Erste Kultur- und Gedenktage vom 6. bis 9. November locken mit Filmen, Vorträgen, Lesungen und Bunkerführung

Am 9. November gedenken wir des Mauerfalls. Aber warum eigentlich? Was ist der Sinn des Erinnerns an vergangene Ereignisse, warum gedenken wir überhaupt, und was ist es wert, erinnert zu werden? Diese Fragen schweißte die Wedeler Bildungseinrichtungen zusammen. Gemeinsam wollen die neun Einrichtungen dem Geheimnis des Gedenkens aus verschiedenen Blickwinkeln nachspüren und haben dafür die ersten Wedeler Kultur- und Gedenktage aus der Taufe gehoben. Von Donnerstag bis Sonntag, 6. bis 9. November, widmen sich Filmvorführungen, Vorträge, Workshops und Stadtrundgänge der Geschichte und dem Rätsel, an was wir uns erinnern.

25 Jahre nach dem Mauerfall geht es dabei natürlich auch um die Zeit des Kalten Krieges, des geteilten Deutschlands und das Leben in der DDR. Allerdings soll das an diesem Wochenende nicht im Vordergrund stehen. „Zu oft wird allein das Ereignis in den Vordergrund gerückt und die Erinnerungskultur an sich spielt keine Rolle. Das ist hier anders“, erklärt Mitorganisator Arno Schöppe. Der Wedeler Weiterbildungsbeauftragte beteiligt sich selbst an der Abendveranstaltung am Donnerstag. „Rücksturz ins Neue“ lautet der Titel einer Podiumsdiskussion in der VHS an der Abc-Straße, die um 19Uhr beginnt.

Für die Veranstaltung konnten die Organisatoren zwei Experten gewinnen. Der gefragte Hamburger Historiker Michael Grill und der Gedenkbeauftragte der Nordkirche, Ulrich Hentschel, sind mit von der Partie. Zudem hält Wedels Stadtarchivarin Anke Rannegger einen Vortrag. Sie fand heraus, wie viele Wedeler im Ersten Weltkrieg tatsächlich ihr Leben ließen. Bislang war man von etwa 221 Gefallen ausgegangen. Die Nachforschungen und langwierige Aktenstudie Ranneggers ergaben: 270 Tote. „Das war ein echter Aderlass für das damals kleine Wedel. Den Familien fehlten die junge Männer“, so Rannegger.

„Es ist erstaunlich, dass Wedel es nicht fertig bringt, diesen 270 Gefallenen eine Gedenkstätte zu setzen. Die meisten anderen Städte dieser Größe haben das hinbekommen“, gibt Thies Bitterling zu bedenken. Der Wedeler Heimatforscher zeigt am Freitag die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges anhand einer Wedeler Familiengeschichte auf. Sein Vortrag in der Stadtbücherei am Rosengarten beginnt um 9Uhr und um 11 Uhr. Büchereileiterin Andrea Koehn bietet für Neuntklässler einen Workshop samt Lesung und Diskussion zu diesem Thema an. Vor allem an Jugendliche richtet sich der Filmabend am 7.November. Von etwa 19 Uhr an wird in der Bücherei der Film „Good Bye Lenin“ gezeigt.

Das Medium Film spielt auch am Sonnabend eine große Rolle. Die engagierten Mitglieder des Vereins Kiwi (Kino in Wedel) stellten gleich ein ganzes Filmfestival auf die Beine. Dabei geht es um den Film in der DDR, die Rolle der Zensur und die Darstellung des politischen Systems. In der VHS, Abc-Straße3, werden jeweils nach einer kurzen Einführung folgende Filme gezeigt: „Berlin – Ecke Schönhauser“ (10 Uhr), „Die Architekten“ (12Uhr), „Fünf Patronenhülsen“ (15Uhr), „Die Mörder sind unter uns“ (17 Uhr) und „Spur der Steine“ (19.30Uhr). Wie bei allen Veranstaltungen der Kultur- und Gedenktage ist der Eintritt frei.

Wer sich aufgrund der zahlreichen Diskussionen und Filmvorführungen nach Bewegung sehnt, der kann mit Thies Bitterling am Sonntag während eines Stadtrundganges vorhandenen und verlorenen Gedenkorten nachspüren. So weiß der Heimatforscher unter anderem zu erzählen, dass die Wedeler um ihre Johann-Rist-Büste kämpfen mussten. Im Ersten Weltkrieg sei sie als Munition eingeschmolzen worden. Nach Ende des Kriegen hätten die Bürger einen Ersatz verlangten, wie er ihnen versprochen worden sei. Nach langem Ringen erhielten sie ein neues Rist-Denkmal. Wer sich für weitere Geschichten dieser Art interessiert, sollte sich um 11.15 Uhr am Pastorat an der Küsterstraße 4 einfinden. Von dort aus geht der Rundgang am Marktplatz vorbei Richtung Rathaus und bei Bedarf weiter die Bahnhofstraße entlang bis zur Doppeleiche.

Der Opfer zu gedenken, sich zu erinnern – das bedeutet für die Wedeler Friedensaktivistin Irmgard Jasker vor allem eines: „Wir müssen aus der Geschichte lernen und begreifen, dass wir kriegerische Auseinandersetzung um jeden Preis vermeiden müssen.“ Von der Wedeler Friedensbewegung als Erbe dieser Geschichte berichtet Jasker am Sonntag von 14 Uhr an während eines Vortrages im Stadtmuseum an der Küsterstraße. Ein weiteres Erbe unserer Geschichte können sich Interessierte anschließend während einer 90-minütigen Führung durch den Atombunker in Wedel ansehen. Treffpunkt: Bunkereingang am Rist-Gymnasium, Am Redder, um 15 Uhr.

Die Wedeler Kultur- und Gedenktage klingen mit einer Gedenkfeier am Sonntag von 19 Uhr an in der Immanuelkirche, Küsterstraße 4, aus. Dann präsentieren auch die Mitglieder der Geschichtswerkstatt die Ergebnisse ihrer Umfrage, was die Besucher der Gedenktage auf keinen Fall vergessen wollen.