Das Erntedankfest im Pinneberger Ortsteil Waldenau-Datum ist eines der größten im Land. 50 geschmückte Wagen und 30.000 Zuschauer erwartet

Pinneberg. Dass ‘ne hübsche Deern auch im Kartoffelsack noch was hermacht, bewies Margot Eichholz bereits vor 27 Jahren. Damals lief die Pinnebergerin zum ersten Mal beim Umzug des Waldenauer Erntedankfestes mit. Mittlerweile trägt die 73-Jährige die historische Bauerntracht des Datumer Gesindes von 1652. „In diesem Jahr wurde hier der erste Bauernhof erwähnt“, erklärt Eichholz die gelungene Verkleidung ihrer 18-köpfigen Truppe. Sie und ihre Mitstreiter haben sich in Büchern über die mittelalterliche Tracht informiert und diese dann selbst genäht. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. So wird aus einem Jutebeutel eine Kopfbedeckung und aus einem Bettlaken ein Unterrock. Die Organisatoren legen großen Wert auf Qualität – bei der Wahl der Trachten, der Teilnehmer und der Traktoren.

Der Waldenauer Erntedankfestumzug gehört zu den größten und schönsten in Schleswig-Holstein. Jedes Jahr säumen bis zu 30.000 Zuschauer die Straße. „Knapp 800 Menschen feierten vergangenes Jahr im Festzelt am Jappopweg“, sagt Dominic Giesel. „Da tropft das Wasser von der Decke.“ Der Vorsitzende des Bürgervereins Waldenau-Datum, der den 66. Umzug organisiert, deutet dies als eine Art Stimmungsbarometer – je mehr Wasser, desto heißer die Party. Unter dem Motto „Vorfreude pur“ will DJ Mandrake auch in diesem Jahr am Sonnabend, 4. Oktober, von 20 Uhr an, im Festzelt am Jappopweg für Hochstimmung sorgen.

Katerstimmung kann sich am Morgen darauf allerdings niemand erlauben. Der Spielmannszug Uetersen sorgt am Sonntag, 5. Oktober, dafür, dass keiner den Tag verschläft. Von 8 Uhr an zieht er in den Ortsteil Waldenau-Datum ein, und weckt traditionell auf seine musikalische Art. Der Posaunenchor der Kreuzkirche Pinneberg, Schenefelder Landstraße 74, spielt auf dem Festgottesdienst von 10 Uhr an.

Erntedankfeste haben eine lange Tradition (schon in vorchristlicher Zeit dankten die Menschen mit ähnlichen Ritualen für die Feldfrüchte), sind aber längst kein alter Schuh. Das beweisen die zahlreichen jungen Menschen, die sich dem Waldenauer Umzug anschließen. Sie halten die Tradition, Gott für die Ernte zu danken, auch in Zeiten des Überflusses lebendig.

Um nichts würde Saskia Beyer den Umzug durch ihren Heimatort verpassen wollen. „Es macht einfach Megaspaß“, sagt die 23-Jährige. Ihre blonden, geflochtenen Zöpfe lugen unter einer weißen Haube hervor, wie sie die Mägde im Mittelalter trugen. Mit 16 Jahren schloss sie sich zum ersten Mal dem Datumer Gesinde an, dem übrigens auch Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg seit Jahren angehört. „Das hat in unserer Familie Tradition“, sagt Saskia Beyer. Ihre Eltern laufen beim Umzug mit. Und auch ihr bester Freund ist mit von der Partie, wenn sie verkleidet und mit einem mit Schinken, Brot, Eiern und Gemüse geschmückten Handwagen durch die Straßen ziehen.

Die örtlichen Vereine präsentieren 50 festlich geschmückte Wagen. Sie zeigen den Jahresablauf des bäuerlichen Lebens – von der Saat bis zur Ernte. Pferde, Kutschen, historische Fahrzeuge und fünf Spielmannszüge begleiten den großen Erntedank-Umzug am Sonntag, 5. Oktober. Der beginnt mit der Übergabe der Erntekrone an der Kreuzkirche Pinneberg gegen 12.45Uhr. Die sechs Kilometer lange Feststrecke führt über Marktplatz, Großes Feld, Buschweg und Ohlkoppel, wieder zurück zum Festplatz Jappopweg. Traditionell werden im Vorbeifahren von den Anhängern Leckereien an die Menschenmassen am Straßenrand verteilt. Die Anwohner entlang der Umzugsstrecke revanchieren sich mit den sogenannten Tankstellen. Hier werden die Umzugsteilnehmer mit selbst gebackenem Kuchen, Keksen und vor allem Hochprozentigem versorgt.

Auch die Landesarbeitsgemeinschaft Tanz Schleswig-Holstein dreht am Sonnabend, 4. Oktober, das Rad der Geschichte um 150 Jahre zurück. Mindestens 300 Tänzer verwandeln den Ortsteil Waldenau-Datum zum Mekka für Freunde alter Trachten, überlieferter Volkstänze und -musik. Von Artländer Kontra bis zu Polka und Quadrille – 40 Tanz- und Trachtengruppen führen traditionelle norddeutsche Tänze aus der Zeit von 1820 bis 1920 auf. Die Musiker der schleswig-holsteinischen Gruppe „Sträkelstrakel“ spielen mit Geigen, Akkordeon, Gitarre und Kontrabass im Festzelt, Jappopweg 53, auf.