Wie eine besondere Nordmanntanne in Appen ihren Standplatz gefunden hat

Appen. Als er im Sommer dieses Jahres die Einladung zur Einweihung des neuen Gemeindehauses der Sankt-Johannes-Kirchengemeinde in Appen bekam, hatte Rolf Heidenberger eine Idee mit Folgen. Er wollte etwas zur Kirchengemeinde beitragen, eine Spende. Kein Geld, sondern etwas Ideelles: einen Weihnachtsbaum. Mitten auf der Wiese vor dem neuen Gebäude des Pastorats hat die Tanne nun ihren Platz fürs Leben gefunden. Die drei Männer, die sich am späten Mittwochnachmittag zum Fototermin im Gemeindehaus treffen, sind der Pastor der Sankt-Johannes-Gemeinde Frank Schüler, Henning Pein, Besitzer einer großen Baumschule, der den Samen des Bäumchens aus Georgien mitgebracht hat, und Rolf Heidenberger, der Spender.

Der Pastor betrachtet das Bäumchen, dem Heidenbergers Frau Christel den Namen „Johanna die Erste“ in Anlehnung an Sankt Johannes gegeben hat, fast liebevoll. „Rechtzeitig zu Weihnachten brauchten wir hier ja einen Weihnachtsbaum“, sagt er. Bisher trägt Johanna nur ihr grünes Kleid und natürlich eine Kette, wie es sich für eine richtige Dame gehört – in diesem Fall eine Lichterkette mit 100 kleinen Lämpchen. Hat der Pastor die Tanne gesegnet? „Nein, es liegt ja so viel Segen in dem Bäumchen schon drin. Man tauft ein Kind ja auch nicht am ersten Tag“, sagt er und lacht.

Das Besondere an dieser mit 60 Zentimetern noch sehr zierlichen Nordmanntanne mit dem botanischen Namen Abies nordmanniana ist, dass Rolf Heidenberger sie selbst gezogen hat. In ihrem Ursprungsland werden die Samen von sogenannten Mutterbäumen gewonnen, die im Ambrolauri-Gebirge im großen Kaukasus auf einer Höhe von 1400 Metern beheimatet sind. Ein Baum produziert erst ab einem Alter von 30 Jahren die dazu benötigten Zapfen. Sie hängen in den Wipfeln der bis zu 60 Meter hohen Tannen und müssen in Handarbeit von einheimischen Arbeitskräften gesammelt werden. Es ist eine gefährliche Arbeit, von der die Existenz ganzer georgischer Familien abhängt.

Henning Pein war dort und hat Rolf Heidenberger vor sieben Jahren 50 dieser besonderen Samen geschenkt. „Leider kommt meistens nichts raus“, sagt er. Aber dieses Mal kam etwas raus, tatsächlich wurde aus jedem der Samen ein Bäumchen. Das war schon eine Überraschung für Henning Pein. „Frag mich ruhig, wenn du wissen willst, wie es geht“, flachst Rolf Heidenberger. Schließlich ist er der Laie, Pein der Experte.

Doch der schmunzelt nur und sagt ganz andächtig, dass er sich „an diesen Baum immer erinnern wird, denn zu allem, was du mal gepflanzt hast, hast du eine Beziehung“. Gepflanzt haben sie alle gemeinsam, im Oktober, dann ist die ideale Zeit dafür. „Viele Leute gehen hier vorbei und sagen: Das ist ja so ein schöner Baum. In den Städten nimmt man die vielen geschmückten Bäume gar nicht mehr so richtig wahr, aber diesen hier schon“, meint der Pastor. Den Lichterschmuck hat er der Tanne selbst angelegt.

Wie groß kann Johanna eigentlich werden? Pein meint, dass 40 Meter Größe und ein Alter von 120 Jahren erreicht werden könnten. Dann stände ein stattlicher Baum auf diesem Platz, „geboren in Appen und aufgezogen von original Appenern“, wie Rolf Heidenberger anmerkt. „Ich liebe sie, die Gemeinde“, sagt er, „für mich ist der Baum auch ein Symbol meiner Verbundenheit zu ihr, schließlich bin ich ein sehr engagierter Bürger.“ Und so verschenkt er seine Zöglinge gern, aber nicht ohne Bedingungen – denn sie sollen auch etwas bewirken. Voraussetzungen sind, dass es einen Hintergrund und besonderen Platz dafür geben muss. „Noch habe ich drei oder vier Jahre Zeit dazu“, sagt er. Dann sind die Tannen zu groß.

Eine weitere hat er allerdings gerade vergeben und auch sie hat schon einen Namen: In Kürze wird „Dana die Erste“ an ihrem künftigen Platz eingepflanzt, auf dem Gelände des Dana-Pflegeheims in Appen.

Am Ende des Treffens überlegen die drei Männer noch, ob wohl ihre Enkel und Urenkel an „Johanna der Ersten“ vorbei zum angrenzenden Kindergarten gehen werden – es sieht ganz danach aus, als ob ihnen diese Idee sehr gut gefällt. Doch noch ist es nicht so weit. Im Moment ist Johanna einfach ein kleiner, aber ganz besonderer Weihnachtsbaum mit großer Bedeutung.