Vier Tage Ausnahmezustand. Reisende im Kreis steigen auf Alternativen um. Privatbahnen sowie einige Regionalzüge und S-Bahnen fahren

Kreis Pinneberg. Schlechte Nachrichten für Pendler und Bahnreisende: Schon wieder stehen die Züge in ganz Deutschland still. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat erneut zu Streiks aufgerufen. Die letzten Gespräche zwischen GDL und der Deutschen Bahn waren am Sonntag gescheitert. Nun müssen sich Pendler und Reisende auf vier Tage Ausnahmezustand einstellen. Von Donnerstagmorgen um 2 Uhr bis Montagmorgen um 4 Uhr sollen die Züge bundesweit stillstehen.

Viele Pendler aus dem Kreis Pinneberg sind täglich auf die Bahn angewiesen. Am Mittwoch planten einige von ihnen bereits um, suchten nach Alternativen zur Bahn. Torsten Tiedemann fährt jeden Morgen von Wedel nach Hamburg. Während des Streiks will er stattdessen sein Auto nutzen. Doch diese Möglichkeit hat nicht jeder. „Ich habe kein Auto und bin auf die Bahn angewiesen“, sagt Angelika Oberthür. Die 37-Jährige pendelt täglich zwischen Hamburg und Uetersen. Sie hofft auf den angekündigten Notfahrplan für die S-Bahnen. „Sonst muss ich mit dem Bus über Norderstedt fahren. Das dauert deutlich länger.“

Auch Swenja Meier aus Elmshorn besitzt kein Auto. Doch die 33-Jährige hat für die Zeit des Streiks einen eigenen Notfahrplan: „Mein Freund bringt mich nach Halstenbek. Er kommt deswegen später zur Arbeit.“ Auf so einen privaten Fahrservice hofft auch Josephine Busche. „Vielleicht bringt mich meine Mutter zur Schule“, sagt die 16-Jährige, die täglich von Pinneberg nach Elmshorn fährt. „Aber wahrscheinlich werde ich auf den Bus umsteigen müssen.“ Robert Wegner hingegen setzt auf gutes Wetter. „Dann fahre ich mit dem Fahrrad von Pinneberg nach Hamburg“, meint er. Notfalls will der 39-Jährige aufs Auto umsteigen.

Trotz des großen Streiks werden im ganzen Norden Züge fahren. Laut der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS) bieten mehrere private Bahnunternehmen Zugverbindungen nach und aus Hamburg an. So sollen etwa die Züge der Nord-Ostsee-Bahn (NOB) planmäßig zwischen Westerland und Hamburg-Altona fahren. Die Züge Richtung Hamburg halten zum Beispiel am Donnerstag und Freitag zu jeder vollen Stunde in Elmshorn. Einzige Ausnahme ist der Zug um 12.25 Uhr.

Die AKN wird auf den Strecken zwischen Elmshorn und Henstedt-Ulzburg beziehungsweise Norderstedt sowie zwischen Neumünster und Hamburg-Eidelstedt verkehren. Fahrgäste aus Quickborn, Hasloh und Bönningstedt können also nach Hamburg gelangen. Auch die Züge der S-Bahnen sollen trotz des Streiks weiterfahren.

Die Deutsche Bahn will den S-Bahn-Verkehr wie auch bei den vorangegangenen Streiks auf den Linien S1, S3 und S21 im 20- bis 30-Minuten-Rhythmus aufrechterhalten. Die Regionalbahnen der DB Regio AG zwischen Hamburg und Lübeck beziehungsweise Hamburg und Kiel sollen möglichst stündlich fahren. Allerdings könne es aufgrund des Streiks auf allen Strecken zu Verzögerungen kommen, so eine Sprecherin. Die Fahrgäste sollten sich auf verlängerte Reisezeiten einstellen.

Der Ausstand der Lokomotivführer macht sich auch bei Taxiunternehmen und Autovermietungen bemerkbar. „Wenn die Menschen nicht Bahn fahren können, fahren sie Auto“, sagt Burak Bozbay von Europcar in Elmshorn. Auf die Autovermieter habe der Streik positive Auswirkungen. „Wir merken das, wenn ein Streik wie jetzt groß angekündigt wird“, meint auch Stina-Marie Jensen von der Flora-Autovermietung, die Standorte in Elmshorn und Wedel hat. „Viele Kunden reagieren darauf und sprechen uns kurzfristig an.“

Ein bisschen habe er die Auswirkungen des jüngsten GDL-Streiks gespürt, meint Taxifahrer Mehmet Emre, der am Bahnhof in Pinneberg steht. „Es waren nicht viele, aber ein paar mehr Fahrgäste hatte ich schon.“ Auch in Tornesch steigen einige Bahnfahrer aufs Taxi um. „Während der Streiks fahren wir deutlich mehr Kunden nach Hamburg“, sagt Manuela Bethe von City Taxi Tornesch. Dort können Taxis im Voraus reserviert werden: „Eine Reservierung für die Zeit des angekündigten Streiks haben wir schon“, so Bethe. Die fünf Fahrzeuge des Unternehmens stehen in Tornesch am Bahnhof. Die Auswirkungen des Streiks seien aber gemischt, meint Bethe. „Natürlich lassen sich mehr Leute zur Arbeit oder zumindest zu einem größeren Bahnhof fahren. Aber andererseits fehlen auch die Leute, die am Tornescher Bahnhof ankommen und dort ins Taxi steigen.“

Dies beklagt auch Medet Avci, Geschäftsführer von Taxi Pinneberg. Die neun Fahrzeuge des Unternehmens fahren in der Stadt und den umliegenden Gemeinden wie Appen und Rellingen. Avci bezeichnet die Streiks sogar als geschäftsschädigend. „Wir hatten beim jüngsten Streik spürbar weniger zu tun als sonst“, sagt er. „Ich befürchte, dass es diesmal ähnlich laufen wird.“

Im Tarifstreit zwischen der GDL und der Deutschen Bahn konnte bisher keine Einigung erzielt werden. Die Gewerkschaft will nicht mehr nur die Rechte der Lokomotivführer vertreten, sondern auch für die Zugbegleiter einen eigenständigen Tarifvertrag aushandeln. Diese werden allerdings bereits von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten. Die GDL fordert zusätzlich fünf Prozent mehr Einkommen und eine kürzere Wochenarbeitszeit für die Lokomotivführer. Die Bahn verurteilte den Streik als unverhältnismäßig.