Junge-Areal: Das Gutachterbüro ist insolvent und die Kostenübernahme weiter ungeklärt

Elmshorn. Bereits Anfang vorigen Jahres sollte die Sanierung einer der größten Altlasten Elmshorns beginnen. Doch auf dem Grundstück der seit Ende 2006 geschlossenen „Junge Textilpflege“ mitten in der Innenstadt hat sich bis heute nichts getan. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen ist weiterhin ungeklärt, wer für die Millionenkosten aufkommen muss – und zum anderen hat das am Verfahren beteiligte Gutachterbüro Insolvenz angemeldet.

In die Insolvenz geflüchtet hat sich vor fast acht Jahren auch „Junge Textilpflege“. Die Firma kapitulierte vor den hohen Sanierungskosten der Altlast, die 1999 bekannt geworden war. Damals ließ die Firma Otto Junge alte, nicht mehr genutzte Hallen abreißen und auf dem hinteren Grundstücksteil acht hochwertige Eigentumswohnungen errichten. Beim Ausheben der Baugrube fiel die enorme Bodenbelastung erstmals auf. Sie ist die Folge eines Bombentreffers im Zweiten Weltkrieg. Seitdem sind Boden und Grundwasser mit mehreren Tonnen des krebserregenden Stoffes Perchlorethylen aus der Gruppe der Chlorkohlenwasserstoffe verseucht.

Laut Einar Landschoof, Teamleiter für Bodenschutz beim Kreis Pinneberg, liegt seit Längerem das endgültige Gutachten vor, das auch die Art der Sanierung vorgibt. Landschoof: „Wir haben uns für das sogenannte Insitu-Verfahren entschieden.“ Dabei wird ein Oxidationsmittel in den Boden eingeleitet, um die Schadstoffe zu absorbieren. Dafür müssen mehrere Sicherungsbrunnen betrieben werden, um zu überprüfen, was im Untergrund geschieht.

„Wir haben sehr detailliert das Ausmaß des Schadens untersuchen lassen“, sagt Landschoof weiter. Dabei habe sich herausgestellt, dass ein Austausch des belasteten Bodens bis zu einer Tiefe von 16 Metern aufgrund der dichten Bebauung in dem Bereich nicht möglich sei. Eine biologische Sanierung durch Mikroorganismen schlossen die Gutachter wiederum aufgrund der zu hohen Konzentration des Schadstoffes aus.

Auf dem Gelände sowie im Umkreis waren mehrere Brunnen gebohrt und Dutzende von Wasser- und Bodenproben genommen und analysiert worden. Sie haben ergeben, dass die Belastung mit einem Durchschnittswert von 20 Milligramm pro Liter erheblich über dem Richtwert liegt. Der sieht eine Belastung von 0,02 bis 0,05 Milligramm pro Liter vor. An einer Stelle lag die Konzentration sogar bei 80 Milligramm.

„Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass auch unter der Kreuzung Berliner Straße/Königstraße eine starke Verunreinigung nachzuweisen ist“, so Landschoof weiter. Wie hoch dort die Werte sind, soll nun eine weitere Expertise klären. Durch die Insolvenz des beteiligten Gutachterbüros sei es jedoch zu einer erheblichen Verzögerung gekommen.

„Wir haben aber nicht den ganz großen Druck“, so der Altlast-Exerte weiter. Der Großteil des Giftstoffes ist durch Erdschichten unterhalb des Geländes eingeschlossen. Landschoof: „Das schwappt da quasi hin und her.“ Allerdings werden geringe Mengen über das Grundwasser in die Krückau ausgewaschen, sie sind aufgrund der Verdünnung nicht nachweisbar. Trinkwasserbrunnen befinden sich nicht in der Nähe der Altlast.

Die Kosten für die Sanierung schätzt Landschoof auf zwei Millionen Euro, die Dauer der Maßnahme auf fünf bis sechs Jahre. Bei der Otto Junge GmbH und Co. KG ist nichts mehr zu holen. Das Insolvenzverfahren wurde 2012 mangels Masse eingestellt, alle Gläubiger gingen leer aus.

Das Grundstück an der Königstraße war schon vorher aus der Insolvenzmasse genommen worden. Es erwies sich als unverkäuflich, weil jeder Erwerber automatisch in der Pflicht gewesen wäre, die Sanierungskosten zu tragen. Als Folge gammelt das Gebäude, in dem sich bis vor acht Jahren die „Junge Textilpflege" befand, vor sich hin. Und ein Ende für den Schandfleck ist nicht absehbar.

Zur Kostenübernahme herangezogen werden könnten die Besitzer der Eigentumswohnungen, die auf dem hinteren Bereich des Areals entstanden sind. Ob und wenn ja, in welcher Höhe sie sich beteiligen müssen, „lassen wir jetzt durch ein Rechtsgutachten klären“, erläutert Landschoof. Im Zweifelsfall muss der Kreis und damit letztlich der Steuerzahler für die Sanierungskosten aufkommen.

Das war bereits bei der Sanierung der Deponie S 3 in Schenefeld so, der „bekanntesten“ Altablagerung im Kreis Pinneberg. Die dortige Maßnahme wird noch einige Jahre andauern. Immerhin konnte der Kreis bei der Finanzierung auf eine Landesförderung zurückgreifen. Ob dies auch beim Junge-Areal in Elmshorn der Fall sein wird, ist zweifelhaft: Das Land hat das entsprechende Förderprogramm zurückgefahren.