Beim Info-Abend in der Türkischen Gemeinde in Pinneberg ermuntert Polizist Harun Biner junge Menschen, sich für den Polizeidienst zu bewerben

Pinneberg. Sie sind in Schulen, auf Messen und Veranstaltungen – Polizisten auf der Suche nach geeigneten Bewerbern für den Polizeidienst in Schleswig-Holstein. Denn auch dort macht sich der demografische Wandel bemerkbar, die Bewerberzahlen sind in den vergangenen Jahren spürbar zurückgegangen.

Einer dieser Berater ist Polizeiobermeister Harun Biner. Auf seiner Tour durchs Land hat er am Donnerstag Station in Pinneberg gemacht, bei der Außenstelle der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein. Denn auf der Suche nach Fachkräften kann auch die Polizei es sich nicht leisten, mögliche Bewerber mit Migrationshintergrund nicht zu erreichen. Deshalb gibt es Informationsabende wie diesen, den Aysel Atasoy-Boyraz von der Türkischen Gemeinde organisiert hat, die seit neun Jahren mit der Landespolizei kooperiert.

Der Raum ist gut gefüllt: Rund 20 junge Menschen sind in den zweiten Stock am Rübekamp gekommen, etwa ein Drittel von ihnen sind junge Frauen. Nicht alle haben einen Migrationshintergrund, und Biner will auch keinen großen Unterschied zu seinen anderen Veranstaltungen machen. „Wir brauchen keine Quote bei der Polizei. Ich will nicht wegen meiner Herkunft bevorzugt werden“, meint Biner, der selbst türkische Wurzeln hat. „Aber je multikultureller, umso besser.“

Er beginnt mit einer Einführung zu den Arbeitsbereichen. So gebe es die Schutzpolizei – „Da geht ihr auf Streife, müsst aber auch sehr viel schreiben“ –, die Wasserschutzpolizei – „Im Grunde das Gleiche auf dem Wasser, aber stellt euch das nicht wie bei ‚Alarm für Cobra 11‘ vor“ – und die Kriminalpolizei – „Natürlich ermittelt ihr da nicht gleich am Anfang in einem Mordfall, sondern übernehmt erst einmal einen Einbruch.“ Im Raum herrscht Stille, die Jugendlichen hören konzentriert zu.

Also geht Biner zu den Voraussetzungen für eine Bewerbung über. „Frauen müssen mindestens 1,60 Meter groß sein, Männer 1,65, außerdem müsst ihr körperlich gesund sein und mindestens 50 Prozent Sehschärfe vorweisen können.“ In Deutsch, Englisch, Wirtschaft/Politik und Sport muss mindestens eine Drei auf dem Zeugnis stehen, wer Abitur gemacht hat, braucht einen Durchschnitt von 2,8 oder besser. Vorstrafen seien ein Ausschlussgrund, betont Biner. „Darauf können wir verzichten.“ Wer mal zu schnell mit der Mofa gefahren sei, müsse sich aber keine Sorgen machen. Nun kommt doch eine Frage.

Was sei mit Vorstrafen von Vätern oder Brüdern? In der Türkei sei es ja üblich, sich bei Bewerbungen auch die Familie anzusehen. „Das ist uns egal“, sagt Biner. „Auch eure Herkunft spielt keine Rolle. Es ist egal, ob ihr türkisch oder russisch seid, entscheidend ist allein der Test.“ Auch die deutsche Staatsangehörigkeit sei keine Voraussetzung, beantwortet er eine weitere Frage. Ob ein Schwimmabzeichen notwendig sei, will ein junger Mann wissen. Ja, sagt Biner, der Freischwimmer. „Den könnt ihr einfach im Schwimmbad beim Bademeister machen.“

Wer hinter diese Punkte einen Haken setzen kann, wird zur Aufnahmeprüfung zugelassen. Dabei müssen die Bewerber ein Diktat schreiben, einen IQ-Test machen, einen Sportparcours schaffen und in einer mündlichen Prüfung ein Kurzreferat halten. Mit guter Vorbereitung sei das wirklich zu schaffen, macht Harun Biner den Jugendlichen Mut. „Schreibt viel, lasst euch Texte aus einer guten Zeitung diktieren, leiht euch Fachbücher aus oder googelt einfach mal nach typischen Testfragen.“ Für den Parcours sei es wichtig, vorher regelmäßig trainiert zu haben, betont er und spricht gezielt die Besucherinnen an. „Türkische Mädchen sind oft nicht gut vorbereitet, weil sie wenig Sport machen.“

Harun Biner ist in einem Lübecker Stadtteil aufgewachsen, der als sozial eher schwach gilt. Er hat einen Hauptschulabschluss gemacht, sattelte dann die Mittlere Reife drauf. Auf dem Weg zur Fachhochschulreife bestand er die Prüfung bei der Polizei – im dritten Anlauf. Nun ist er Ende 20 und Polizeiobermeister. Das erzählt er auch den Jugendlichen in Pinneberg. Seine Botschaft: „Ich habe das auch geschafft, obwohl ich kein Deutsch-Ass war. Wer das wirklich will und sich gut vorbereitet, hat gute Chancen, den Test zu bestehen.“ Und wer diese Hürde überwunden habe, werde mit großer Wahrscheinlichkeit auch eingestellt.

Ein solides Gehalt von Anfang an, Übernahmegarantie, gute Entwicklungsmöglichkeiten, Teilzeitmodelle für Mütter und Väter – der Polizist kann viele positive Aspekte seines Berufs aufzählen. Er mahnt jedoch, auch die negativen Seiten zu bedenken. Dazu gehörten der Schichtdienst, die körperliche und auch die psychische Belastung, zum Beispiel bei einem schweren Unfall. „Fragt euch, ob ihr das schaffen könnt.“

Beyza ist fest entschlossen, es zu versuchen. „Ich wollte schon immer Polizistin werden“, sagt die 18-Jährige aus Uetersen. „Ich finde es einfach gut und richtig, für den Staat zu arbeiten.“ Ein Praktikum bei der Polizei hat sie bereits hinter sich, Sport macht sie auch, für die Prüfung fehlt ihr noch das Schwimmabzeichen. Aber das sei kein Problem, meint die Schülerin. Nach dem Realschulabschluss arbeitet sie zurzeit auf das Abitur hin, aber sollte es mit der Ausbildung klappen, will sie sofort einsteigen. Dabei malt Beyza sich gute Chancen aus. „Ich sehe das Potenzial bei mir und weiß, dass ich gewisse Dinge auch schaffen kann.“

Auch für Safak war der Polizeidienst immer ein Traum. Für die Prüfung will der 19-Jährige aus Pinneberg an seiner Grammatik arbeiten, bei dem Sporttest sieht er kein Problem. „Ich war noch nicht ganz entschlossen“, sagt er nach der Veranstaltung. „Aber der Polizist hat mich überzeugt. Jetzt will ich mich auf jeden Fall bewerben.“