Firma Tempelmann fertigt in Pinneberg Einzelteile für fast jede Branche. Ausbildung wird besonders gefördert

Unten wird schon wieder gearbeitet, im Obergeschoss sind die Räumlichkeiten – wenn überhaupt – provisorisch eingerichtet. Die neue Halle der Firma Tempelmann in Pinneberg ist noch nicht ganz fertig. Nachdem die Finanzkrise von 2008 ein Jahr später auch die Firma Tempelmann erreichte, hat sich der Mittelständler mittlerweile erholt. Der Betrieb expandiert auf dem firmeneigenen Gelände im Pinneberger Industriegebiet.

„Wir haben seit der Krise ein stetiges Wachstum“, sagt Geschäftsführer Hardy Tempelmann, der die Feinwerktechnik-Firma seit 2004 in dritter Generation leitet. Das Unternehmen produziert komplizierte Dreh-, Bohr- und Frästeile für diverse Branchen. Raumfahrt, Automobilindustrie, Schifffahrt, auch Militärtechnik und Luftfahrt – überall finden sich Tempelmann-Teile. Manche sind winzig klein und ultraleicht, andere massiv und faustgroß. Gemeinsam haben sie alle, dass sie im Alltag nicht zu sehen sind, obwohl sie für viele Bereiche unerlässlich sind.

Mehr als 60 Mitarbeiter beschäftigt das Pinneberger Unternehmen, viele haben bei Tempelmann gelernt. Seit mehr als 40 Jahren bildet der Betrieb Fernwerkmechaniker und Industriekaufleute aus. Zwei bis drei Azubis pro Lehrjahr lernen an der Flensburger Straße, im Ganzen sind es zehn Auszubildende. Die meisten werden nach der Lehre in den Betrieb übernommen. Die Firma kooperiert mit Schulen, präsentiert sich auf Messen und bietet einen Tag der offenen Tür an. Außerdem sind laut dem Firmenchef beinahe durchgehend Schüler oder Studenten als Praktikanten im Betrieb.

Dass die Firma mit ihren Teilen so erfolgreich ist, liegt an der Spezialisierung des Unternehmens. Gearbeitet wird meist mit nicht rostenden, amagnetischen, hitze- oder kältebeständigen Stählen, Sonderwerkstoffen wie Titan, Inconel oder Nimonic, Kunststoffen oder nicht rostenden Metallen wie Aluminium, Kupfer und Messing. Außer den schwer zu verarbeitenden Materialien zeichnen sich Tempelmann-Teile durch ihre komplizierte Form aus. Möglich wird dies durch die hochmoderne Frästechnik. In den großen Fräsmaschinen in der neuen Fertigungshalle können einzelne Stücke von fünf Seiten gleichzeitig bearbeitet werden. So wird ein großer Metallwürfel schnell zur komplizierten Verschraubung. Drittes Merkmal der Teile: das komplizierte Handling. Will heißen, die Teile werden nicht von Hobby-Heimwerkern im Badezimmer verbaut, sondern von Monteuren in hochkomplexen technischen oder mechanischen Anlagen.

Während in der neuen Halle die Fräsmaschinen stehen, wird im älteren Hallenkomplex gedreht. Was wenig spektakulär klingt, entpumpt sich als filigraner Vorgang. Das Materialstück, meist als Stange in die Maschine eingeführt, wird in rasend schnelle Rotation versetzt. Verschiedene Schneidewerkzeuge schälen Schicht für Schicht vom Werkstück ab, bis die gewünschte Form erreicht ist. Dabei muss das Material gleichzeitig gekühlt und geschmiert werden. Je nach Produkt werden im Anschluss noch Lackierungen aufgetragen oder Bohrungen vorgenommen.

„Während des gesamten Fertigungsprozesses führen unsere Mitarbeiter immer wieder Kontrollen durch“, sagt Hardy Tempelmann. Diese seien dringend nötig, um die Qualität zu halten und die Sicherheit zu garantieren. „Von vielen unserer Teile können Menschenleben abhängen. Deshalb gibt es bei Lieferungen für unsere Kunden ein Zertifikat, welches bestätigt, dass die Teile einwandfrei sind“, so Tempelmann. Jeder Arbeitsschritt sei nachzuvollziehen. „Bei uns gibt es das Gesamtpaket. Fertigung, Kontrolle, Verpackung, Qualitätsprüfung und wenn gewünscht auch Lagerung.“ Geliefert werden mal zehn Teile, mal 10.000 – je nach Verwendungszweck.

Die Firma Tempelmann ist beispielsweise an den Atemmasken, die im Notfall von der Flugzeugdecke fallen, beteiligt, liefert Verschraubungen an Zuliefererfirmen für den Flugzeugbau. In beinahe jedem großen Passagierflugzeug dürften sich Teile der Pinneberger finden, nur eben nicht auf Anhieb.

Außerdem werden Ventile und Schrauben aus Pinneberg für Marine-U-Boote, für die Luftversorgung von Kampfjetpiloten, für Telekommunikationssatelliten aber auch für spezielle Felgen des Autoherstellers BMW oder zur Prüfung des Wasseranteils im Schiffsöl verwendet. Im James-Bond-Auto aus „Casino Royal“ war eine Tempelmann-Mutter verbaut, ebenso in den Audi-Motoren beim 24-Stunden-Rennen von „Le Mont“.

Etwa 200 Kunden hat der Familienbetrieb, das Portfolio ist bunt. „Wir sind problemsüchtig“, sagt Hardy Tempelmann. Beispiel Klebeband-Applikatoren: Die Firma Tesa brauchte ein Gerät, mit dem ein spezielles Klebeband haargenau an einer Kante aufgebracht werden kann – und zwar in zwei Tagen. Normalerweise beträgt die Lieferzeit des Betriebs sechs bis acht Wochen, allerdings sind auch kurzfristige oder langfristige Aufträge möglich.