Quickborner Förderverein für KZ-Gedenkstätte lud zum Gedenken an Franz-Josef Degenhardt ein

Quickborn. Der Abend war bewegend und ein voller Erfolg. Am Vorabend des 9. November, der an den Beginn der Judenverfolgung im Nazi-Regime 1938 erinnern sollte, lauschten 250 Zuhörer im renovierten Artur-Grenz-Saal in Quickborn den Liedern und Texten des vor drei Jahren verstorbenen Liedermachers und Kreiskulturpreisträgers von 2001, Franz-Josef Degenhardt – gekonnt vorgetragen von seinem Sohn Kai Degenhardt mit Gesang und an der Gitarre und dem Hamburger Schauspieler Rolf Becker.

Dieses Konzert war die erste Veranstaltung, zu der der in diesem Jahr neu gegründete Förderverein Henri-Goldstein-Haus einlud, der das ehemalige Lager jüdischer Kriegsgefangener im Himmelmoor zu einer offiziellen KZ-Gedenkstätte anerkannt haben möchte. Zugleich sollte das Programm dazu dienen, das Werk des „leider schon verstorbenen Liedermacher Franz-Josef Degenhardt zu ehren“, der viele Jahre in Quickborn gelebt hat, sagte Fördervereinsvorsitzender Jens-Olaf Nuckel.

Das Publikum ging begeistert mit, wie der immer wieder aufbrausende Applaus zeigte. Dabei war es keine leichte Kost, die Kai Degenhardt und Rolf Becker mit ihrem Programm „Wölfe mitten im Mai“ aufboten.

Diesen Titel gab Degenhardt senior 1965 einem seiner Lieder, mit dem er vor dem aufkommenden Rechtsextremismus in Deutschland warnen wollte, der dazu führte, dass die NPD in sieben der elf westdeutschen Landtage einzogen. Auch heute sei die faschistische Gefahr wieder groß, wie der Erfolg rechtsextremer Parteien in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden bei der Europawahl in diesem Jahr, die NSU-Mordserie und die aktuelle Hooligans-gegen-Salafisten-Bewegung in Deutschland zeigten, sagte Nuckel.

Dazu las Becker wort- und gestenreich aus dem Roman „Zündschnüre“ Degenhardts vor, der sich mit dessen Jugend in den Kriegsjahren beschäftigt. Er, Becker, und Degenhardt, beide Jahrgang 1935 und 1931, entstammten jener Zwischengeneration, „die mit dem Schrecken davon gekommen ist“, zitierte er seinen Freund Degenhardt. „Aber dieser Schrecken lässt sich nicht wegtherapieren.“ Ihr Aufwachsen in einer zunehmend faschistischen Jugend und Gesellschaft habe sie aber allzeit wach gemacht, jeden noch so kleinen neonazistischen Ton zu bemerken und davor zu warnen.

Zugespitzt wurde das Programm mit Texten des Dramatikers und bekennenden Sozialisten Bertolt Brecht. Der war in seiner Analyse des Faschismus zu dem Schluss gekommen, dass „unser Erdteil in Barbarei versinkt, weil die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln mit Gewalt festgehalten werden.“