In diesem Jahr wurden bereits 270 Fälle von Vernachlässigung und Quälerei beim Kreis Pinneberg gemeldet

Kreis Pinneberg. Eine Herde von 21 Rindern wird vom Ordnungsamt Rantzau zum Abschuss freigegeben, weil diese mehrfach ausbüxte und sich angeblich nicht mehr beruhigen ließ. Magere Ponys werden auf einer Weide ohne Unterstand entdeckt. Zwei Fälle aus Bokholt-Hanredder, die derzeit das Kreisveterinäramt beschäftigen.

Im Kreis Pinneberg sind dies jedoch keine Einzelfälle. Immer wieder kommt es vor, dass Tiere auf der Weide nicht ausreichend mit Futter und Wasser, versorgt werden, Unterstände sowie Einzäunung fehlen und die Tiere auf matschigem oder gefrorenem Boden stehen müssen. Aber auch im Bereich Heimtierhaltung oder Hobbyhaltung finden sich immer wieder Beispiele, in denen zu viele Tiere auf zu engem Raum gehalten werden, den Haltern Sachkenntnisse sowie finanzielle Mittel fehlen und am Tierarzt oder Futter gespart wird.

„Der Fall in Bokholt-Hanredder (der Abschuss der Rinder, die Redaktion) ist in dieser Dimension beziehungsweise mit diesen drastischen Konsequenzen aber bislang einzigartig“, sagt Kreissprecher Oliver Carstens. Hier seien einige sehr unglückliche Umstände zusammengetroffen. So sei zum Beispiel das Ordnungsamt zu spät eingeschaltet worden.

Generell nehme die Anzahl der zu bearbeitenden Tierschutzfälle zu. „Das hängt möglicherweise auch mit der gestiegenen Sensibilität der Bevölkerung zusammen, aber auch mit den zunehmenden Anforderungen an die tiergerechte Haltung.“ 270-mal musste das Kreisveterinäramt, das als Behörde verpflichtet ist, Tierquälerei und tierschutzwidriger Haltung nachzugehen, seit Januar 2014 einschreiten – schon jetzt häufiger als im gesamten vergangenen Jahr. Darunter fallen allerdings auch Nachkontrollen.

Tierquälerei ist eine Straftat. Laut Tierschutzgesetz wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, „wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder einem Wirbeltier entweder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt“. Die Formulierung gibt Interpretationsspielraum. „Häufig handelt es sich um Grenzbereiche, die zum Teil schwer nach- oder beweisbar sind und im Einzelfall tierärztlich bewertet werden müssen“, sagt Carstens. Klar ist: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Sind die Bedingungen für die Tiere untragbar, werden sie vom Amt anderweitig untergebracht. In schweren Fällen wird ein Tierhaltungsverbot angeordnet und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Im Falle der abgemagerten Pferde ist das Ordnungsamt Rantzau in Kontakt mit der Halterin und wird prüfen, ob die Tiere ausreichend versorgt und die von der Amtstierärztin angeratene Untersuchung durch einen Tier gemacht wird. Da die Weidefläche nicht für eine Winterhaltung geeignet ist, muss die Halterin auch für eine andere Unterbringung sorgen. Gegen den Rinderhalter aus Bullenkuhlen ermitteln Polizei und Kreisveterinäramt. Am Montag wurde sein Hof inspiziert.

Wem Fälle von Tierquälerei und Vernachlässigung auffallen, sollte die örtlichen Veterinär- oder Ordnungsämter informieren. Auch Tierschutzvereine sind eine gute Anlaufstelle und können in weniger schweren Fällen vermitteln. Auch die Polizei muss tierschutzrelevanten Missständen nachgehen.