In Schleswig-Holstein gibt es 75.000 streunende Katzen, viele sind krank. Jetzt sollen mehr Tiere kastriert werden

Kreis Pinneberg . Schleswig-Holstein hat ein Katzen-Problem, genauer gesagt eines mit streunenden Tieren. Die Population liegt bei etwa 75.000 Tieren. Bekommt eine Katze Junge, vermehren die sich üblicherweise schnell wieder. Innerhalb eines Jahres kann die Katzen-Population dadurch ausgehend von einem Muttertier um 35 Tiere anwachsen. Katzen, die auf der Straße leben, leiden jedoch oft unter Krankheiten und Hunger.

Das Land unternimmt jetzt mit dem Pilotprojekt „Gegen Katzenelend“ etwas gegen diese Situation. Die Behörden unterstützen es finanziell, wenn private Katzenhalter, Tierheime oder Tierschutzvereine männliche wie weibliche Katzen kastrieren lassen. In einigen Fällen werden die Kosten sogar ganz übernommen. So soll verhindert werden, dass die Zahl der streunenden Tiere immer größer wird.

Für Tierheime und Tierschutzvereine bedeutet das Projekt eine große Entlastung. Das Tierheim Elmshorn habe in Zusammenarbeit mit der Stadt auch bisher schon zwischen 100 und 150 Katzen pro Jahr kastrieren lassen, sagt Brigitte Maeder, Vorsitzende des Tierschutzvereins Elmshorn. „Durch das Projekt haben wir jetzt die Möglichkeit, noch mehr Tieren zu helfen“, sagt sie. Die ersten Tiere seien bereits mit Geld aus dem Projekt kastriert worden.

Der erste Aktionszeitraum des Pilotprojekts hat am 15. Oktober begonnen und läuft noch bis zum 14. November. Es sei vor allem ein Probelauf, erklärt Jens-Peter Greve, Präsident der Tierärztekammer Schleswig-Holstein. „Danach haben wir Zeit, nachzudenken und ins Detail zu gehen“, sagt er. „Wir müssen zum Beispiel herausfinden, ob es sinnvoller ist, schon früher mit dem nächsten Zeitraum zu beginnen.“ Bis zur nächsten Aktion im Frühjahr 2015 soll der Ablauf noch verbessert werden.

Auf die Frage, wie das Projekt bisher angelaufen sei, sagt Jens-Peter Greve: „Wir sind zufrieden.“ Nach der ersten Woche hatten Tierärzte bereits rund 160 Abrechnungen für die Kastration von Katzen eingereicht.

Auch Sina Hanke hat im Rahmen des Projekts bereits Katzen kastrieren lassen. Die Rellingerin ist Gründerin und Vorsitzende des Tierschutzvereins Animal Care, zu dessen Projekten auch Kastrations-Aktionen gehören. Für den noch jungen Verein bedeute die Aktion eine Entlastung von etwa 1500 Euro, sagt Sina Hanke. Sie war beeindruckt, wie reibungslos alles ablief: „Ich habe die Katzen beim Tierarzt kastrieren lassen, und der hat dann die Rechnung direkt an die Tierärztekammer geschickt“, sagt sie. „Das ist wirklich sehr einfach.“ Hanke befürwortet das Projekt, glaubt aber, dass noch mehr getan werden kann, um das Elend der Katzen zu lindern.

„Das Pilotprojekt ist wirklich eine tolle Sache“, sagt sie. „Aber man erreicht damit nicht diejenigen, die die Notwendigkeit einer Kastration nicht sehen.“ Ein Beispiel seien landwirtschaftliche Betriebe. „Wir haben auf einem Hof in Schleswig-Holstein mehr als 70 Katzen gefunden, die sich dort ungehindert vermehren konnten“, berichtet Hanke von einem Projekt ihres Vereins Animal Care. Der Landwirt sei aber nicht bereit, Verantwortung für die Tiere zu übernehmen und die Kastrationen zu bezahlen.

In solchen Fällen brauche es mehr Nachdruck, meint Sina Hanke. „Die Kastration darf nicht nur eine Option sein.“ Sie glaubt, dass eine Kastrationspflicht eingeführt werden sollte. Auch Brigitte Maeder vom Tierschutzverein Elmshorn würde eine solche Kastrationspflicht befürworten.

In Schleswig-Holstein gibt es diesbezüglich bereits Planungen. Im Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft in Kiel wird derzeit eine sogenannte Subdelegations-Verordnung vorbereitet, die Mitte November beschlossen werden soll. Darin wird die Verantwortung für das Thema den Kommunen übertragen. Es soll Städten und Gemeinden selbst überlassen bleiben, ob sie in ihrem Bereich eine Kastrationspflicht einführen.

In der Stadt Pinneberg ist von dieser Verordnung noch nichts bekannt. Es würden ohnehin jedes Jahr Wildkatzen auf Kosten der Kommune kastriert werden, sagt Petra Jelinek. Sie ist Fachdienstleiterin für Ordnungsangelegenheiten in der Stadt. „Das Problem ist hier aber nicht so gravierend“, sagt sie. „Wir haben hier nicht solche Massen an Streunerkatzen wie auf dem Land.“