Toleranz im Umgang miteinander

11. September Glosse „Altersstarrsinn und Autofrust“

Endlich ein paar Tage frei! Der Zufall hatte es gewollt, dass meine Liebste und ich zwischen vielen Terminen ein paar Tage in der Sonne an einem bekannten Urlaubsort verbringen konnten. Wir rutschten in die Ferien-End-Phase und bekamen dadurch sogar noch eine Preisminderung.

Nun gibt es Personen, die sich vor diesen Phasen fürchten, einige haben Bedenken vor Familien mit all ihren Diskussionsstoffen, andere möchten nicht in die Oldie-Szene eintauchen.

Wir haben diese Zwischenphase genossen, hatten Kontakt zu jungen Familien, haben einen Blick auf Kleinkinder geworfen und uns mit gepiercten Jugendlichen verschiedener Nationen ausgetauscht, die uns ihre Hilfe angeboten haben.

Drei Generationen mit unterschiedlichen Sprachen und verschiedenen Mentalitäten haben sich wunderbar verstanden. Okay, einige Vorkommnisse haben wir nicht als „unser Ding“ empfunden, aber umgekehrt wird es genau so gewesen sein, so ist halt das Leben.

Irgendwann geht auch die schönste Zeit vorbei, und es galt, den Motor zu starten. Auf der Rückfahrt wurden wir von einigen Rasern überholt, die wir an der nächsten Baustelle wieder vor uns hatten.

Und die Personen, die kein Autobahn-Tempo gefahren sind, haben wir einfach überholt. So müsste es auch im „Großen Leben“ sein. Toleranz im Umgang miteinander! Es ist so einfach und würde Menschen und Generationen verbinden. Oft fängt es mit ein paar Zeilen an.

Walter Marsand

Frau am Steuer und Altersfrust

An Frau Nahles habe ich schon geschrieben. Ich habe unserer Sozialministerin meine volle Unterstützung für die Rente mit 70 versichert. Unbedingt. Dass soundsoviele Frischgreise dann nicht mehr die Stadtstraßen und Autobahnen verstopfen, allein das ist doch schon eine rosige Aussicht.

Ich selbst muss leider die Gnade der frühen Geburt ertragen und ein stressiges Rentnerdasein fristen. Als Nichtwerktätiger bekommt man keinen Urlaub mehr und man hat auch keinen einzigen freien Tag mehr, nicht mal am 1. Mai. Wer es jetzt noch nicht weiß: Rentner sind arm dran und haben nie Zeit.

Als Rentner ist man aber flexibel: Meine Frau und ich haben uns schon lange abgewöhnt, in der Ferienzeit mit dem Auto zu verreisen. Selbstverständlich lassen wir dann Familien mit Kindern Vorrang. Allerdings fragen wir uns ganz besorgt: Müssen die denn immer alle gleichzeitig losrasen?

Können die sich nicht besser absprechen? Die haben doch Twitter und son Kram. Wenn die Straßen dann knüppeldicke voll sind, können wir unseren CLS ohnehin gar nicht richtig ausfahren. Das ist ein oberaffengeiles Coupé (mit einem Stern vorne drauf) und spitzenmäßig: bis schlappe 250 km/h. Das Teil ist so flach, dass Bauern und Viehhändler mit Hut keine Chance haben, hinter dem Lenkrad Platz zu nehmen.

Nach dem letzten Ferientag im Norden Deutschlands sind wir gleich los. Vor dem Elbtunnel wollten wir mit etwas über 80 km/h (von wegen des Toleranzwerts, der beim Blitzen abgezogen wird) auf der linken Spur zur zweiten Röhre einen Lastwagen überholen, als uns so ein wildgewordener Handfeger von hinten fast reinfuhr. Die Lichthupe schien defekt zu sein, sie ging gar nicht mehr aus.

Achtung!: Frau am Steuer des vollbesetzten Autos mit PI. Als Kavalier der alten Schule machte ich dann Platz für die Raserin, die ich aber nach dem Elbtunnel und Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung plötzlich wieder vor mir hatte. Schafft die nicht mal 150 km/h? Und warum fährt die nicht rüber, wo auf der rechten Spur doch alles frei ist?!

Als wir später in der Tankstelle Allertal schon Kaffee getrunken hatten und noch das Hamburger Abendblatt studierten, tauchte die Dame (endlich!) wieder auf und stellte den Wagen dort ab, wo man eigentlich die Luft der Reifen prüfen kann, was sie aber wohl nicht wollte, vielleicht auch gar nicht kann.

Ein Mann und zwei Halberwachsene fielen sofort aus dem Auto heraus, ohne den Blick von ihren Smartphones zu nehmen.

Richard H. Siefken, Wedel

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