Im Elmshorner Elternschaft-Projekt von Frauentreff und Sozialdienst katholischer Frauen kümmern sich Schüler für eine Woche um eine Babypuppe

Elmshorn. Im Supermarkt fängt das Baby plötzlich an zu schreien. Neugierige Blicke. Eine ältere Dame schüttelt ungläubig den Kopf, als sie sieht, dass die Mutter selbst fast noch ein Kind ist. Die 16-Jährige fühlt sich beobachtet, versucht verlegen, das Kind zu beruhigen. Muss die Windel gewechselt, das Fläschchen gegeben werden? Die Jugendliche weiß es nicht. So hat sie sich das Muttersein echt nicht vorgestellt. Zum Glück kann sie den Schreihals am Ende der Woche wieder abgeben. Denn ihre Elternschaft ist nur auf Probe und der Säugling im Tragetuch nur eine computergesteuerte Puppe.

„Elternschaft auf Probe“ ist ein Projekt des Sozialdienstes katholischer Frauen und des Frauentreffs in Elmshorn. In dem einwöchigen Elternpraktikum erfahren Achtklässler hautnah, was es heißt, einen Säugling zu versorgen. Der Härtetest für die Nerven: Sie müssen das Computerbaby drei Tage und zwei Nächte mit nach Hause nehmen. Und die Simulationspuppe möchte rund um die Uhr versorgt werden. Das heißt: alle vier Stunden Fläschchen geben und dazwischen Windeln wechseln, trösten, waschen und anziehen. Ein Computerchip, den die Eltern auf Zeit am Handgelenk tragen, registriert, wie gut sie ihre Aufgabe erfüllen. Wird das Baby vernachlässigt oder misshandelt, registriert der Chip auch das.

Für die meisten Jugendlichen wird die Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Puppe schnell zur Strapaze. Sie sind froh, wenn sie „ihr Baby“ am Ende der Woche wieder bei Geburtsvorbereiterin und Familienbegleiterin Saskia Ehlert-Sartorti und Sozialpädagogin Ulrike Centner abgeben dürfen. „Wir möchten zum einen ungeplante Schwangerschaften vermeiden, zum anderen die Jugendlichen dazu anregen, sich mit ihrer Lebensplanung auseinanderzusetzen“, sagt Ehlert, die selbst Mutter von sieben Kindern ist. Die Teenager setzen sich mit Themen wie Berufstätigkeit und Kindererziehung, Verhütung, Sexualität und Babypflege auseinander. „Wir rechnen aber beispielsweise auch durch, mit welchen finanziellen Mitteln eine alleinerziehende Mutter oder eine junge Familie auskommen muss.“

Vielen Schülern wird in der simulierten Elternzeit deutlich, dass sie erst einmal lieber ihre Kraft in Schule und Ausbildung stecken möchten als in eine eigene Familie. Während des Projektes besuchen sie die Beratungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen und des Frauentreffs in Elmshorn, aber auch das Arbeitsamt. Dort diskutieren sie mit den Beraterinnen unter anderem über Schwangerschaftsabbruch und sehen, wo sie in einer Krisensituation Hilfe erhalten. Beim Besuch in einer Hebammenpraxis und bei einer Gynäkologin erhalten die Jugendlichen Informationen zu Verhütung, Schwangerschaft und Geburt.

Das einwöchige Projekt umfasst 30 Stunden, inklusive Vor- und Nachbereitung, und wird von zwei pädagogischen Fachkräften betreut. Ins Leben gerufen wurde es 2005. „Damals gab es einen Trend, dass vermehrt sehr junge Frauen Mütter wurden“, sagt Lisa Schnelten vom Frauentreff. „Daraufhin haben wir das Projekt entwickelt.“ Die ersten Jahre finanzierten Sponsoren das Projekt . 2008 bis 2012 kam das Geld vom Kreis. In diesem Jahr sichert die Stadt Elmshorn die Finanzierung. „Darauf hoffen wir auch für kommendes Jahr“, sagt Schnelten. Ein Folgeantrag sei gestellt. Es geht um rund 7140 Euro.

Schulklassen, die in diesem Jahr noch an einer der drei Projektwochen teilnehmen möchten, können sich entweder an den Sozialdienst katholischer Frauen unter Telefon 04121/24881 und per E-Mail (info@skf-elmshorn.de) oder beim Frauentreff Elmshorn unter Telefon 04121/6628 und per E-Mail an info@frauentreff-elmshorn.de anmelden. Die Teilnehmerzahl ist auf 14 Jugendliche begrenzt.