Drei Männer aus Polen, die am 2. April in Pinneberg das Spielcasino „Novolino“ ausrauben wollten, stehen seit Dienstag vor Gericht

Pinneberg/Itzehoe. Pawel K. humpelte auf Krücken in den Saal des Landgerichts Itzehoe. Eine Polizeikugel hatte den 25-Jährigen ins Bein getroffen, als er am 2. April mit seinem Komplizen Kamil W., 23, das Spielcasino „Novolino“ in Pinneberg überfiel. Seit Dienstag müssen sich die Polen wegen schweren Raubes vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Ihr Landsmann Dawid U., 26, der den Fluchtwagen fuhr, sitzt wegen Beihilfe auf der Anklagebank.

Der Überfall auf die Spielhalle hatte vor allem wegen der schießwütigen Polizeikräfte für Schlagzeilen gesorgt. Mindestens sechs Schüsse gaben die Beamten ab, die gläserne Eingangstür des Etablissements war regelrecht von Kugeln durchlöchert. Pawel K. war lediglich mit einer Schreckschusspistole bewaffnet, Kamil W. trug keine Waffe bei sich. Warum der Finger bei den Polizisten so locker saß, ist bis heute ungeklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Polizisten wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und prüft, ob sie in Notwehr gehandelt haben. Während die Räuber seit Dienstag vor Gericht stehen, ist das Ermittlungsverfahren gegen die Polizisten noch immer nicht abgeschlossen.

Für das Verfahren gegen das Räubertrio sind fünf Prozesstage angesetzt. Am ersten Verhandlungstag verlas Staatsanwältin Hansel lediglich die Anklageschrift. Gegen 5 Uhr, kurz vor Schließung der Spielhalle, betraten Pawel K. und Kamil W. maskiert das Spielcasino durch die Haupteingangstür. Während K. die beiden anwesenden Gäste und die Mitarbeiterin Pia-Jelena W. mit der täuschend echt aussehenden Gaspistole vom Typ Walther P22 bedrohte, übernahm sein Komplize die Fesselung der Opfer, wofür Kabelbinder und Panzertape eingesetzt wurden. Den Opfern wurde auch der Mund verklebt. Mit dem Tresorschlüssel der Mitarbeiterin, die im Verfahren als Nebenklägerin auftritt, schlossen die Räuber den Tresor auf und entnahmen 1500 Euro. Das Geld verstauten die Männer in einer mitgebrachten Sporttasche.

Was sie nicht ahnten: Zum Zeitpunkt des Überfalls befand sich nach Abendblatt-Informationen eine weitere Mitarbeiterin in einem Nebenraum. Sie schloss sich dort ein und informierte per Handy die Polizei. Als Pawel K. und Kamil W. laut Anklageschrift mehrere Spielgeräte öffneten, um ihre Beute zu vergrößern, wurden sie von den eintreffenden Polizisten überrascht.

Während Kamil W. durch ein Fenster flüchten konnte, geriet Pawel K. in eine Konfrontation mit den Polizeikräften, in deren Verlauf die Schüsse fielen. Der 25-Jährige wurde im Bein getroffen und nach kurzer Flucht von den eingesetzten Beamten überwältigt. Dabei verletzte sich ein Polizist am Knie, ein anderer erlitt aufgrund der vorherigen Schussabgabe ein Knalltrauma. Pawel K., der aufgrund von Gewaltdelikten vorbestraft ist, kam ins Krankenhaus und von dort in Untersuchungshaft. Inzwischen gewährte das Gericht dem geständigen 25-Jährigen Haftverschonung, er wohnt derzeit bei seinem Vater in Pinneberg. Der ebenfalls polizeibekannte Kamil W. aus Hamburg sitzt seit seiner Festnahme in der Justizvollzugsanstalt Itzehoe.

Dawid U., der vor dem Spielcasino im Fluchtwagen wartete, geriet in Tatortnähe in eine Polizeikontrolle. Ihm droht in dem Verfahren eine Bewährungsstrafe. Der Prozess wird am 8. Oktober fortgesetzt. Dann haben die Angeklagten das Wort. Das Urteil wird für den 12. November erwartet. Auf die beiden Haupttäter dürfte dann eine längere Zeit hinter Gitter warten. Die Mindeststrafe für einen bewaffneten Raubüberfall liegt bei fünf Jahren Haft. Aufgrund der Vorstrafen der beiden Männer und ihrer brutalen Vorgehensweise dürfte die Strafe höher ausfallen.