Netzbetreiber Tennet will aus Kosten- und Wartungsgründen die 380-KV-Höchstspannungsleitungen oberirdisch bauen

Kreis Pinneberg. Die geplante 380.000-Volt-Suedlink-Trasse, die der Netzbetreiber Tennet bauen will, um schneller Strom von den Offshore-Windparks nach Süddeutschland zu transportieren, beschäftigt inzwischen Bundes- und Kommunalpolitiker. 2022 soll die neue Hochleistungsstromtrasse stehen, damit die von der Regierung in Berlin beschlossene Energiewende in Deutschland umgesetzt werden kann. Tennet-Sprecher Alexander Greß hält dies für einen sehr ambitionierten Zeitplan, dennoch glaubt er, dass sein Unternehmen den Netzausbau in dieser Zeit schaffen kann.

„Wichtig ist, dass wir jetzt den Bürgern erklären, wieso und wie wir das machen wollen“, sagt Greß. Je besser die Bürger informiert seien, desto geringer falle der Widerstand gegen das Projekt aus. Daher will die Tennet nun umfassend über das Projekt informieren und Ideen sowie Bedenken der Kommunen sammeln und auswerten.

„Wir haben bundesweit bereits 25.000 Ideen oder Einwendungen für das Projekt gesammelt. Wir gehen davon aus, dass weitere Ideen kommen werden“, sagt Greß. Und das sei auch sinnvoll, denn letztlich stehe die Tennet noch am Anfang des Projektes. Ein fester Korridor für die Trasse sei noch nicht festgelegt, auch wenn die Öffentlichkeit oft vom Gegenteil ausgehe. „Wir prüfen, welche der verschiedenen Optionen für eine Streckenführung die beste ist“, sagt Greß. Für die verschiedenen Trassenvarianten plane das Unternehmen jeweils einen Kilometer breite Trassenrahmen. Um innerhalb dieses Raumes die verträglichste Lösung zu finden, sei Tennet auf die Kooperation mit den Regionen angewiesen.

„Wir wollen die neue Stromtrasse natürlich so planen, dass möglichst wenige Menschen davon betroffen sind,“ sagt Greß. Doch ganz ohne betroffene Bürger und Gemeinden gehe es dann doch nicht. Einerseits, weil vom Gesetzgeber vorgesehen sei, dass von Infrastrukturprojekten bereits betroffene Gebiete bevorzugt für den Trassenbau zu berücksichtigen seien, zum anderen, weil auch innerhalb der später genehmigten Korridore nicht zwangsläufig so gebaut werden könne, wie es die Gemeinden gerne hätten.

Dies betrifft vor allem die Frage, ob die Stromleitungen ober- oder unterirdisch verlegt werden. Die Bundestagsabgeordneten haben eine gemeinsame Resolution verabschiedet, in der sie fordern, dass die Bürgerinteressen bei der SuedLink-Planungen gewahrt werden müssen. In der Resolution heißt es unter anderem, dass die Tennet „den Einsatz von Erdkabeln im Rahmen der gesetzlichen Regelungen in Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern vorbehaltlos zu prüfen“ habe. Außerhalb der Schutzbereiche von 400 Metern beziehungsweise 200 Metern zur Wohnbebauung seien „die Interessen der Landwirtschaft zu berücksichtigen“. In dem 2009 verabschiedeten Gesetz zum Ausbau des Stromnetzes ist ein Erdkabeleinsatz nur für wenige Höchstspannungs-Pilotstrecken auf Bundesebene vorgesehen. Für die neuen, vom Bund geplante Stromautobahnen wie SuedLink, gilt diese Regelung laut dem Energieleitungsausbaugesetz und Netzausbaubeschleunigungsgesetz nicht mehr.

Laut dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann wird auf Kreisebene daher etwa für die Pinnau eine Dükerlösung und somit ein Erdkabeleinsatz gefordert, um nicht noch mehr Strommasten in der Region zu haben. Auch die Gemeinde Neuendeich, durch die Stromtrassen führen, würde einen Erdkabeleinsatz begrüßen. Für Bürgermeister Reinhard Pliquet gibt es auch praktische Gründe, auf Erdkabel zu setzen. „Wir haben hier vor Ort bereits viele Strommasten. Es ist schon jetzt recht eng. Für eine weitere Stromtrasse über der Erde wird da wenig Platz sein“, sagt Pliquet. Zudem, so Rossmann, habe Minister Sigmar Gabriel dem vermehrten Einsatz von Erdkabeln grundsätzlich zugestimmt. Das biete Möglichkeiten – auch im Kreis.

Tennet-Sprecher Greß kann den Wunsch nach Erdkabeln verstehen, nennt aber Punkte, die einen Erdkabeleinsatz unwahrscheinlich machen. Greß: „Das Problem ist, dass Erdkabel viel aufwendiger zu verlegen und auch viel wartungsintensiver sind“. Für die Erdkabel müssten alle 900 Meter spezielle Muffen eingebaut werden, um die Kabelstränge miteinander zu verbinden. Solange die Kabel in der Luft hingen, seien sie gut zugänglich und technische Defekte schnell und kostengünstig zu beseitigen. Anders sehe dies bei Erdkabeln aus. „Dann müsste für jede Wartung immer die Erde aufgebuddelt werden“, so Greß. Somit seien Erdkabel ein Garant für lange und kostspielige Wartungen. Diese Kosten würden später auf die Stromkunden umgelegt.

Noch ein Aspekt spreche gegen einen Einsatz von Erdkabeln: Die Landwirtschaft wäre stark betroffen. „Wenn Erdkabel in 1,80 Meter Tiefe vergraben werden, hat dies zur Folge, dass dort, wo die Kabel verlaufen, Landwirte nicht mehr mit großen Pflugmaschinen die Erde bearbeiten können“, sagt Greß. Auch daher sollten Erdkabel eine Ausnahme bleiben.