Wedeler Pilotprojekt im Internet geht in die heiße Phase. Erste Online-Sprechstunde mit Bürgermeister wurde rege genutzt

Wedel. Was war Ihr Anreiz, das Amt des Bürgermeisters wahrzunehmen? Warum wurden die Straßenschilder für Sehbehinderte in der Bahnhofstraße nicht in Blindenschrift verfasst? Warum sind in der Bahnhofstraße Parkautomaten aufgestellt worden? Ist eine zweite Besichtigung der Hafenbaustelle geplant? Warum dürfen Radfahrer beidseitig auf der Bockholtzstraße (Einbahnstraße) fahren? Wieso streicht Wedel den Essensgeldzuschuss, wenn die Gebühren für die Kita in Wedel ohnehin so hoch sind? Puh – Niels Schmidt kam angesichts der Fülle und der Vielfalt an Fragen, die an ihn als Bürgermeister der Stadt Wedel gerichtet wurden, ganz schön ins Schwitzen.

Tatsächlich beantwortete der Rathauschef alle an ihn gerichteten Fragen, auch die die zuvor eingegangenen waren, in der ersten Online-Sprechstunde live. Eine Stunde lang, von 15.30 bis 16.30 Uhr, chattete er mit den Wedelern – eine Premiere für ihn und für die Wedeler Stadtverwaltung. Rebecca Toß, als zuständige Mitarbeiterin im Rathaus zieht am Ende eine positive Bilanz. Denn insgesamt neun Bürger nutzten die Chance und stellten dem Bürgermeister Fragen, informierten sich über Themen wie Müllbeseitigung, Hafenumbau und Kita-Gebühren. „An der ersten Online-Sprechstunde des Frankfurter Oberbürgermeisters nahmen elf Bürger teil“, berichtet Toß. Wedel sei im Vergleich zu Frankfurt aber deutlich kleiner, die Beteiligung in Relation dazu also viel größer.

Frankfurt ist bislang die einzige Stadt deutschlandweit, die ein ähnliches Bürgerbeteiligungstool wie Wedel an den Start gebracht hat. Für die Kommunen in Schleswig-Holstein übernimmt die Rolandstadt den Feldversuch und testet ein halbes Jahr lang, ob die Internetseite zu mehr Transparenz und Öffentlichkeit führt. Dann wird auch entschieden, ob sich Wedel das Portal weiterhin leisten will. „Bislang läuft das Projekt gut an“, sagt Toß. Am 28. August ging die Wedeler Seite www.wedelwillswissen.de online. In den zehn Tagen haben sich bereits 129Nutzer registriert. Wer Namen und Email-Adresse angibt, kann unter anderem über den Mängelmelder auf Probleme hinweisen, sich an der Namensfindung für die Straße im neuen Gewerbegebiet beteiligen oder eben während der Online-Sprechstunde den Bürgermeister mit Fragen löchern. 51 Mängel wurden gemeldet, 31 Namensvorschläge für die neue Straße im Businesspark an der Elbe unterbreitet, 33 Mal ein vorgeschlagener Name bewertet oder kommentiert.

„Ich halte das für ein gutes Instrument, weil es Menschen das Gefühl gibt, dass Ihre Anliegen wahrgenommen werden. Ich bin bislang mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, sagt Niels Schmidt. Aber er weiß auch um die negativen Begleiterscheinungen der neuen Medien. Vor allem ärgert er sich über Beiträge, die anonym verfasst werden, auf die er also nicht reagieren kann und die meist besonders persönlich werden. „Wir machen als Verwaltung bestimmt nicht immer alles richtig. Aber wir machen auch nicht alles falsch“, sagt Schmidt, der deshalb gern die Chance wahrnimmt, Dinge klarzustellen. Allerdings bietet er im Unterschied zu anderen Bürgermeistern der Region keine regelmäßige Sprechstunde dafür an.

„Bei mir ist jeden Tag Sprechstunde“, so Schmidt. Jeder könne sich bei ihm einen Termin holen, wenn er zuvor bei den jeweiligen zuständigen Mitarbeiter im Rathaus war und trotzdem noch Fragen offen sind. Ansonsten geht Schmidt auf den Markt und sucht dort den direkten Draht. Umso mehr war also die Online-Sprechstunde eine Premiere. Trotzdem gab’s auf alle Fragen sofort eine ausführliche Antwort. Nur in einem Fall musste Schmidt auf später vertrösten.

Auf die Frage von Karsten Krause wusste er so schnell keine Antwort. Krause wollte wissen, wie die Pläne der Stadt in Sachen Hafenumbau im Detail aussehen – derzeit würden an der Ostseite Kopfelemente auf die Spundwände gesetzt, an der Wasserseite gebe es erkennbar einen Versatz zwischen der Betonkante oben und der zurückspringenden Spundwand darunter, was Schiffern, die dort festmachen wollten, bei auflaufendem Wasser große Probleme bereiten dürfte. Ob Poller kommen oder inwieweit es einen problematischen Versatz gibt, dazu versprach sich Schmidt im Rathaus bei den Fachleuten schlauzumachen und sich in den kommenden Tagen erneut zu melden.

Ob er Wort hält, können die Wedeler nachverfolgen. Denn der Chat bleibt öffentlich sichtbar. Sämtliche Fragen und Antworten können auf dem neuen Wedeler Bürgerbeteiligungsportal „Wedel wills wissen“ nachgelesen werden. Auch, dass Schmidt plant erneut als Bürgermeister zu kandidieren.