Das Unternehmen Bibra stellt für den Weltmarkt Maschinen her, mit denen Blechdosen aller Art produziert werden

Barmstedt. Es liegt versteckt im Gewerbegebiet Schusterring am Rande Barmstedts – dabei genießt das Unternehmen Bibra bei allen Dosenmachern Weltruf. Es ist der einzige Betrieb weltweit, der die Maschinen, Stanzwerkzeuge und Trocknungsöfen anfertigt, die für die komplette Dosen- und Deckelherstellung benötigt werden.

1889, zwei Jahre nach der ersten Dosenverschließmaschine in Hamburg von Richard Biagosch und Wilhelm Brandau als Handelshaus gegründet, ist Bibra heute ein führender Maschinenhersteller für alle Arten von Dosen aus Weißblech.

Der Betrieb, der 70 Mitarbeiter beschäftigt und 15 Millionen Euro Umsatz im Jahr erwirtschaftet, beliefert die Kosmetik-, Automobil-, Chemie-, Getränke und Lebensmittelindustrie. Acht von zehn Zink-Kohle-Batterien auf dem Weltmarkt sind heute auf Maschinen made in Barmstedt hergestellt. Für die Gummierung von unrunden Dosendeckeln besitzt die Firma das Patent und ist Weltmarktführer. Auch die allererste Niveadose, die damals noch schwarzblau war, hat Beiersdorf 1910 mit einer Bibra-Maschine gefertigt. Später kam die Pflasterrolle hinzu.

„Wir lieben die Dose“, bekennt Geschäftsführer Frank Hoffmann, 53, der mit Marc Testuz und Lars-Erik Unger einer der drei Gesellschafter des Unternehmens ist. „Zählen wir die Zulieferbetriebe mit, versorgen wir 300 Leute“, sagt der Manager stolz. „Kein anderes Unternehmen unserer Branche hat diese Fertigungstiefe wie wir.“ Die Blechdose stehe bei Umweltschützern zu Unrecht in Verruf. „Weißblech wurde schon immer aus den Abfällen herausgeholt. Heute wird es zu 95 Prozent recycelt. Es gibt kein Behältnis, das so oft eingeschmolzen wird. Und keins, das so glänzen kann wie eine Dose.“

Der Bibra-Chef kennt sich gut aus in der Geschichte seiner Branche. „Die Dose ist seit 200 Jahren wichtig für die Weltpolitik und die Wehrtüchtigkeit eines Landes.“ So war es Napoleon Bonaparte I., der 1795 eine Belohnung von 12.000 Goldfrancs aussetzte für ein Verfahren, das Lebensmittel länger konservieren konnte, und so die Erfindung der Konservendose initiierte. Erst 1810 kreierte Peter Durand die erste Konservendose, der als Brite aus einem Land kam, das mit Frankreich verfeindet war. „Hätte Napoleon, der damals das größte Heer Europas besaß, schon die Dose gehabt, hätte er den Russlandfeldzug bestimmt gewonnen und wir hätten heute statt des Euro den Franc“, sagt Hoffmann schmunzelnd. Auch für die Stahlhelmproduktion war die Blechindustrie von entscheidender Bedeutung, und ein gewisser Herr Beecker wurde 1937 zum Dosenbeauftragten des Naziregimes ernannt. Der begann in der Feldstraße in Barmstedt, Maschinen zur Herstellung von Dosen anzufertigen für die Blechindustrie Reimers und Zeigmeister, die 1958 Fritz Züchner übernahm, allesamt in Barmstedt angesiedelt. Die kleine Maschinenfabrik Beeckers kaufte Bibra in den 1950er-Jahren und baute sie immer weiter aus. 1999 siedelte Bibra dann vom Asia-Haus an der Ost-West-Straße nach Barmstedt um.

Den Siegeszug erlangte die Konservendose dann nach dem Krieg mit Ravioli, Ananas oder Keksen aus der Dose. Sie wurde mit Andy Warhols Suppendosen zum Kunstobjekt und Kulturgut. Selbst die Einführung des Dosenpfands 2003 konnte der Branche nur kurzfristig etwas anhaben. „Solange es Dosen gibt, werden wir auch existieren“, ist Bibra-Mitinhaber Hoffmann überzeugt.

Sein Unternehmen sei glänzend im Geschäft, sagt Hoffmann. Der Modedesigner Jean-Paul Gaultier kauft für seine Cremedosen die Technik in Barmstedt ein. Der Kaugummi-Konzern Wrigleys vertreibt eine Milliarden Bonbondöschen pro Jahr, die Bibra-Maschinen gefalzt haben. Bis zu 4000 Dosendeckel können die Anlagen aus feinsten Blechen der Stärke eines Zehntelmillimeters pro Minute formen. Zudem arbeite sein Unternehmen, das in Barmstedt forscht, entwickelt, produziert und vertreibt, an einer Lösung, die die Getränkeindustrie revolutionieren dürfte: die wiederverschließbare Getränkedose.