In Bokel holten Fischer und Helfer am Wochenende zentnerweise Karpfen, Schleie und Aale aus dem Wasser

Bokel. Das Wasser brodelt vor Fisch. Nur ein schmales Rinnsal ist vom Bokeler See geblieben. Hunderte Karpfen, Schleie, Aale, einige Hechte und Forellen schwimmen direkt auf den Mönch zu. Zwei Fischer versperren ihnen mit Gattern den Rückweg und treiben sie gemächlich voran. Mit Brettern reguliert Rainer Erich den Strom an der Schleuse. Auf der anderen Seite warten Hagen Bohn und Markus Hartmann mit dem Netz. Ein Fisch nach dem anderen landet dort. Mit Keschern werden sie auf den Tresen gewuchtet.

Die Gesichter der Fischer sind mit Modder bespritzt. Mit flinken Handgriffen sortieren sie den Fang nach Größe und Art in verschiedene Bottiche. Die großen Brocken gehen in den Verkauf, die kleinen werden später wieder ausgesetzt, damit sie noch wachsen können. Einige Kinder fischen mit kleinen Keschern nach den Winzlingen, die sich in den wenigen gebliebenen Pfützen sammeln. Zwei Männer hieven jeweils zwei volle Behälter auf einen Handwagen und bringen sie direkt zum Verkaufsstand.

Am Wochenende lockte das Volksfest am Bokeler See wieder Tausende Schaulustige an. Veranstaltet wird das Spektakel alljährlich von Rainer Erich, Teichwirt und Inhaber des „Ringhotel Bokel-Mühle am See“. Etwa vier bis fünf Tonnen Fisch schwimmen in dem 20 Hektar großen See. Rund 15 Zentner Fisch holten die Männer allein am Sonnabend raus. Ein Teil ließen sie für die Schaulustigen am Sonntag drin – und die zahlreichen Fernsehteams, die vom traditionelle Abfischen am Bokeler See berichteten.

„Durch den ARD-Beitrag von Tim Mälzer, der die Qualität von Fisch geprüft hat, haben wir noch mehr Aufmerksamkeit erhalten", sagt Erich. Denn in dem vor Kurzem gesendeten Fernsehbericht wurde deutlich, dass den Meeren Überfischung droht, einige Fischarten mit Quecksilber belastet sind und der Fisch in den Auslagen der Geschäfte bis zu zwei Wochen alt sein kann. Probleme, die man in Bokel nicht hat. „Unser Fisch ist unbelastet und frischer geht´s nicht“, sagt Erich.

Der See wird vom Bach Mühlenau durchzogen. Da die Bokeler Karpfen gegen die Strömung paddeln, setzen sie laut Rainer Erich weniger Fett an. Alle vier Jahre muss der See gekalkt werden – das letzte Mal war vor zwei Jahren, so Erich. „Damit sich Parasiten und Algen nicht ausbreiten können.“ Nach einigen kleineren „Reparaturarbeiten“ wird der Mühlenbach wieder zurück ins Bett geleitet und der See läuft allmählich wieder voll. „Erst einmal nur so viel, dass der See zufrieren kann und die Menschen Schlittschuh laufen können“, sagt Erich. Bei einem niedrigen Wasserstand von etwa 50 Zentimetern können Kinder, die sich vorschnell aufs Eis wagen, nicht untergehen.

Am Fischtresen betäubt Hans Hartmann den Fisch mit einem raschen Hieb auf dem Kopf, nimmt ihn blitzschnell aus und zerlegt ihn küchenfertig. Er ist hier ein Urgestein, seine Erkennungsmarke ist die hochgekrempelte Pudelmütze. Wie viele der anderen Helfer ist Hartmann seit Jahrzehnten beim Abfischen am Bokeler See dabei. Und längst nicht jeder ist Fischer. Jens Melchert ist Altenpfleger, hilft aber jedes Jahr beim Verkauf.

Während an den Ständen draußen Crêpes, Erbsensuppe und Käse verkauft werden, steht im „Ringhotel Bokel-Mühle am See“ selbstverständlich Karpfen in vielen Variationen auf der Karte. Das Rezept der Saison: Domino vom Karpfenfilet an violetter Sauce dazu Karottenbündchen und Kartoffeltaler. Nicht alle Karpfen wurden an diesem Wochenende verkauft. Bis Ende Februar kann der Speisefisch telefonisch unter 04127/94200 in der Bokel-Mühle bestellt und am folgenden Tag abgeholt werden. Der Karpfenpreis, der seit 2003 stabil bei 4,50 Euro das Pfund lag, wurde um 50 Cent angehoben.