusammengeschlossen – laut Plötz mit stetigem Zuwachs. Einmal im Monat gibt es einen Stammtisch, bei dem sich Betroffene austauschen. Die Termine und Informationen über das Normenkontrollverfahren sind im Internet auf www.interessengemeinschaft-kindertagespflege-pinneberg.de zu finden.

Tagesmütter informieren, beraten und ihre Interessen vertreten: Das nimmt im Kreis Pinneberg seit Jahrzehnten die Familienbildung wahr. Der macht die Interessengemeinschaft als Vertretung von Tagesmüttern somit Konkurrenz. Und zwar bewusst. „Ich halte die Familienbildung als Institution für wichtig“, sagt Plötz. „Aber ich mache ihr zum Vorwurf, dass sie nicht aufgestanden ist, sondern die neue Kindertagespflegesatzung so hingenommen hat. Das müssen wir und die Eltern jetzt ausbaden.“ Zu dieser Kritik und der neuen Konkurrenz gab es von der Familienbildung am Dienstag keine Stellungnahme.