Behindertenparkplätze werden zunehmend von nichtbehinderten Autofahrern blockiert

Kreis Pinneberg. Es ist ein zunehmendes Ärgernis für jene Menschen, die mit einer Behinderung den Alltag bewältigen müssen: Immer öfter werden die blau-weißen Hinweisschilder, die Behindertenparkplätze in den Städten und Gemeinden ausweisen, von Autofahrern missachtet, die kein Handicap haben und folglich auch kein Recht besitzen, Behindertenparkplätze zu benutzen. „Wir erleben es immer öfter, dass die Behindertenparkplätze von anderen rücksichtslos zugeparkt werden. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein“, sagt Gerhard Renner, Vorsitzender des Sozialverbandes SoVD im Kreis Pinneberg.

In Uetersen etwa ist laut Renner und Uetersens Bürgermeisterin Andrea Hansen regelmäßig an der Wassermühlenstraße der Behindertenparkplatz zugeparkt worden. In Wedel, Elmshorn und Pinneberg werden die wenigen behindertengerechten Stellplätze ebenfalls regelmäßig von nichtbehinderten Autofahrern blockiert. „Wir haben vor unserem Rathaus nun neue Schilder aufgestellt, die die Plätze besser ausweisen. Seitdem hat es sich etwas gebessert“, sagt Hansen. Dennoch: Das Problem bestehe, und Einsicht gebe es nur selten bei den Falschparkern.

Die Behindertenbeauftragten in Deutschland fordern, dass drei Prozent aller Parkplätze als Behindertenparkplätze ausgewiesen werden. Dies an besonders wichtigen Punkten, wie etwa vor Behörden und Arztpraxen, bei Krankenhäusern, Nahversorgern und an Bahnhöfen. In der Praxis ist die Quote in vielen Städten und Gemeinden geringer, oft aus baulichen Gründen. Behindertenparkplätze verbrauchen mehr Platz als gewöhnliche Parkplätze. Dies ist nötig, damit Rollstuhlfahrer Rangierraum haben, um den Rollstuhl aufzubauen und neben die Fahrertür stellen zu können. Viele Städte bieten nicht den Raum für solche Parkplätze, daher ist es für die Betroffenen um so wichtiger, dass die wenigen vorhanden Behindertenparkplätze für sie auch zugänglich sind.

Alle Bemühungen behinderter Menschen, mit Aufklärungsaktionen auf die Bedeutung der Parkmöglichkeiten hinzuweisen, sind bei nicht behinderten Menschen, so die Erfahrungen des SoVD und des Seniorenbeirates in Uetersen, nur sehr begrenzt erfolgreich. Oft sind sie sogar auf arrogante Ablehnung gestoßen. „Es gab Fälle, wo behinderte Autofahrer von Falschparkern erst einmal aufgefordert wurden, ihren Behindertenausweis vorzulegen um zu beweisen, dass sie als Behinderten überhaupt einen Anspruch auf den Parkplatz haben. Das ist der Gipfel der Frechheit“, sagt Renner.

Natürlich könnten Städte mehr Parkplätze einrichten. Doch eine höhere Quote an Behindertenparkplätzen nütze behinderten Menschen nichts, wenn der Anteil der Nutzung durch die Nichtbefugte konstant hoch bleibe. „Wir wollen daher nun in Schleswig-Holstein und insbesondere im Kreis Pinneberg die Bürger wachrütteln, sie sensibilisieren“, sagt Renner. Der SoVD, die Stadt Uetersen und freiwillige Unterstützer wollen nun im Kreis Falschparker mit Aktionskärtchen auf ihr unsoziales Verhalten hinweisen. „Sie haben meinen Parkplatz! Wollen Sie auch meine Behinderung?“ steht auf den knapp 20.000 Hinweiskärtchen, die in den kommenden Monaten an die Windschutzscheibe von Falschparkern geheftet werden.

„Das ist etwas provokant, aber wir müssen die Menschen wachrütteln“, sagt Renner. Die 12.500 Mitglieder des SoVD in den 21 Ortsverbänden im Kreisgebiet und auch Seniorenbeirate werden nicht nur nach Falschparkern Ausschau halten, sie werden auch prüfen, in wieweit die Kommunen eine Barrierefreiheit bieten. Die Ergebnisse sollen gesammelt und dann mit den Kommunen besprochen werden. „Gerade die Zugänge zu Arztpraxen und Behörden stellen immer noch ein Problem dar“, sagt Renner. Wenn zusätzlich die Behindertenparkplätze zugeparkt sind, würden die Betroffenen von der Teilnahme am Leben quasi ausgeschlossen.

Immerhin: Wenn ein Falschparker erwischt wird, wird oft kurzer Prozess gemacht. Ein Bußgeld von 35 Euro wird verhängt, zugleich wird ein Abschleppwagen angefordert. „In der Regel wird ein solcher Falschparker innerhalb von sechs bis acht Minuten, nachdem er gemeldet wurde, abgeschleppt“, sagt Hansen. Die Kosten von bis zu 300 Euro muss der Falschparker bezahlen.

Doch trotz des Bußgeldes wird weiterhin falsch geparkt. Eine zum Abschrecken noch höhere Strafe ist laut Renner nicht zu erwarten. Der Katalog sei kürzlich geändert worden, ein höheres Bußgeld daher nicht zu erwarten, obgleich der Verband ein Gespräch mit der Politik suchen werde.

Bürger können die Aktion mit unterstützen. Jeder, der Karten verteilen will, kann im Bürgerbüro des Uetersener Rathauses an der Wassermühlenstraße 7 oder beim SoVD-Kreisverband, Drosteigweg 4 in Pinneberg, die Aktionskarten abholen.