Eine Glosse von Heide Linde-Lembke

Ich liebe Briefmarken, diese bunten zackigen Bildchen, Zierde eines jeden Briefes. Jetzt, im Zeitalter von E-Mail, SMS, Twitter und Co. erfahren sie sogar Seltenheitswert. Um den guten alten Brief zu pushen, legt die gute alte Post immer neue Motive auf. Mein Favorit ist zurzeit „Der kleine Prinz“ zu 60 Cent. Für das Bild mit dem kleinen Knirps auf der Weltkugel, auch Cover des Buches, verzichte ich sogar auf die schnellere E-Mail.

Oder die Richard-Strauss-Marke. Ebenfalls zu 60 Cent. Oder das Doppel-Porträt Johann Gottfried Schadow für 60 Cent. Die Marke steht sogar auf der Spitze und gibt dem Brief eine besonders aparte Note. Das geht mit einer E-Mail einfach nicht und schon gar nicht per SMS. Für 1,45 Euro für Großbriefe gibt es eine Hommage an Rachel Hirsch, die vor 100 Jahren als erste Frau im Deutschen Reich Professorin wurde. Oder Gerhard Richters Gemälde „Seestück“ für alle, die gern malen.

Die Auswahl ist groß, und schon mit den Briefmarken können Briefeschreiber eine Botschaft schicken. Doch kaum jemand nutzt diese Vielfalt. Stattdessen klebt auf allen Briefen „1250 Jahre Kloster Lorsch“ von der Maxirolle. Wen interessiert schon das Kloster Lorsch? Was will mir der Absender damit sagen? Dass er keine Lust hat, Briefmarken anzulecken?