Leitungssanierung: Anwohner fühlen sich getäuscht und monieren die Zerstörung ihrer Vorgärten

Halstenbek. Seit 44 Jahren wohnt Werner Litzenhoff am Halstenbeker Ahornweg, einer ruhigen Straße am Rande zu Schenefeld. Seit Mai ist es dort mit der Ruhe vorbei: Die Gemeindewerke erneuern alle Versorgungsleitungen. Mehr als ein Jahr sollen die Bauarbeiten dauern. Mit jedem Tag wächst der Unmut von Werner Litzenhoff und anderen Anliegern. Sie fühlen sich nur unzureichend informiert. Hinsichtlich der Kosten für die Anlieger fühlen sie sich getäuscht. Und sie monieren die Zerstörung ihrer Vorgärten.

„Zuerst war die Rede davon, dass wir an das Glasfasernetz angeschlossen werden“, erzählt Anwohner Thomas Boos. Als jedoch im Mai praktisch die gesamte Straße aufgerissen worden sei, „haben sich die ersten Leute gewundert“. Dann hätten die Gemeindewerke mit einem Vorlauf von zehn Tagen zu einer Informationsveranstaltung eingeladen – und zwar per Postwurfsendung. „Das Schreiben war nicht adressiert, bei vielen ist das im Altpapier gelandet“, sagt Anwohner Litzenhoff.

Der hatte die Postwurfsendung nicht weggeworfen und nahm an dem Treffen teil. Dort erfuhren die Anwohner, dass eine komplette Erneuerung der Schmutz- und Regenwasserkanäle sowie eine Teilsanierung der Strom-, Gas- und Wasseranschlüsse erfolgen solle. Litzenhoff: „Wir haben auch erfahren, dass jedes Grundstück zwei Übergabeschächte für Schmutz- und Regenwasser bekommen muss.“ Beim Bau der Reihenhauszeilen in den Jahren 1966 bis 1974 seien diese Schächte nicht vorgeschrieben gewesen.

„Ein Vertreter der beauftragten Firma hat die Kosten pro Eigentümer auf 1000 Euro geschätzt“, erläutert Litzenhoff. Vier Monate später sei von dieser Summe keine Rede mehr. „Inzwischen sprechen die von mehr als 3000 Euro pro Grundstück.“ Die Anwohner ärgert zudem die Vorgehensweise der Baufirma. Ohne Information der Anlieger werde fleißig gebuddelt und gegraben. „Wir kommen morgens teilweise nicht mehr von unseren Grundstücken runter, weil davor eine Baugrube aufgemacht wurde.“

Verärgert sind die Ahornweg-Bewohner auch darüber, dass die Baufirma Teile ihrer Vorgärten zerstören will. „Zwei Meter unserer Vorgärten sollen wegfallen“, empört sich Litzenhoff. So habe die Firma angekündigt, dass sie eine Breite von vier Metern für die Baugrube benötigt. „Die Wege zu unseren Häusern sind aber nur zwei Meter breit.“ Um die Breite von mehr Metern zu erreichen, müssten Bepflanzungen von mehreren Jahrzehnten sowie Gartenhäuser weichen.

Wann das Baukommando bei ihnen anrückt, wissen die Anwohner nicht. „Die Information erfolgt nur häppchenweise“, beklagt Anwohner Ralph Schubert. Er erhofft sich wie die anderen Anlieger Aufklärung während der nächsten Werkausschusssitzung am 18. September. Von 19 Uhr an wird das Thema Ahornweg behandelt – und die Sitzung wurde wegen des erwarteten großen Andrangs extra in die Aula des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums am Bickbargen verlegt.

Die empörten Anrufe von Ahornweg-Anliegern, die bei Gemeindewerke-Chef Uwe Lamberti eingegangen sind, kann der schon nicht mehr zählen. „Am Anfang war das täglich der Fall.“ Vor zwei Jahren seien bei einer Kameraüberprüfung im Bereich Ahornweg Schäden in der Schmutz- und Regenwasserleitung festgestellt worden. „Die Leitungen sind mehr als 40 Jahre alt, wir haben uns zu einem kompletten Austausch entschlossen.“ Weil ohnehin gebuddelt werden müsse, wolle man gleich das Gas-, Wasser- und Stromnetz in diesem Bereich mitsanieren.

„Wir haben die Maßnahme den 133 Hauseigentümern bereits 2013 angekündigt und sie ausgeschrieben. Weil uns die Angebote zu hoch waren, haben wir Ende 2013 nochmals ausgeschrieben und dann eine Firma gefunden“, so Lamberti weiter. Die Maßnahme werde in fünf bis sechs Abschnitte unterteilt und dauere bis Juni 2015. Im Mai sei begonnen worden, noch laufe der erste Abschnitt. „Wir haben zunächst auch nur die Betroffenen des ersten Abschnittes benachrichtigt.“

Dies sei, wie bei den anderen Anliegern in der Folgezeit auch, per Postwurfsendung erfolgt. „Das waren Gemeindewerkebriefe mit Logo, jeder konnte sehen, dass das keine Werbung ist.“ Er gehe davon aus, dass mindestens 90 Prozent der Empfänger den Brief gelesen haben, so Lamberti weiter. Die zunächst genannten Kosten für die Anlieger seien eine Schätzung gewesen. Lamberti: „Es war von etwa 1000 Euro die Rede. Wir reden jetzt von 1500 bis 2000 Euro, und zwar pro Übergabeschacht.“ Die Satzung der Gemeinde schreibe vor, dass diese Schächte errichtet werden müssten.

Laut Lamberti hätten schon mehrere Anlieger gedroht, die Baufirma nicht auf die Grundstücke zu lassen. Sollten Bürger gegen die Satzung vorstoßen, müsse die Gemeinde die Schächte setzen lassen und dies den Anliegern in Rechnung stellen. Lamberti: „Die Anwohner können dann gegen die Satzung klagen.“ Die Klagen über zerstörte Vorgärten kann Lamberti nicht nachvollziehen. „Die Anlieger haben Flächen der Gemeinde annektiert.“ So sei die Zuwegung zu den Grundstücken früher vier Meter breit gewesen. „Wir brauchen jetzt diese vier Meter, weil die Firma mit schwerem Gerät arbeiten muss.“ Nach der Verkleinerung hätten die Anlieger den Streifen der Gemeinde ihren Vorgärten zugeschlagen. „Die Gemeinde ist nach Beendigung der Maßnahme bereit, diese Flächen an die Anwohner zu verpachten, so dass dieses Problem zukünftig nicht mehr auftritt.“

Inzwischen haben die Gemeindewerke ein 25-seitiges Info-Material zu der Baumaßnahme auf ihre Homepage gestellt und allen Anliegern einen neunseitigen, persönlich an sie adressierten Brief zugestellt. „Wir wollen uns nicht mehr nachsagen lassen, nicht zu informieren“, sagt Lamberti. Er gibt offen zu: „So ein Theater haben wir nicht erwartet.“