Dreieinhalb Monate nach der Bluttat von Wedel: Staatsanwaltschaft schließt Verfahren ab und hält Täter Güney A. für schuldunfähig

Wedel/Itzehoe. Dreieinhalb Monate, nachdem Güney A. in Wedel seine Mutter Hülya, 51, brutal getötet hat, sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen. Die Anklagevertreter sind zu der Überzeugung gekommen, dass der psychisch erkrankte 29-Jährige schuldunfähig ist. Sie haben daher von einer Anklageerhebung abgesehen und ein Sicherungsverfahren eingeleitet. „Ziel ist es, dass der Beschuldigte dauerhaft in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wird“, sagt Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe.

Der Tod von Hülya A. hatte in Wedel, aber auch darüber hinaus für Trauer und Entsetzen gesorgt. Die Türkin war eine Pionierin der türkischen Frauenbewegung in Hamburg. Am 4. Mai sollte sie um 14 Uhr eine Veranstaltung mit Menschenrechtsaktivisten in der Hansestadt moderieren. Als sie nicht kam, machten sich Bekannte Sorgen. Sie wussten um die Probleme mit dem Sohn, der als gewalttätig und schizophren galt. Ihre Schwester und die Ex-Schwägerin machten sich so große Sorgen, dass sie nach Wedel fuhren. Weil Hülya A. auf Anrufe und Klingeln nicht reagierte, wurde die Polizei gerufen. Die Beamten verschafften sich gegen 16 Uhr Zutritt zum weiß-grauen Einfamilienhaus an der Rudolf-Breitscheid-Straße und entdeckten im Erdgeschoss die Leiche der 51-Jährigen.

Strafrechtlich bewertet die Staatsanwaltschaft die Tat als Totschlag, wie Müller-Rakow weiter mitteilt. „Der Beschuldigte hat sich Zutritt zum Haus seiner Eltern verschafft und mit körperlicher Gewalt auf seine Mutter eingewirkt“, so der Anklagevertreter. Die 51-Jährige sei im Verlauf der Auseinandersetzung von ihrem Sohn erwürgt worden. Im Anschluss habe dieser mit einem Messer die Leiche erheblich verstümmelt.

Güney A. war nach der Tat nach Berlin geflüchtet. Dort konnte er 24 Stunden später verhaftet werden. Weil er einen verwirrten Eindruck hinterließ und seine Vorerkrankung bekannt war, kam der 29-Jährige in eine psychiatrische Klinik. Dort wird er nach wie vor behandelt. Müller-Rakow: „Wir gehen im jetzigen Stand des Verfahrens davon aus, dass der Beschuldigte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat.“

Zu dieser Frage hat die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Die Sachverständige hat Güney A. in der Psychiatrie untersucht und wird ihr Gutachten vor Gericht erstatten. „Die Kammer wird letztlich über die Frage der Schuldunfähigkeit entscheiden müssen“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter.

Vor dem Landgericht Itzehoe werde eine normale Hauptverhandlung stattfinden. Geladen werden könnten mehr als 20 Zeugen sowie die Psychiaterin und ein Rechtsmediziner, der Auskunft zu den Todesumständen des Opfers geben soll. Die sogenannte Antragsschrift für das Sicherungsverfahren ist bereits bei Gericht eingegangen, einen Termin für die Hauptverhandlung gibt es noch nicht. Laut Paragraph 63 Strafgesetzbuch kann die Kammer die dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen, „wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist“. Entscheidend dafür ist das Gutachten der Sachverständigen.

Güney A. wurde 2006 nach einem Fußballspiel auf St. Pauli überfallen und zusammengeschlagen. Laut Angehörigen soll er mehrere Monate im Koma gelegen haben, danach traten die aggressiven Schübe und schizophrenen Anfälle auf. Versuche, den bis zum Vorfall unauffälligen Mann in psychiatrische Behandlung zu schicken, sollen teils an den Behörden und teils an Güney A. gescheitert sein. Hülya A. wollte trotz der Gewaltausbrüche ihres Sohns nicht den Kontakt zu ihm abbrechen – und bezahlte dies letztlich mit ihrem Leben.