Rellingerin ist nach Testfahrwoche überzeugt vom Elektroauto. Doch Aufladestationen sind noch schwer zu finden

Kreis Pinneberg. Das Interesse an der Elektromobilität ist bei Autofahrern in der Region offenbar groß. Die geringe Reichweite dieser Fahrzeuge und die wenigen Stromtankstellen halten allerdings viele noch vom Kauf eines E-Mobils ab. Dabei gibt es bereits zahlreiche Schnellladestationen auch im Kreis Pinneberg, die aber noch wenig bekannt sind. Das ist das Ergebnis der landesweiten Aktion „ePendler“ der Schleswig-Holstein Netz AG in Quickborn. Beworben hatten sich mehr als 2000 Schleswig-Holsteiner. 30 Autofahrer erhielten die Möglichkeit, eine Woche lang kostenlos ein reines Elektrofahrzeug zu nutzen.

Eine von ihnen war Susanne Haag aus Rellingen. Gut 700 Kilometer sei sie mit dem Renault Zeo gefahren, berichtet die IT-Beraterin. „Ich bin begeistert und überlege mir jetzt ernsthaft, ein Elektroauto zu kaufen.“ Sie hält Elektrofahrzeuge für „innovativ und umweltfreundlich.“ Auch der Preis sei in Ordnung. Das Fahrzeug gibt es neu ab 21.700 Euro, dazu kommen etwa 100 Euro im Monat für die Miete der Batterie. Mit diesem positiven Urteil steht sie nicht allein da. „Alle Teilnehmer waren davon angetan, wie leise, spritzig und dynamisch die Elektrofahrzeuge sind“, bilanziert Ove Struck von der SH Netz AG. Auch der Fahrkomfort habe viele positiv überrascht. Man müsse jedoch seine Fahrten genau planen, lautete der einhellige Tenor bei den Rückmeldungen. Denn die Reichweite, die bei voll aufgeladener Batterie um die 150 Kilometer beträgt, sei noch arg begrenzt.

Sie habe festgestellt, dass sie das Auto bewusster als sonst genutzt habe, sagt Susanne Haag. Da das Fahrzeug den aktuellen Energiefluss und die noch verfügbaren Kilometer über das Display anzeigte, habe sie ständig überlegt, ob sie wirklich Radio hören, das Licht anstellen oder die Scheibenwischer laufenlassen sollte, um den Energieverbrauch in Grenzen zu halten. Vor allem beim Gasgeben habe sie auf eine moderate Fahrweise geachtet, betont die Rellingerin, die jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit nach Hamburg pendelt. „Denn je zügiger man fährt, desto schneller entlädt sich die Batterie.“

Solange das Netz an Stromtankstellen so löchrig bleibt, wie es derzeit ist, bleiben E-Fahrzeugfahrer wohl so vorsichtig. Im Kreis Pinneberg gibt es inzwischen etwa ein Dutzend Standorte, an denen ein E-Mobil in kurzer Zeit aufgeladen werden kann. Nur weiß das bislang offenbar kaum jemand. Ihr Bordcomputer habe ihr nur E-Tankstellen in Hamburg angezeigt, berichtet Susanne Haag. Dabei hätte das Gerät ihr durchaus den Weg zum Autohändler Renault Pape in Pinneberg weisen können. Allerdings habe bisher kein externes Elektro-Fahrzeug die Auflademöglichkeit genutzt, sagt Christina Pape. Innerhalb von eineinhalb Stunden werde eine Batterie dort voll aufgeladen.

Eine Beobachtung, die auch Adam Krüppel, Werkleiter der Stadtwerke Wedel, gemacht hat. Die Stadtwerke hatten vor vier Jahren an der Gorch-Fock-Straße die erste öffentliche Stromtankstelle im Kreis Pinneberg eingerichtet. Nur 20 Mal im Jahr werde sie genutzt, sagt Krüppel. Er würde sich weit mehr Kunden wünschen, zumal das Angebot zurzeit noch kostenlos sei.

Susanne Haag konnte das Elektroauto an der Steckdose in ihrem Carport über Nacht aufladen. Diese Möglichkeit hat nicht jeder Autofahrer. Die Rellingerin meint, das Aufladen müsste wie beim Benzin- und Dieseltanken flächendeckend möglich sein. „Schön wäre es, wenn ich auf dem Parkplatz meines Supermarktes das E-Auto aufladen könnte, während ich dort einkaufe.“

Auch einige Kunden, so die IT-Beraterin, hätten ihr angeboten, das E-Auto während des Gesprächs vor der Tür aufladen zu können. „Dieser Vorgang muss in den Alltag integriert werden, damit die Leute auch mit einem Elektroauto spontan von A nach B fahren können, ohne sich vorher überlegen zu müssen, wo sie das Fahrzeug aufladen können“, fordert sie.

Solange das nicht der Fall ist, werden Elektrofahrzeuge wohl exotisch bleiben. 1800 E-Autos sind 2013 in Deutschland neu zugelassen worden. In Schleswig-Holstein fahren zurzeit 325 E-Autos. Im Kreis Pinneberg seien gerade einmal 20 dieser abgasfreien und umweltschonenden Fahrzeuge angemeldet, sagt Kfz-Fachdienstleiter Uwe Mohrdiek. Auch die Zukunftsforscher sind skeptisch, was den Durchbruch der E-Mobilität angeht. Im Jahr 2040 werde nur jedes fünfte Neufahrzeug einen Elektromotor haben, prophezeit die jüngste Shell-Studie zu dem Thema. Und 2020 werde es keinesfalls die von der Bundesregierung angekündigte eine Million E-Mobile geben, so Studienleiter Stefan Rommerskirchen.

Immerhin steuern größere Firmen und Behörden in der Region bereits um. Die Schleswig-Holstein Netz AG habe 20 E-Autos im Bestand, sagt Firmensprecher Struck. Jedes Jahr sollten weitere zehn hinzukommen.

Eines der 20 Autos der Kreisverwaltung fahre mit Strom, so Sprecherin Birgit Köhnke. Es wurde dem Kreis für einen Feldversuch in der Metropolregion Hamburg bis 2016 zur Verfügung gestellt. Auch Tornesch und Barmstedt beteiligen sich an der Aktion. Köhnke: „Unser Ziel ist ein klimafreundlicher Fuhrpark, was wir bei der Neuausschreibung 2015 beachten werden.“ Für die Kreisverkehrsgesellschaft fährt auch einer der 32 Busse mit Elektromotor im Linienverkehr.