61 Halter im Kreis Pinneberg von Stallpflicht wegen Geflügelpest betroffen. Nabu zweifelt Übertragungstheorie an

Kreis Pinneberg. Schluss mit dem Ausgang. Seit diesem Sonnabend gilt für zahlreiche Hühner im Kreis Pinneberg eine Stallpflicht. Grund für das vom Kreis Pinneberg verhängte Leben hinter Gittern ist die Geflügelpest. Die hochansteckende Viruskrankheit, die erstmals bei Masttieren auf einem Hof in Vorpommern Anfang November entdeckt wurde, hat die Behörden in Alarmbereitschaft versetzt. Als dann der gefürchtete Vogelgrippe-Virus H5N8 bei einer wildlebenden Krickente nachgewiesen wurde, zogen die Behörden die Notbremse. Um eine Ausbreitung zu verhindern, hat auch die Pinneberger Kreisverwaltung für die Gebiete, in denen vor allem Zugvögel Station machen, die Stallpflicht angeordnet.

Insgesamt gibt es im Kreis Pinneberg 564 registrierte Geflügelhalter. Von der verhängten Stallpflicht sind 61 Halter betroffen. Einer von ihnen ist Helmut Steinke. Der Hetlinger besitzt elf Hühner, die in einem überdachten Auslauf leben. Geflügelpest? Was andere besorgt aufflattern lässt, macht dem Senior keine Sorgen. Die Anordnung, das Federvieh einzusperren, nimmt er gelassen. Ändern muss er an der Haltung seiner Tiere nichts, wie er sagt. „Ich lasse sie im Stall und der ist überdacht“, so Steinke, der auch Mitglied im Verein Rassegeflügelzuchtverein Wedel, Holm und Umgebung ist. Chef der Vereinigung, die insgesamt 40 Mitglieder zählt, ist Hartmut Kieselbach. Kieselbach selbst ist nicht betroffen, er lebt in Holm und somit außerhalb der Stallpflicht-Zone. Aber ihn haben einige Anrufe von Mitgliedern erreicht, die wissen wollten, wie sie sich jetzt am besten verhalten. „So ein Huhn hat den Drang nach draußen“, sagt er. „Die betroffenen Besitzer sind verpflichtet, das irgendwie zu verhindern.“ Kieselbach weiß von zehn Mitgliedern seines Vereins, die von der Stallpflicht betroffen sind. Sie halten im Durchschnitt zehn bis 15 Tiere. Richtige Probleme würde ihnen die Anordnung, die auch stichprobenweise vom Veterinäramt überprüft wird, aber nicht bereiten. „Aufgeben wird deshalb keiner“, ist er sich sicher.

Von Aufgeben ist auch mit Blick auf die Geflügelschau in Elmshorn an diesem Wochenende keine Rede. „Wir ziehen das durch“, sagt Züchter Willi Hüllmann aus Seestermühe am Freitag. Er ist mit seinen elf Deutschen Zwerghühnern angereist. Die Tiere flattern in den ´quadratförmigen Käfigen mit ihren Flügeln umher, sie scheinen quicklebendig und gesund. Das hat der Veterinär bestätigt, der alle Tiere im Vorfeld eigens untersucht hatte. Unter den Dächern der zwei Veranstaltungshallen der Omnibusfirma Johannes Meissner seien die Vögel auch sicher vor den Gefahren der Geflügelpest, so Hüllmann.

Zurücklehnen können sich scheinbar die Taubenzüchter, deren Tiere nicht hinter Gitter müssen. „Tauben können den Erreger offenbar nicht bekommen oder übertragen“, sagt Hans-Dietrich Thun aus Elmshorn. Er hatte nach der Bekanntmachung der Stallpflicht sofort beim Kreisveterinäramt angerufen. Der Züchter der Holsteinischen Reisevereinigung Elmshorn lässt die Tiere wie jeden morgen weiterhin raus zum Freiflug.

Während die Halter und Züchter die Lage in der Regel entspannt sehen, erreichten Marco Sommerfeld von der Carl Zeiss Vogelstation einige aufgeregte Anrufe von Naturfreunden, die nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen und sich vor einer Übertragung des Virus auf den Menschen fürchten. Wobei solch ein Fall bislang nicht bekannt ist. Der Leiter der Vogelstation in der Wedeler Marsch rät trotzdem dazu, tote Vögel nicht anzufassen. Um eine Übertragung durch Kot unter den Vögeln vorzubeugen, empfiehlt er für den Winter Futteranlagen, bei denen die Tiere sich nicht verunreinigen können.

Laut Sommerfeld machen in der Marsch pro Jahr etwa 25.000 Zugvögel Station. Besonders für Wasservögel ist die Region eine der bedeutendsten Norddeutschlands. Die Vorsichtsmaßnahmen des Kreises Pinneberg kann er allerdings nur teilweise verstehen. Der Naturschutzbund (Nabu) kritisiert, dass noch kein Beweis dafür erbracht wurde, dass Wildvögel den Virus in heimische Nutzgeflügelbestände eingeschleppt haben. Es könnte genauso gut anders herum gewesen sein. Wildvögel könnten sich beim Nutzgeflügel oder über deren Abfallprodukte angesteckt haben. Der Nabu fordert, bei den betroffenen Massentierhaltungen die Infektionswege zu identifizieren, um diese in Zukunft ausschalten zu können.