Eine Glosse von Rainer Burmeister

Haben Sie es auch in dieser Zeitung gelesen? Das Pinneberger Amtsgericht muss im kommenden Jahr komplett saniert werden. Wegen der umfangreichen Bauarbeiten, die sich von Januar bis Dezember 2015 hinziehen werden, sucht Direktorin Bettina Morik schon jetzt händeringend nach externen Räumen, um Verhandlungen durchführen zu können. Ich meine: Der Dame kann geholfen werden. Wie wäre es denn, frei nach der Devise „Zurück zu den Wurzeln“, künftig altbewährte Verfahrensweisen wiederzubeleben? Schließlich gab es vom 14. bis zum 19. Jahrhundert auf dem Platz vor der heutigen Drostei öffentliche Gerichtsverhandlungen. Schauplatz war die sogenannte „Thingstätte“, die jetzt noch als Teil der Fußgängerzone Dingstätte heißt.

Ein Freispruch unter freiem Himmel – das wäre doch im Sommer mal ein origineller Beitrag zur Belebung der Pinneberger Innenstadt und vermutlich viel spannender und unterhaltsamer als die inszenierten Gerichtsshows im Privatfernsehen.

Man muss ja nicht gleich komplett zu den überlieferten Abläufen der Gerichtsbarkeit von früher zurückkehren. Verzichtbar wäre es wohl, Verurteilte öffentlich an den damals vorhandenen Pranger zu stellen. Dort fanden dann, so heißt es aus dem Stadtmuseum, sogenannte Staup-Exekutionen statt, eine historische Bezeichnung für öffentlich vorgenommene Züchtigungen. Doch auch ohne solche Kraftakte wäre das Publikumsinteresse gewiss groß genug, und die Justiz könnte mal wieder einen Beitrag zu mehr Transparenz leisten.

Wem denn das Open-Air-Amtsgericht doch nicht so recht schmecken sollte, dem bieten sich andere Gaumenfreuden in der Umgebung. Wie wäre es denn mit einem Reisgericht beim Chinesen oder einem Nudelgericht beim Italiener?