Marcel und Thomas Krohn sind Männer zum Anfassen – sie arbeiten als Schornsteinfeger

Hasloh. Frauen küssen ihn auf die Wange. Fremde Menschen umarmen ihn auf der Straße. Sie klopfen ihm auf die Schulter, berühren einen der goldenen Knöpfe seiner Jacke oder reiben mit dem Finger über seine rußbedeckte Kleidung. Thomas Krohn bringt das nicht aus der Ruhe. Der Hasloher arbeitet seit 40 Jahren als Schornsteinfeger und hat sich an die Aufmerksamkeit, die er auf sich zieht, längst gewöhnt. Der Schornsteinfeger gilt vielen Menschen als Glücksbote. Wer ihn berührt, der erfährt angeblich das Glück.

„An einem Lottogewinn wurde ich bislang aber noch nicht beteiligt“, sagt der 54-Jährige lachend. Der Bezirksbevollmächtigte und sein Sohn Marcel, 27, kümmern sich um ein weites Einzugsgebiet, zu dem Teile von Elmshorn sowie Moorrege, Seester und Seestermühe gehören. Eigentlich wollte Thomas Krohn Elektriker werden. „Nach einer Woche Praktikum habe ich mir das aber schnell anders überlegt“, sagt er. Doch zu Hause bleiben, war nicht drin.

Und da seine Schwester gerade eine Ausbildung zur Schornsteinfegerin machte, entschloss er sich für ein Praktikum als eben solcher. Seine Schwester arbeitet mittlerweile bei der Post, doch Thomas Krohn ist dabeigeblieben. Jeden Tag ist er unterwegs, reinigt Schornsteine, prüft Heizungsanlagen und Kamine, mauert bei Bedarf Schornsteine, berät in Energiefragen. Das Schöne am Job: „Mir liegt die Welt zu Füßen, und ich bin mein eigener Chef.“

Der volkstümliche Aberglaube vom Schornsteinfeger als Glücksboten geht vermutlich auf das Mittelalter zurück. Damals kochten die Menschen noch am offenen Feuer, es kam häufig zu Bränden und Rauchvergiftungen. Mit dem Bau von Schornsteinen etablierte sich der Beruf des Schornsteinfegers. Die Unglücke wurden weniger.

Und wenn es doch mal brannte, waren die Schornsteinfeger nicht weit. „Traditionell waren sie seit jeher in der Freiwilligen Feuerwehr“, sagt Thomas Krohn, der in Hasloh Wehrführer ist. Vater und Sohn haben noch keinen Heiligabend ohne Schornsteinbrand erlebt. „Die Leute verbrennen Geschenkpapier und anderen Müll“, sagt er. Und die Leitstelle weiß, dass er 365 Tage im Jahr auf seinem Handy erreichbar ist und er auch dann noch ausrückt, wenn die Weihnachtsgans knusprig und heiß auf dem Tisch steht.

Um Schornsteinbrände schon im Vorfeld zu verhindern, müssen sich die Krohns um Vögel ganz anderer Art kümmern. „Dohlen nisten bevorzugt in Höhlen. Wenn sie keine finden, eben in Schornsteinen“, sagt Thomas Krohn. Anders als zum Beispiel Tauben oder Spatzen können sie mit einer speziellen Flugtechnik wieder aus dem engen Schlot herausfliegen. Verstopft ein Nest oder ein Vogel den Schornstein, können die Abgase nicht mehr abziehen. Giftige Abgase wie Kohlenmonoxid können aus der Feuerstätte austreten und zur tödlichen Gefahr für Menschen werden. Dass es nicht so weit kommt, dafür sorgen die Schornsteinfeger.

Die Männer erleben bei der Arbeit auch die eine oder andere Überraschung. Wenn sich der Gegenstand im Schornstein als Wespennest entpuppt oder aus dem Schacht eine Eule herausflattert. Ganz ungefährlich ist die Arbeit auf dem Dach nicht. Die Männer gehen ohne jede Sicherung hoch. „Ich kenne keinen Schornsteinfeger, der noch nicht vom Dach gefallen ist, mich eingeschlossen“, sagt Marcel Krohn. Glück im Unglück – er blieb unverletzt.