Patricia Holtschneider aus Schenefeld und Christine Schmid aus Pinneberg verkaufen Kinderkleidung, Kissen und Taschen übers Internet-Portal Dawanda

Pinneberg/Schenefeld. „Bimbibu“ steht auf dem Briefkasten neben dem Klingelschild von Christine Schmids Wohnung in der Pinneberger Einkaufszone. Wenn sich die Tür öffnet, steigen Besucher die Treppe in den ersten Stock hinauf und treten in einen kleinen Raum. Er beherbergt einen Ständer mit Kinderkleidung auf Bügeln, einen Arbeitstisch mit Nähmaschine sowie Regale mit Stoffen. Schnittmuster auf braunem Papier hängen an der Wand. Es ist eng in dem Zehn-Quadratmeter-Raum mit den grünen Wänden, trotzdem wurde er bis vor anderthalb Jahren als Verkaufsraum genutzt.

Vor sechs Jahren gründete Schmid ihr eigenes Label mit dem klingenden Fantasienamen: „bimbibu – natürlich anders“. Nachdem es sie der Liebe wegen vom Süden der Republik in den Norden verschlagen hatte, eröffnete sie nach ihrer Elternzeit ihren eigenen Laden an der Dingstätte. Doch diese Zeiten sind vorbei: Die 47-Jährige, die mit Mann und Kind auf der gegenüberliegenden Seite des Flures wohnt, verkauft ihre selbstgenähte Kinderkleidung nur noch über das Internet. Fünf Jahre hat die Bekleidungstechnikerin versucht, die Pinneberger mit nachhaltiger Kleidung zu überzeugen. „Das Individuelle wurde nachgefragt, aber die Nachhaltigkeit der Ökotextilien wurde nicht honoriert“, so lautet ihr Fazit.

Obwohl sie ihren festen Kundenstamm hatte, war die kreative Arbeit betriebswirtschaftlich nicht von Erfolg gekrönt. Jetzt arbeitet Schmid zwei Tage festangestellt in einem Stoff-Fachgeschäft in Halstenbek. In der restlichen Zeit ist sie weiterhin selbstständig tätig. „Das möchte ich nicht aufgeben, diese Arbeit ist meine Leidenschaft.“ Sie entwirft und näht Kleidungsstücke für die Kleinen: Kleidchen und Westen aus Wollwalk, Pumphosen aus Feincord und Pucksäcke aus Biobaumwolle.

Ihre bunte Kinderkleidung ist hauptsächlich online zu erwerben: über einen Shop auf Dawanda – dem „Marktplatz für einzigartige Produkte“, so präsentiert sich die internationale Plattform. Alle Produkte sind hergestellt von „Designern und Kreativen“. „Die Kunden, die in der Nähe wohnen, können sich natürlich immer noch meine Sachen angucken“, sagt die gebürtige Süddeutsche, die grundsätzlich optimistisch denkt. „Ich hatte viele schöne Begegnungen mit sehr netten Kunden in dieser Zeit.“ Sie erinnert sich zum Beispiel an einen Großvater, der für seine Enkelin allein ein Kleid aussuchte.

In dem kleinen Kreativ-Raum hängen Tuniken, Kleider, Hosen, Westen und Pippi-Schürzen mit eingenähtem eigenen Label. „Ich habe keine Schneiderei, sondern verkaufe Modelle, die ich zum Beispiel in den Größen abwandeln kann“, erklärt Schmid, die aus einer Schneider-Familie stammt. Oder sie gestaltet sie durch Knöpfe und Borten individuell, je nach Wunsch. Sie verwendet ausschließlich Westfalenstoffe, die einen Ökostandard erfüllen, und einen besonderen Walkstoff aus Österreich.

Christine Schmid, die seit 30 Jahren in der Branche tätig ist, wünscht sich, dass die Kunden die Arbeit Kreativer mehr schätzen. „Die Produkte sind unter großem Einsatz entstanden.“ Deshalb kritisiert sie das Preisniveau bei Dawanda als zu niedrig. Dennoch macht sie weiter und bleibt sich ihrem Motto treu – „natürlich anders“.

Das Portal nutzt auch Patricia Holtschneider aus Schenefeld für ihre Artikel, die sie selber fotografiert und ins Internet-Regal stellt. Vor zwei Jahren hat die Mutter zweier Kinder begonnen, im Keller ihres Einfamilienhauses regelmäßig zu nähen – und die Sachen zu verkaufen. Nächtelang hat sie schon an ihrer Pfaff-Nähmaschine gesessen und gearbeitet – zuerst für die eigenen Söhne, dann für die Freundin, für Bekannte und irgendwann auch für ihren Shop bei Dawanda. „Nähen ist mein Yoga“, lautet ihr Credo. Bei einem Nähkursus in Rellingen frischte sie ihre Kenntnisse aus der Jugendzeit auf, in der sie schon viel gehäkelt und gestrickt habe. Mittlerweile hat sie in ihrem Arbeitszimmer 150 Stoffe auf Lager.

Der 44-Jährigen haben es besondere Muster angetan. Auf dem Stoff ihres Lieblingskissens tummeln sich Skelette – mit Sombrero-Hut, bunten, langen Kleidern, Gitarre spielend und tanzend, in der Manier mexikanischer Totenfeste. „Den Stoff habe ich mir aus den USA mitgebracht. Ich mag extravagante Muster.“ Das erste Kissen sei sofort verkauft worden. Die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau näht auch Taschen, Mützen, Kosmetiktäschchen und Turnbeutel mit Tarnmustern. Ihre Produkte hat sie schon nach München, Nürnberg und Berlin verschickt. Mit der Nachfrage ist Holtschneider sehr zufrieden. Allerdings: „Eigentlich müsste man die Sachen viel hochpreisiger verkaufen, aber das will niemand bezahlen. Reich wird man damit nicht.“

Zwar lautet Holtschneiders Webadresse „die.schenefelder.hausfrau“, aber vormittags, wenn ihre Kinder in der Schule sind, setzt sie ihr Jura-Studium fort und paukt fürs Examen im kommenden Jahr. Und sie verkauft etwa zweimal im Monat im Schenefelder „Zwergenhuus“ Spielzeug und ihre eigene Ware. Nachmittags haben ihre Kinder Priorität, aber abends surrt die Maschine in ihrem Arbeitszimmer. Dann hat sie Ruhe – „ich kann mich entschleunigen“ – und kann sich neue Kombinationen überlegen, wie zum Beispiel ein Kissen aus unterschiedlichen Stoffen: Die eine Seite wärmt durch kuscheliges Kunstfell, während auf der anderen das Muster auf kühlem Kunstleder Totenköpfe zeigt.

„Wenn man Zeit hat, kann man kreativ sein ohne Ende“, meint die vielseitige Schenefelderin und blickt auf Deko-Blätter und kleine Schüsseln aus Beton – selbst hergestellt, versteht sich.