Unternehmen entwickelt und produziert optische Geräte für die Mikrochirurgie. 2014 wurde der Betrieb 150 Jahre alt

Möller und Wedel – das gehört zusammen. Seit 150 Jahren prägt das Unternehmen, das vor zwei Jahren von der Wedeler Gründerfamilie Möller an die Schweizer Haag-Streit-Gruppe verkauft wurde, die Stadt. Spuren finden sich viele. Zum Beispiel unter dem Giebel des Schulauer Fährhauses am Willkomm-Höft. Dort verweist das Firmenwappen bis heute darauf, dass das Gebäude einst zum Unternehmen gehörte.

Die Wedeler haben den Betrieb, der in ihrer Stadt vor 150 Jahren das industrielle Zeitalter einläutete, im Blick – vor allem zur Weihnachtszeit. Dann kommt traditionell ein Baum auf den 1943 erbauten Wasserturm, der auf dem Firmengelände am Rosengarten steht und 39 Meter hoch in den Himmel ragt. „Der Tannenbaum wird auf den Turm gehievt und beleuchtet. Wenn das nur einen Tag länger als gewöhnlich dauert, dann wird bei uns sofort angerufen und gefragt, was los ist“, berichtet Jens Jürgens. Vor zwei Jahren übernahm der ehemalige Abteilungsleiter für Entwicklung die Geschäftsführung.

Die enge Verbundenheit zwischen dem Unternehmen und der Stadt lässt sich auch am Namen ablesen. Möller-Wedel international heißt die GmbH & Co. KG, unter deren Dach die Unterfirmen angesiedelt sind. Unter anderem versorgt Möller 7000 Verbraucher in der Stadt mit Wasser, das auf dem Betriebsgelände gefördert wird. Seit 1999 wurde zudem die Abteilung für optische Messgeräte als Tochterunternehmen Möller-Wedel Optical GmbH ausgegliedert. Für sie sind etwa 20, für das Wasserwerk fünf Angestellte tätig. Die meisten Mitarbeiter zählt der Bereich, mit dem das Unternehmen Möller-Wedel auch weltweit Akzente setzt. 110 Mitarbeiter arbeiten an der Entwicklung und der Produktion optischer Geräte für die Mikrochirurgie.

„Wir schaffen Sicht“, bringt es Jürgens auf den Punkt. Um genau zu sein, verschaffen die Mikroskope aus dem Wedeler Unternehmen weltweit Ärzten einen besseren Durchblick. Die Spezialprodukte finden sich unter anderem in Operationssälen, in den Praxen von Zahnärzten und Hals-Nasen-Ohren-Ärzten sowie in Augenkliniken. Bei diesen optischen Geräten kommt es weniger auf die Vergrößerung als auf die Dreidimensionalität, die Farbschärfe und die Funktionalität an. So machen die neuesten Entwicklungen es dem operierenden Arzt nicht nur möglich, genauer in den Kopf oder Bauch eines Patienten zu schauen, sondern zum Beispiel auch, eine Visualisierung des Tumorgewebes über die Linse zu legen. An einem Bildschirm lässt sich zudem schnell auf Patientenakten zugreifen.

Vier Prototypen eines neuen Produktes für die Neurochirurgie sind derzeit beim TÜV und werden vor der Zulassung noch einmal genau geprüft. „Der Anspruch an ein Medizinprodukt ist hoch“, erklärt Jürgens. Die Zulassung dauere fast genauso lange wie die Entwicklung. Getestet wird etwa auf Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und darauf, ob es wechselseitige Beeinflussungen durch andere Geräte gibt.

Etwa 500 Geräte für die Neurochirurgie verlassen pro Jahr die Wedeler Produktionsstätte. Die größten Absatzmärkte sind derzeit China und Indien. „In diesen Ländern konnte man sich bislang viele der Operationen gar nicht leisten. Der Bedarf wächst dort“, erklärt Jürgens. Auch die USA werden zu einem immer wichtigeren Markt.

Möller-Wedel international will weiter wachsen. „Der Kuchen wird größer und wir wollen uns auch ein größeres Stück davon abschneiden“, gibt der Geschäftsführer die Richtung vor. Derzeit beträgt der Umsatz etwa 20 Millionen Euro. Tendenz steigend. Um den Absatz zu erhöhen, soll der Bereich Vertrieb und Marketing verbessert werden. „Unsere Produkte sind anerkannt, jetzt bauen wir unsere Vermarktung weiter aus“, so Jürgens, der derzeit auch das Unternehmen etwas umstrukturiert. Auf dem 20.000 Quadratmeter großen Firmenareal ist viel Platz. Das liegt unter anderem daran, dass es Zeiten gab, als hier absolute Verkaufsrenner produziert wurden. Etwa der „Anamorphot“, eine Vorsatzoptik für Filmprojektoren, die in den 60er-Jahren in fast jedem deutschen Kino zu finden war. Mehr als 600 Mitarbeiter waren damals für Möller tätig. Die Angestellten arbeiten heute verteilt in den zahlreichen Gebäuden. Das will Jürgens ändern. Dadurch frei werdende Gebäude sollen untervermietet werden. Das langfristige Ziel sei ein Neubau, der den heutigen Ansprüchen an eine Produktionsstätte besser gerecht werde. Gespräche mit der Stadt über die Baupläne gebe es bereits, einen Zeitplan allerdings noch nicht.

Während die Zukunft in manchen Punkten noch etwas ungewiss ist, gibt es über die Vergangenheit viel zu entdecken – in dem Museum auf dem Betriebsgelände. Wer sich für den Mann interessiert, der in einem Wedeler Bauernhaus vor 150 Jahren eine heute weltweit operierende Firma begründete, ist im Möller-Technicon richtig. Es ist jedem ersten Sonnabend im Monat von 14 bis 18 Uhr geöffnet.