Zeugen haben offenbar Angst, in Dopingring-Prozess den Angeklagten Hans-Jürgen B. zu belasten

Elmshorn. Die Mauer des Schweigens war fast greifbar. „Es ist schon auffällig, dass die geladenen Zeugen Angst haben zu kommen. Und wenn sie erscheinen, dann mit einem Rechtsanwalt als Beistand“, stellte Richterin Renate Päschke-Jensen am dritten Prozesstag gegen den mutmaßlichen Kopf des Elmshorner Dopingrings, Hans-Jürgen B., 64, und seine wegen Beihilfe mitangeklagte Lebensgefährtin Astrid B., 51, fest. Der einstige deutsche Seniorenmeister im Bodybuilding führte das Kraftsportzentrum Athletenschmiede und soll von dort aus laut Anklage einen schwunghaften Handel mit Dopingsubstanzen und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln betrieben haben.

Die Staatsanwaltschaft ließ monatelang die Telefone der Angeklagten abhören, sodass eine Vielzahl von Geschäften und Reisen des Hauptangeklagten nach Polen, wo er den Großteil der Substanzen erwarb, aktenkundig sind. Und doch können oder wollen sich fast alle Abnehmer vor Gericht nicht mehr an die Geschäfte mit Hans-Jürgen B. erinnern. Sechs Zeugen hörte das Schöffengericht am dritten Prozesstag. Die Bilanz: Einer sagte kurzfristig mit einer Ausrede ab, vier beriefen sich teilweise mit anwaltlicher Hilfe auf ein Zeugnisverweigerungsrecht oder Erinnerungslücken. Nur Matthias N., 40, räumte ein, von Hans-Jürgen B. die Dopingmittel bezogen zu haben. „Ich wollte bei den norddeutschen und den deutschen Meisterschaften und der Wahl zum Mister Universum antreten“, so der Zeuge.

Nach dem Training war die Tasche voll mit den bestellten Dopingsubstanzen

Als trotz harten Trainings der Muskelaufbau nicht wie gewünscht vonstatten ging, habe er Hans-Jürgen B. „nach anderen Sachen“ gefragt. „Ich habe 300 Euro pro Monat gezahlt. Wenn ich mein Training beendet hatte, lagen die Substanzen in meiner Tasche“, berichtete der 40-Jährige. Sein Traum von den Meisterschaften zerplatzte. „Wenige Tage vorher kam die Polizei und hat alles beschlagnahmt.“ Das abrupte Absetzen der Mittel habe schwere gesundheitliche Folgen gehabt. „Ich war ein halbes Jahr in Behandlung, bis sich mein Stoffwechsel normalisiert hatte.“

Anil D., 24, der wegen Handels mit Dopingmitteln zu einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten verurteilt wurde, wollte Hans-Jürgen B. nicht als Verkäufer identifizieren. Und auch Rainer F., 54, der per Strafbefehl zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, schwieg zu dieser Frage. Ebenso wie Dennis D. (32, sieben Monate zur Bewährung). Stephan K., 45, ließ sich nur entlocken, den Hauptangeklagten von Wettkämpfen her zu kennen. Ganz einsilbig wurde der Zeuge, als Staatsanwältin Sandra Nehlep erinnerte, vor kurzem eine Strafanzeige wegen Bedrohung gestellt zu haben. „Meine Reifen wurden zerstochen und ich bekam Drohanrufe. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“

Eine Aussage machte die Mitangeklagte Astrid B., die jedoch jede Tatbeteiligung abstritt. Sie will lediglich Diätpläne für die Bodybuilder erstellt haben. Anfragen zu Dopingmittel habe es zwar gegeben, diese habe sie an ihren Lebensgefährten weitergeleitet. Dass der solche Mittel verkaufte, will sie nicht gewusst haben.