Aktivisten aus dem Kreis Pinneberg fordern Gleichbehandlung in der Altersversorgung. Beamtenbund widerspricht Kritik

Kreis Pinneberg. Die Stadt Hamburg hat gerade ihre Pensionsrückstellungen für Beamte im Ruhestand um sechs Milliarden auf 26 Milliarden Euro angehoben, um von 2020 an 1,4 Milliarden Euro jährlich dafür tragen zu können. Auch in Schleswig-Holstein steigen die Ausgaben für die mehr als 30.000 pensionierten Landesbediensteten von 1,02 in 2014 auf 1,15 Milliarden Euro in 2019 an, so das Finanzministerium. Angesichts dieses steigenden Versorgungsaufwandes für Beamte im Ruhestand dürfte eine Initiative aus dem Kreis Pinneberg Aufwind erfahren: Der neue Verein Rentenfairness e.V. hat sich auf die Fahne geschrieben, Rentner und Pensionäre künftig gleich zu behandeln.

Initiator Freddy Rode aus Barmstedt hatte sich bereits vor sechs Jahren die Pensionäre vorgenommen und für eine Gleichstellung von Rentnern mit den Staatsdienern im Ruhestand plädiert. Doch dann forderte eine schwere Krankheit von ihm, dieses Vorhaben ruhen zu lassen. Nun wagt sich der inzwischen 72 Jahre alte Rentner erneut mit dem Vorhaben in die Öffentlichkeit, für eine gerechtere Altersversorgung aller Bundesbürger einzutreten. Mit Friedrich Meyer-Hildebrand, 65, aus Tornesch und sechs anderen Mitstreitern aus dem Kreis Pinneberg hat er Rentenfairness gegründet. Vorsitzender Meyer-Hildebrand kündigt an: „Wir wollen aufklären und für eine Gleichbehandlung von Rentnern mit Pensionären sorgen. Notfalls ziehen wir damit vor das Bundesverfassungsgericht.“

Worum es dem Verein geht, skizziert der stellvertretende Vorsitzende Rode so: „Für unsere eigenen Renten werden wir nichts mehr ändern können.“ Er selber bekäme eine monatliche Rente von unter 1000 Euro im Monat. „Aber wenn wir erreichen könnten, dass die Altersvorsorge für die nächste Generation gerechter wird, wäre das ein schöner Erfolg unserer Arbeit. Wir müssen diese Zwei-Klassen-Gesellschaft im Alter beenden.“

Es ist die Ungleichbehandlung von Beamten im Vergleich zu allen anderen Bundesbürgern, wenn es um ihr Altersruhegeld geht, die die Rentenfairness-Kämpfer für ungerecht erachten. Während ein normaler Arbeitnehmer 45Jahre seines Lebens gut verdient haben müsse, um die Höchstrente von 2300 Euro im Monat zu erhalten, würden bei einem verbeamteten Staatsdiener nur die letzten beiden Jahre seiner Laufbahn als Berechnungsgröße herangezogen, um dann bei 40 Dienstjahren knapp 72 Prozent ihrer letzten Besoldung als Pension zu erhalten. Eine Höchstgrenze wie bei den Renten gibt es bei Pensionen nicht.

Ungerecht sei auch, dass ein Arbeitnehmer jahrzehntelang in die Rentenkasse einzahlen müsse (derzeit etwa 9,5Prozent seines Bruttoeinkommens) und so sein Altersruhegeld praktisch selbst erspart habe – während für den Beamten am Ende das Land oder der Bund die Pension bezahlt. Bei den kommunalen Beamten ist dies etwas anders, weil die Städte und Gemeinden bereits während ihrer Dienstzeit in eine Versorgungsausgleichskasse einzahlen. Auch das Land Schleswig-Holstein hat inzwischen eine Versorgungsrücklage gebildet, die 367,5 Millionen Euro beträgt und dieses Jahr um weitere 53,9Millionen Euro aufgestockt wird, wie Finanzministeriumssprecherin Claudia Prehn mitteilt.

Die Statistik scheint den Rentenfairness-Sprechern Recht zu geben. Demnach liegt das durchschnittliche Rentenniveau in Deutschland zurzeit bei 1230 Euro im Monat. Ein pensionierter Beamter verfügt durchschnittlich über 2540 Euro, also das Doppelte im Monat. Eine Schere, die immer weiter auseinander klafft, wenn nichts dagegen unternommen werde, kritisieren Rode und Meyer-Hildebrand. Bei einer jährlichen Steigerungsrate von zwei Prozent würden die Renten um 22 Euro, die Pensionen dagegen um 57 Euro jedes Jahr ansteigen, rechnet Rode vor.

Anke Schwitzer, Landesvorsitzende des Beamtenbundes in Kiel, kann über diese Vergleichszahlen nur müde lächeln. „Das ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, sagt sie. So würde bei den Renten nur die staatliche Rente betrachtet. Eine Betriebsrente, die ein Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft von seinem Arbeitgeber nach seine Ausscheiden erhalte, bleibe unberücksichtigt. Zudem würden alle Arbeitnehmer mit einberechnet, auch die vielen unqualifizierten ohne Schulabschluss. „Im öffentlichen Dienst gibt es nur qualifizierte Arbeitskräfte.“

Dies sei ein systematischer Unterschied, man müsse das Gesamtpaket betrachten, sagt sie. So habe der Beamte zwar einen sicheren Arbeitsplatz und im Alter eine höhere Pension als ein vergleichbarer Rentner. Dafür dürfe aber ein Lehrer oder anderer Beamter nicht streiken und verdiene in der Regel weniger als ein vergleichbarer Angestellter. Nachteilig wirke sich für den Pensionär auch der private Krankenversicherungsbeitrag aus, der sich unabhängig von der Höhe der Pension steigern könne.

„Der Beamte geht ein Dienstverhältnis mit seinem Arbeitgeber ein, das ein Leben lang andauert“, betont Landesbundvorsitzende Schwitzer. In der freien Wirtschaft sind dagegen viele Unterbrechungen im Erwerbsleben an der Tagesordnung. Zudem sei es auch ein Märchen, dass der Rentner seine Rente selbst erarbeitet habe. „Der Zuschuss des Bundes in die Rentenkasse beträgt zurzeit 83 Milliarden Euro.“

„Wer Renten und Pensionen gleich machen will, redet dem Ende des Berufsbeamtentums das Wort“, so Anke Schwitzer. „Dabei ist dies ein Erfolgsmodell, das Deutschland bisher gut durch alle Finanzkrisen geführt hat.“ Das sehen Rode und Meyer-Hildebrand vom Verein Rentenfairness e.V. natürlich anders. „Die Ungleichbehandlung von Rentnern und Pensionären wird bei vielen Rentnern zu einer Altersarmut führen“, warnen sie. „Wir wollen keine Neiddebatte lostreten, sondern mehr Gerechtigkeit bei der Altersversorgung.“

Was meinen Sie? Ist die Altersversorgung ungerecht geregelt? Schreiben Sie uns per E-Mail an pinneberg@abendblatt.de oder per Post an das Hamburger Abendblatt., Regionalausgabe Pinneberg, Lindenstraße 30, 25421 Pinneberg.