In ihrer Kolumne berichtet Reporterin Katy Krause von ihrer neuen Liebe zu einer vergessenen Rübe

Drei Wochen lang habe ich den Acker nicht gesehen. Das ist die längste Feld-Abstinenz seit Beginn des Selbstversuchs im Frühjahr – und auch eine völlig ungewollte. Ich hatte regelrecht ein wenig Entzugserscheinungen. Mir fehlte das frische Gemüse aus der eigenen Appener Gartenparzelle im Haus, und auch Freunde muss ich enttäuschen, weil ich sie nicht mit neuen Ackergeschichten füttern konnte. Dauerregen, Krankheit und ein Kurzurlaub sorgten für die Abwesenheit.

Am Dienstagabend wollte ich nun hoch motiviert und mit neuen Handschuhen bewaffnet endlich zum Gemüsefeld neben dem Schäferhof fahren. Ich scheiterte erneut. Straßensperrung. Der komplette Feldweg dicht. Kein Durchkommen, nicht mal für Radfahrer oder Fußgänger. Umleitung: Fehlanzeige. Mein Versuch, auf der nächsten Parallelstraße gen Acker zu kommen, endete in einer Sackgasse und auch Google ließ mich mitten in den Appener Wiesen ratlos zurück.

Ungeziefer, Unkraut und fehlende Fachkenntnis meinerseits: Mit solchen Problemen hatte ich bei meinem Feldversuch gerechnet. Aber ein Gemüseanbauer hat anscheinend noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Zum Beispiel mit widerspenstigen Rüben. Die habe ich bei einer gefühlten Nachtaktion am späten Mittwochabend versucht, aus dem Erdreich zu befördern. Sehr verwurzelt diese Pastinaken, aber die Mühe hat sich gelohnt. Ich habe ein neues Gemüse für mich entdeckt. Pastinaken kannte ich vorher nur im Zusammenhang mit Babybrei. Seit Mittwoch weiß ich, dass Pastinaken richtig lecker sind und in deutschen Küchen viel zu sehr vernachlässigt werden.

Die „Albino-Rübe“, wie sie ein unwissender Arbeitskollege taufte, ist geschmacklich eine Mischung aus Mohrrübe und Kartoffel mit leicht süßer Note. Und sie duftet herrlich nach Sellerie. Während sie hierzulande in Vergessenheit geraten ist, erfreut sich die Pastinake in Irland, Großbritannien, den USA und Frankreich großer Beliebtheit. In Deutschland gehörte sie bis ins 18. Jahrhundert zu den wichtigsten Grundnahrungsmittel, bis Kartoffel und Karotte sie aus den Kochtöpfen verdrängten.

Dabei ist die Pastinake nicht nur lecker, sondern auch gesund. Die Vitaminbombe verfügt im Vergleich zur Karotte im Durchschnitt über viermal so viel Vitamin C Kalium und Protein. Zudem enthält sie ätherisches Öl.

Angesichts dessen bin ich umso dankbarer, dass die Initiatoren des Appener Projekts Erntezeit gleich zwei Reihen Pastinaken für uns Gemüsebauer angelegt haben. In der kommenden Zeit gibt es bei mir häufiger die „Albino-Rübe“ .