Bildungszentrum der Regio Klinik qualifiziert ausländische Krankenschwestern für deutschen Markt nach. Nachfrage ist groß

Elmshorn. Auf dem Schildchen, das sie am Revers des weißen Arbeitsblousons trägt, steht unter ihrem Namen „Praktikantin“. Doch sie kann viel mehr, als die Bezeichnung vermuten lässt: Zhanna Karazelidi schloss in ihrem Heimatland Kasachstan vor 15 Jahren eine umfassende Ausbildung als allgemeine Krankenschwester ab. Dann ging sie nach Deutschland und arbeitete zunächst in der Gastronomie, im Restaurant ihres griechischen Ex-Mannes.

Der Traum, jemals wieder in ihrem gelernten Beruf arbeiten zu können, erschien jahrelang unerreichbar. Denn ihr Abschluss wird in Deutschland nicht automatisch beglaubigt. Doch dann erfuhr sie von der Möglichkeit, ihren Berufsabschluss durch eine Nachqualifikation anerkennen zu lassen. Jetzt freut sich die 43-Jährige, dass sie ihrem Ziel ganz nah ist: Mitte Dezember geht der praktische Teil der Nachschulung in der Elmshorner Regio Klinik zu Ende.

Den theoretischen Teil hat Zhanna Karazelidi ebenso wie ihre elf Mitstreiterinnen bereits bestanden. Dann geht sie mit der begehrten Urkunde wieder zurück nach Burg auf Fehmarn, wo ihr Kind und ihr Partner leben. Sorge, dass sie keinen Job als examinierte Krankenschwester bekommt, hat sie nicht. „Ich habe bereits ein Angebot einer Seniorenresidenz erhalten“, erzählt sie mit leichtem Akzent.

Die Vermittlungsquote dieser Maßnahme, die vom Landesamt für Soziale Dienste anerkannt wird, kann sich sehen lassen: „100 Prozent“ kann Iris Gebh, Leiterin des Bildungszentrums, stolz vermelden. Es gebe überall großen Bedarf an Krankenschwestern – in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Seniorenheimen. Die Praxis dieser dualen Nachschulung für Pflegekräfte aus aller Welt habe sich bewährt.

Auch wenn Zhanna Karazelidi sich erst zurecht finden musste mit Fachbegriffen auf Deutsch und mit der Aussprache von Wörtern wie „Molekule“ – der Umlaut ist schwierig für sie sprechen: „Es hat mir großen Spaß gemacht und mir hat es gefallen, mein Wissen wieder aufzufrischen“. Selbstbewusst fügt sie hinzu: „Ich bringe aber auch viel Erfahrung mit.“

Ebenso wie ihre Landsmännin Natalie Salzmann (43), die seit zwölf Jahren in Deutschland lebt und „schon lange auf diese Möglichkeit gewartet“ hat. „Wie man mit einer Spritze umgeht, müssen wir nicht lernen“, ergänzt die gebürtige Armenierin Gayane Grigoryan (38). Ihre fachlichen Fähigkeiten hatte bereits ihre Chefin des Altenheimes in Timmendorfer Strand erkannt, in dem sie bis jetzt als Pflegeassistentin tätig war. Durch die Initiative der Leiterin erhielt sie die Chance zu der Nachqualifizierung. „So ein tolles Programm für Ausländer“, schwärmt sie und ist froh, dass sie jetzt dabei ist.

Hinzulernen muss sie im Bereich der Medikamentengabe, denn aufgrund des Wettbewerbs der Pharmazeuten ändern sich die Marken oft, und die Namen sind dann nicht geläufig. Außerdem ist ein weiterer Aufgabenbereich in deutschen Standards für sie neu: der pflegerische Teil. „Wir haben in meiner Heimat die Patienten nicht selbst gewaschen, das haben Sanitäter oder die Angehörigen übernommen. Wir haben nur kontrolliert.“

Diese unterschiedlichen Standards kennen auch ihre Mitstreiterinnen. So hat die 26-jährige Grency Avellaneda in ihrer philippinischen Heimat Pflege sogar studiert (nach amerikanischem System) und einen Bachelor nach vierjähriger Ausbildung in der Chirurgie und im OP-Bereich abgeschlossen. Sie ist erst seit sieben Monaten in Deutschland und hat sich erstaunlich schnell eingelebt, auch die neue Sprache fällt ihr offensichtlich leicht. Avellaneda ist die Vierte im Kleeblatt, das sich für die Zeit der Nachqualifikation gefunden hat. In der Frühschicht fahren die „Praktikantinnen“ um 5.15 Uhr gemeinsam vom Schwesternheim los zur Regio Klinik, um dann jede auf einer anderen Station ihrer Arbeit nachzugehen. Acht Wochen lang kümmert sich jede um ein Patientenzimmer, betreut von einem Praxisanleiter. Auch schon vor der praktischen Phase in der Klinik haben sie zusammengehalten – beim Lernen und allabendlichen Kochen.

Nach fast vier Monaten Gemeinsamkeit trennen sich ihre Wege bald wieder. Einige werden in ihre Wohnorte, wie Kiel und Flensburg, zurückkehren, um dort in ihrem gelernten Beruf zu arbeiten. Neue Herausforderungen warten zum Beispiel auf die Jüngste, auf Grency Avellaneda, die schon viele Einladungen zu Bewerbungsgesprächen erhalten hat. In jedem Fall sind die Teilnehmerinnen froh, dass ihr ausländisches Diplom endlich anerkannt ist. Künftig kann auf ihrem Namensschild dann „examinierte Krankenschwester“ stehen.

Das Bildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe der Regio Klinik in Elmshorn bietet jedes Jahr eine Nachqualifizierung für ausgebildete Pflegekräfte aus aller Welt an. Das Landesamt für Soziale Dienste bescheinigt nach den Prüfungen die Gleichwertigkeit der Bildungsabschlüsse. Es besteht für Arbeitgeber die Möglichkeit, seinen Arbeitnehmern durch das WeGebAU-Förderprogramm diese Weiterbildung zu finanzieren. Die Agentur für Arbeit stellt Bildungsgutscheine aus. Mehr: www.regiokliniken.de