Eggert Lüthje sammelt seit Jahrzehnten Nussknacker. Die Männchen in seiner Kollektion bilden eine international sortierte Truppe

Halstenbek. Es gibt Menschen, die Steine sammeln; andere erfreuen sich an Trinkgefäßen aus Porzellan, die nicht zufällig als Sammeltassen bezeichnet werden. Gar nicht zu reden von Briefmarkensammlern, für die es nichts Schöneres gibt, als ihren säuberlich katalogisierten Postwertzeichen liebevoll die „Zähne“ zu putzen.

Mit solchen Feinheiten hält sich Eggert Lüthje gar nicht erst auf. Der Halstenbeker Ruheständler hat sich im Laufe der Jahrzehnte eine Kollektion an Nussknackern zugelegt, die er gewöhnlich in Seidenpapier verpackt im Keller seines Eigenheims verwahrt.

Bei Lüthjes Knackern handelt es sich allerdings nicht um jene profanen Zangen, mit denen gewöhnlich den Nüssen aus der Schale geholfen wird. Die Sammlung des gelernten Seemanns und späteren Kaufmanns im Reederei- und Schiffsmaklergewerbe besteht ausschließlich aus jenen meist hölzernen Figuren, die den Namen Nussknackermännchen gewissermaßen als Berufsbezeichnung führen. Nussknackerfrauchen sind Lüthje übrigens nie begegnet.

Einige Nussknacker in der Sammlung sind fast einen Meter groß

Dafür treten die Herren mit dem beißfreudigen Mundwerk gleich in Kompaniestärke an. Der 69 Jahre alte Sammler schätzt den Bestand auf etwa 120 Exemplare. In seinem kombinierten Büro- und Partykeller haben sich die zu Ausstellungszwecken angetretenen Kameraden bereits Tische und Kommoden erobert. Der militärische Jargon passt gut zu der international sortierten Truppe. Die Einheit verhält sich allerdings trotz teilweise furchterregenden Gesichtsausdrucks und überwiegend uniformierter Bekleidung höchst friedfertig – so lange ihr nicht Nüsse in die Quere kommen.

Die meisten der als Palastwache oder Paradesoldaten ausstaffierten Nussknacker verfügen über eine dementsprechend farbenfroh gestaltete Ausrüstung, zu der neben Fellmützen und Helmen oft auch Degen, Säbel und Hellebarden gehören. Doch auch zivile Berufe sind in der Nussknackergemeinschaft zu entdecken. So ist ein Prediger mit Bibel ebenso im Team wie Seeleute, Piraten, Schornsteinfeger und ein Schmetterlingsfänger. Trommler und ein Musikantentrio, das sogar bei Bedarf schräge Töne von sich gibt, runden die Auswahl ab.

Höchst unterschiedlich ist auch die Größe der versammelten Formation. Manche Beißer erreichen nur Bleistiftlänge, die längsten „Kerls“ sind mit knapp einem Meter vermessen – vermutlich lassen sich mit ihnen sogar Kokosnüsse knacken.

Lüthjes Sammelleidenschaft begann erst, nachdem er die Seefahrt der Liebe wegen längst an den Nagel gehängt hatte: „Meine damals noch künftige Frau sagte: Einen Seemann heirate ich nicht.“ Das saß. Der Seebär verordnete sich einen dauerhaften Landgang, um sein privates Glück zu retten. Er blieb allerdings als Schiffsmakler der maritimen Branche treu, nachdem er die erforderliche kaufmännische Ausbildung schon nach zwei Jahren mit der Bestnote absolviert hatte.

Als Marketing- und Verkaufsspezialist war Lüthje viel in Fernost unterwegs. In Japan entdeckte er 1978 in einem Handelszentrum die ersten Nussknackermännchen. „Die haben mich einfach so nett angeguckt“, sagt der Halstenbeker. Prompt kehrte er mit einer Ladung von wohl acht bis zwölf Exemplaren in die Heimat zurück.

Ein großer Teil der Nussknacker stammt aus fernöstlichen Ländern

„Die ursprünglich überwiegend aus dem Erzgebirge stammenden Nussknackerfiguren sind in asiatischen Ländern sehr beliebt”, hat Lüthje festgestellt. Wie sonst auch in anderen Branchen gibt es dort keine Hemmungen, die knackigen Männchen einfach zu kopieren. So bleibt es auch bei den europäischen Gesichtszügen und der traditionellen Gestaltung der Figuren.

Der Schiffsmakler absolvierte seine geschäftlichen Fernostreisen schon aus Zeitgründen selbstverständlich per Flugzeug. Doch seinen Nachschub an Nussknackermännchen mochte er nicht als Handgepäck mit an Bord bringen. So überließ Lüthje den Transport in die Heimat meistens den Kapitänen der Schiffe, für deren Reedereien er unterwegs war.

„Ein großer Teil, doch nicht die meisten Nussknacker stammen aus fernöstlichen Ländern wie Japan, Taiwan und Südkorea”, sagt Lüthje. Denn der Sammler stöberte auch viel auf Weihnachtsmärkten in heimischen Regionen wie Lübeck, Celle, Uelzen, Lüneburg und im Kreis Pinneberg, um seine Raritäten-Kollektion anzureichern.

Doch nun will ich sich der Oberbefehlshaber der Nussknackertruppe nach 36 Jahren „schweren Herzens“ von seiner Sammlung trennen. Einige Exemplare seiner Sammlung hat er schon Altenheimen gespendet. Den übrigen Bestand möchte der Sammler nun zu „angemessenen Preisen” als Einzelstücke veräußern. Kontakt kann unter der Telefonnummer 0171/9781743 aufgenommen werden.

Seit 2007 ist Eggert Lüthje im Ruhestand. Doch über mangelnde Beschäftigung kann er nicht klagen. Als Hobby-Schriftsteller hat der gebürtige Rellinger schon verschiedene Episoden seiner Seemannsjahre und eine 700 Seiten umfassende Biografie zu Papier gebracht. Nebenbei ist Lüthje an der Hamburger Universität eingeschrieben: Im Rahmen des Kontaktstudiums für ältere Semester hat er unter anderem passenderweise die Geschichte der deutschen Schifffahrt und die Ära Bismarcks belegt. Ob der Eiserne Kanzler auch Nussknackermännchen besaß, ist allerdings nicht überliefert.