93 Teilnehmer debattieren beim zweiten Bürgerkongress der Stadt über Flüchtlingshilfe und urbane Gemüsegärten

Schenefeld. Einmal Schmetterling sein oder einfach herumhummeln: Nein, wir befinden uns nicht in einem Insektenhotel oder auf einer Blumenwiese, sondern mitten im Schenefelder Rathaus. Am Sonnabend trafen sich dort 93 Teilnehmer zum zweiten Bürgerkongress der Stadt unter dem Motto „Energie ist mehr als Strom“.

Tierisch ging es dabei nur in Bezug auf die angewendete Methode zu. „Open Space“ heißt das US-amerikanische Prinzip, was in etwa bedeutet: Jeder darf alles in gewissem Maße tun und denken. Die Methode, die Harrison Owen 1985 entwickelte, soll dabei helfen, die Kreativität von zahlreichen Menschen in Bahnen zu lenken. Die Hummel und der Schmetterling stehen dabei symbolisch für die Möglichkeit aller Teilnehmer, jederzeit die Projektgruppen zu wechseln, sich dabei gegenseitig zu „befruchten“ oder wie Schmetterlinge die jeweiligen Projekte mit ihrer Anwesenheit zu verschönern.

Dass diese Methode funktioniert, hat der erste Schenefelder Bürgerkongress gezeigt. Auf Initiative der Bürgermeisterin Christiane Küchenhof trafen sich 2011 erstmals Bürger, Politiker, Vertreter von Vereinen und Institutionen, Unternehmer und Mitarbeiter der Verwaltung im Rathaus, um Schenefeld gemeinsam ein kleines Stückchen besser zu machen. Das ist so gut gelungen, dass es in diesem Jahr eine Neuauflage gab. „Wir wollen die besten Idee aus Ihnen herauskitzeln“, gab Küchenhof das Startsignal für den Bürgerkongress.

Wie gut diese Ideen seien können, zeigt die Schenefelder Tafel. Die Initialzündung zur Gründung des späteren Vereins, der heute enormen Zulauf hat und rund 200 Bedürftige pro Woche mit Lebensmitteln versorgt, gab der Bürgerkongress 2011. Sozialarbeiterin Lisa Strobl hatte das Thema vorgeschlagen – „ganz spontan“, wie sie sagt.

Der Freiraum, die Kreativität während des Kongresses und das Vorbild des Vereins Glücksgriff hätten ihr den Mut gegeben, das Projekt damals anzustoßen. „Ich konnte etwas zum Thema machen, was ich gern für die Stadt haben wollte. Wofür mir allein aber Zeit und Kraft fehlten“, erinnerte sich Strobl, die anlässlich des zweiten Bürgerkongresses eines von vier Impulsreferaten hielt. Sie bestärkte die Anwesenden darin, mit ihrer Energie nicht hinter dem Berg zu halten, Vorschläge zu machen, sich etwas zu trauen. „Dann werden vielleicht weitere Ideen Wirklichkeit“, so Strobl.

An guten Vorschlägen mangelte es den Teilnehmern auf jeden Fall nicht. Zum Beispiel die von Ise Trittin. Sie war eine von denen, die mit einem Anliegen ins Rathaus kam. „Was ist mit den Flüchtlingen in Schenefeld?“, wollte sie wissen. Über Halstenbek habe sie gelesen, dass man dort eine Willkommenskultur pflegen wolle. „Wer kümmert sich in Schenefeld um die Menschen?“ fragte sich die Seniorin. Sie war am Sonnabend nicht die Einzige, die helfen wollte. Schnell bildete sich zu dem Thema eine Arbeitsgruppe, die über Vernetzung, ehrenamtliche Arbeit und Fördermöglichkeiten sprachen. Mitarbeiter aus der Verwaltung und Politiker saßen mit am Tisch.

Ziel ist es, die Themen später in den jeweiligen politischen Ausschüssen zu besprechen und einiges dann auf den Weg zu bringen. So wie vielleicht den Vorschlag von Holger Lilischkis, der sich für einen gemeinschaftlichen urbanen Gemüsegarten in Schenefeld aussprach. Als er gelesen habe, wie stark sich die Lebensmitteltransporte auf den Energiebedarf beziehungsweise den CO2-Ausstoß auswirkten, sei er auf die Idee gekommen, Gemüse vor Ort anzubauen. „Warum nehmen wir nicht den Spaten in die Hand?“, fragte er in die Runde und fand Gleichgesinnte, die gleich Grundstücke vorschlugen.

Der Schenefelder Willy Kanow war voller Energie für ein Thema, das er eigens für die Konferenz in den vergangenen Wochen aufwendig vorbereitet hatte. Er warb in Hinblick auf die energieeffiziente Musterkommune, die Schenefeld werden will, für mehr Bürgerbeteiligung. Dafür möchte er eine Internetplattform schaffen. Das virtuelle „Haus der Energiewende“ ist als Informationssystem gedacht und soll Bürgern helfen, Projekte umzusetzen.

Energieportal, Flüchtlingshilfe, Gemüsegärten, saisonale Biotonnen, ÖPNV- und Radwegeausbau, Initiative für mehr Jugendbeteiligung, die Rolle der Medien, eine LSE-Abfahrt Achter de Weiden, die Größe der Stadt – auch wenn Kritiker die Anzahl der Kongressteilnehmer im Verhältnis zu Politikern und Rathausmitarbeitern als zu gering bemängelten, zeigt die Zahl der Ideen, dass Schenefeld ein enormes Energiepotenzial hat: die Bürger.

Protokolle zum Bürgerkongress finden sich im Internet auf www.stadt-schenefeld.de